Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. September 1991, Zl. MA 70-8/422/91, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm vor Ablauf des 31. Jänner 1993 keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid darauf, daß der Beschwerdeführer am 21. Dezember 1990 einen Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verschuldet hat. Der Blutalkoholgehalt des Beschwerdeführers habe eine Stunde nach dem Unfall 1,11 Promille betragen. Im Zusammenhang damit sei der Beschwerdeführer sowohl wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 als auch wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung rechtskräftig bestraft worden.
Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Annahme der belangten Behörde, es liege eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vor, aus der sich seine Verkehrsunzuverlässigkeit ergebe. Er bringt aber vor, daß eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung nach § 74 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit dem Ausspruch einer kürzeren Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 hätte verfügt werden müssen. Er begründet diese Behauptung mit dem Hinweis auf seine völlige Unbescholtenheit bis zum gegenständlichen Vorfall.
Der Beschwerdeführer ist damit im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß - trotz der hohen Verwerflichkeit von Alkoholdelikten und selbst bei Annahme einer großen Gefährlichkeit der bei ihrer Begehung herrschenden Verhältnisse
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die erstmalige Begehung eines derartigen Deliktes noch nicht auf einen Charaktermangel des Täters schließen lasse, der Aussprüche nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 in Größenordnungen wie der vorliegenden rechtfertigt. So hat er in den Erkenntnissen vom 9. Oktober 1985, Zl. 85/11/0152, vom 3. Dezember 1986, Zl. 86/11/0067, und vom 19. Febraur 1988, Zl. 87/11/0247, in
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was das Fehlen von Vorstrafen betrifft - gleichgelagerten Fällen eine Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 von zwei Jahren als zu lang befunden (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1991, Zl. 91/11/0069). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß es auf das Ausmaß der Unfallsfolgen im Zusammenhang mit der Begehung eines Alkoholdeliktes nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, Zl. 90/11/0134).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1991 in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß im Fall der erstmaligen Begehung eines Alkoholdeliktes, bei der die betreffende Person keinen Verkehrsunfall verschuldet hat, die Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 mit lediglich vier Wochen vorgesehen ist (§ 73 Abs. 3 KFG 1967).
Die belangte Behörde hat den Umstand der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers bei der Entscheidung, ob die Entziehung der Lenkerberechtigung nach § 73 Abs. 1 oder nach § 74 Abs. 1 KFG 1967 zu erfolgen habe, und bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 nicht dem Gesetz entsprechend berücksichtigt. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110139.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
28.09.2012