TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/11 92/11/0025

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Veröffentlicht am 11.02.1992
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ABGB §7;
ÄrzteG 1984 §75;
ÄrzteG 1984 §78 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr §7 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Dr. B in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 1. August 1989, Zl. Dr. M/Ke, betreffend Befreiung von der Beitragspflicht, die belangte Behörde vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 1. August 1989 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Mai 1989 auf Befreiung bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die der Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung (unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 29. Juni 1990, B 363/90) mit Beschluß vom 29. Juni 1990, B 1141/89, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, daß die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1991, V 92/91, erfolgte Aufhebung des letzten Satzes des § 43 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien als gesetzwidrig für den vorliegenden Beschwerdefall keine Auswirkungen hat, weil es sich dabei nicht um einen Anlaßfall im Sinne des Art. 139 Abs. 6 B-VG handelt. Es brauchte daher nicht geprüft zu werden, ob an der Beschlußfassung betreffend den angefochtenen Bescheid gemäß § 79 Abs. 5 Ärztegesetz 1984 (ÄrzteG) alle fünf Mitglieder des Beschwerdeausschusses mitgewirkt haben oder ob auf Grund der als gesetzwidrig aufgehobenen Satzungsbestimmung nur drei oder vier Mitglieder anwesend waren.

2.1. § 78 Abs. 1 ÄrzteG lautet:

"Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt er keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 aus, ist er auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 73 einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung nach § 75 zu befreien. Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 aus, ist eine Befreiung nur bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages zulässig."

2.2. § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lautet:

"Erbringt ein Fondsmitglied den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- (Versorgungs-)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt es keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 des ÄG aus, ist es auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 73 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung nach § 75 ÄG zu befreien. Das gleiche gilt bei Erbringung des Nachweises, daß das Fondsmitglied auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses einen Ruhe- (Versorgungs-)genuß bezieht. Wird einem solchen Antrag stattgegeben, finden die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 sinngemäß Anwendung. Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 2 ÄG aus, ist eine Befreiung nur bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages zulässig."

3.1. Unstrittig ist, daß dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht.

3.2. Der Beschwerdeführer hat dementsprechend in seiner Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid (des Verwaltungsausschusses vom 9. Juni 1989) klargestellt, daß er seinen Befreiungsantrag nicht aus dem Wortlaut der oben wiedergegebenen Satzungsbestimmung ableite, sondern aus der analogen Anwendung des § 78 Abs. 1 ÄrzteG. Er begründete dies damit, daß nicht einzusehen sei, daß nur der pragmatisierte Arzt die Befreiung nach dieser Gesetzesstelle begehren könne, nicht aber der nach dem FSVG pflichtversicherte Arzt.

3.3. Die belangte Behörde hat dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, daß im Hinblick auf den eindeutigen Inhalt des § 78 ÄrzteG und des § 7 der Satzung eine analoge Anwendung auf andere Ärzte nicht in Betracht komme.

4. Der Beschwerdeführer macht auch in der vorliegenden Beschwerde geltend, die belangte Behörde hätte § 78 Abs. 1 ÄrzteG auf ihn analog anwenden müssen. Er vermag mit seinen Ausführungen, in denen er vor allem auf die Pflichtversicherung der niedergelassenen Ärzte nach dem FSVG hinweist, nicht zu überzeugen. Rechtspolitische Überlegungen, ob auch für diese Ärzte im Hinblick auf die angeblich von zahlreichen Kammerangehörigen geäußerten diesbezüglichen Wünsche eine Befreiungsmöglichkeit, wie sie für pragmatisierte Ärzte im § 78 Abs. 1 ÄrzteG und § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds vorgesehen ist, geschaffen werden sollte, haben hier außer Betracht zu bleiben. Voraussetzung für die vom Beschwerdeführer angestrebte analoge Anwendung des § 78 Abs. 1 ÄrzteG wäre jedenfalls, daß eine Gesetzeslücke vorliegt, d.h. daß der Rechtsfall nach dem (bereits interpretierten) Gesetz nicht beurteilt werden kann (vgl. Bydlinski in Rummel2, Rz 2 zu § 7). Für die Annahme einer Gesetzeslücke besteht im vorliegenden Fall kein Grund. Nach dem insoweit klaren Inhalt der oben zitierten Bestimmungen sollte die Befreiungsmöglichkeit nur für pragmatisierte Ärzte geschaffen werden, also für solche, die auf Grund ihrer unkündbaren, genau umschriebenen Stellung einen Anspruch auf Ruhegenuß haben. Anderen Ärzten sollte nach dem Inhalt dieser Vorschriften keine Befreiungsmöglichkeit eingeräumt werden. Von einer "planwidrigen Unvollständigkeit" (siehe dazu Bydlinski, a.a.O.) der beschriebenen Regelungen kann daher keine Rede sein. Damit kam aber eine analoge Anwendung dieser Bestimmung in dem vom Beschwerdeführer gewünschten Sinne nicht in Betracht.

5. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110025.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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