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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §192;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der AU-Gesellschaft m.b.H. in H, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 14. August 1990, Zl. 673/2-8/E-1990, betreffend die Feststellung des gemeinen Wertes von Anteilen zum 1. Jänner 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H. war im Feststellungszeitpunkt (1. Jänner 1986) mit jeweils 95 % des Stammkapitals an der AR-Gesellschaft m.b.H. und der AA-Gesellschaft m.b.H. beteiligt. Eigentümer sämtlicher Stammanteile an der beschwerdeführenden GmbH war die MB-Gesellschaft m.b.H., die in der Folge mit der Beschwerdeführerin verschmolzen wurde. Betreffend die Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile an der MB-Gesellschaft m.b.H. zum 1. Jänner 1986 wird auf das hg. Erkenntnis vom 29. April 1991, Zl. 90/15/0156, verwiesen.
Mit Bescheid vom 15. März 1990 stellte das Finanzamt den gemeinen Wert der Anteile an der beschwerdeführenden GmbH zum 1. Jänner 1986 auf Grund einer Schätzung des Vermögens- und Ertragswertes mit S 14.538,-- je S 100,-- des Stammkapitals fest. Dabei ermittelte das Finanzamt den gemeinen Wert auf Grund des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft ohne Berücksichtigung der Beteiligungen mit S 288,-- je S 100,--; der Ermittlung der gemeinen Werte der Beteiligungen der Beschwerdeführerin an den Untergesellschaften legte das Finanzamt die für die Anteile an den Untergesellschaften bescheidmäßig festgestellten Werte von S 2.538,-- (AA-GmbH) und S 62.311,-- (AR-GmbH) je S 100,-- des Stammkapitals zugrunde.
In der Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, den gemeinen Wert der Anteile mit S 7.755,-- je S 100,-- des Stammkapitals festzustellen. Sie brachte im wesentlichen vor, der Stichtag sei in zeitlicher Nähe zur Sanierung der A-Gruppe. Im hereingenommenen gemeinen Wert der produktiv tätigen Untergesellschaften, insbesondere der AR-GmbH, seien Ertragswerte enthalten, die nicht nachhaltig, sondern auf außerordentliche Erträge zurückzuführen seien. Der Gewinn 1984 sei aus der Betrachtung auszuscheiden. Bei Zugrundelegung der berichtigten Gewinne 1985 und 1986 und eines 15 %igen Abschlages ergebe sich ein gemeiner Wert der Anteile an der AR-GmbH von S 8.380,--. Zuzüglich des gemeinen Wertes "Unternehmensführung" von S 288,-- und des gemeinen Wertes der Anteile an der AA-GmbH ergebe sich zunächst ein Betrag von S 11.079,--. Im Rahmen der Unternehmensbewertung habe das Unternehmen so viel Wert, wie letztlich entnommen werden könne. Die "Altlasten" aus der Sanierung verhinderten im vorliegenden Fall eine solche Entnahme. Überdies zeichne sich das Anwachsen von Problemen im betriebswirtschaftlichen Umfeld ab, wie z.B. der Widerstand gegen den Kunststoff PVC. Es sei vom oben ermittelten Betrag daher ein "Risikoabschlag" von 30 % zu machen; daraus resultiere ein gemeiner Wert von S 7.755,-- je S 100,-- der Stammanteile.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage im wesentlichen aus, die Anwendung des Schätzungsverfahrens nach Vermögens- und Ertragswert könnte bei Holdinggesellschaften zu einer doppelten Erfassung der Ertragsverhältnisse führen. Dem könne am ehesten dadurch begegnet werden, daß die Beteiligung an den Untergesellschaften mit dem ungekürzten Vermögenswert, sohin ohne Einbeziehung des Ertragswertes, bewertet werde. Dieser Vermögenswert entspreche dem gemeinen Wert der im Besitz der Holdinggesellschaft befindlichen Beteiligungen. Soweit allerdings die Gesellschaft auch eigene Tätigkeit ausübe, sei das dieser Betätigung gewidmete Vermögen und der daraus resultierende Ertrag der Ermittlung zur Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile zugrunde zu legen. Hiebei seien das Schachtelvermögen und die Schachtelerträge aus der Berechnung auszuscheiden. Der gemeine Wert der Anteile an der Holdinggesellschaft resultiere schließlich aus der Summe des Wertes der Beteiligungen (Verwaltungstätigkeit) und dem Vermögens- und Ertragswert der Eigentätigkeit. Das Finanzamt habe dem bei Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile an der Beschwerdeführerin Rechnung getragen und den mit S 62.311,-- je S 100,-- rechtskräftig festgestellten gemeinen Wert der Anteile an der Tochtergesellschaft AR-GmbH als taugliche Schätzungsgrundlage angesehen und in die Wertermittlung einbezogen. Der Behauptung der Beschwerdeführerin, das Jahresergebnis 1984 sei für den nachhaltigen Zukunftserfolg unmaßgeblich, sei entgegenzuhalten, daß die (ziffernmäßig dargelegten) Schwankungen des Jahreserfolges für ein Unternehmen dieser Größenordnung nicht außergewöhnlich seien. Die durch die Sanierung der Firmengruppe angefallenen "Altlasten" fänden in den Betriebsergebnissen ihren Niederschlag und könnten den gemeinen Wert der Anteile zum 1. Jänner 1986 darüber hinaus nicht beeinflussen. Die behauptete Aversion gegen PVC-Produkte habe sich jedenfalls bis vor kurzem offensichtlich nicht ausgewirkt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Gerichtshof hat bereits in dem - die seinerzeitige Obergesellschaft der Beschwerdeführerin betreffenden - Erkenntnis vom 29. April 1991, Zl. 90/15/0156, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, daß sich der gemeine Wert der Anteile an einer Holdinggesellschaft aus dem Vermögens- und Ertragswert aus einer allfälligen "Eigentätigkeit" der Holdinggesellschaft selbst und dem gemeinen Wert des Beteiligungsbesitzes zusammensetzt. Diesem Grundsatz hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Rechnung getragen, wobei sie der Ermittlung des gemeinen Wertes des Beteiligungsbesitzes die bescheidmäßig festgestellten gemeinen Werte der Anteile an den Untergesellschaften zugrunde legte. Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, daß der Ermittlung des gemeinen Wertes der Anteile an der Beschwerdeführerin ein gemeiner Wert aus "Eigentätigkeit" von S 288,-- und ein gemeiner Wert der Beteiligung an der AA-GmbH von S 2.411,-- zugrunde zu legen ist. In der Beschwerde wird jedoch - nach allgemeinen Darlegungen zur Unternehmensbewertung, die keinen konkreten Bezug zum Beschwerdefall erkennen lassen - die Auffassung vertreten, bei der Ermittlung des gemeinen Wertes der Beteiligung der Beschwerdeführerin an der AR-GmbH wäre deren Gewinn aus dem Jahr 1984 nicht zu berücksichtigen gewesen, "um einen zutreffenden nachhaltigen Zukunftserfolg für dieses Unternehmen zu erhalten".
Diese Ausführungen können der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil es sich bei der Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile an den Untergesellschaften in Beziehung auf die Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile an der Holdinggesellschaft um Grundlagenbescheide im Sinne § 75 Abs. 3 BewG und §§ 192, 252 Abs. 1 BAO handelt. Eine gemäß § 295 BAO zu beachtende Änderung dieser Bescheide ist im Beschwerdefall nicht ersichtlich. In der Heranziehung der für die Untergesellschaften bescheidmäßig festgestellten gemeinen Werte ihrer Anteile durch die belangte Behörde liegt somit keine Rechtswidrigkeit (vgl. das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom 29. April 1991, Zl. 90/15/0156).
Die weiteren Ausführungen der Beschwerde, in der Berufung sei "mit einem 30 %igen Abschlag von S 11.079,-- je S 100,-- der zum Stichtag bestehenden besonderen Unternehmenslage Rechnung getragen worden", sind ebenfalls nicht geeignet, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil in der Beschwerde nicht dargelegt wird, welchen zum Bewertungsstichtag bereits vorhersehbaren Besonderheiten des Einzelfalles durch Anwendung eines Abschlages Rechnung zu tragen gewesen wäre.
Das Vorbringen der Verfahrensrüge, die belangte Behörde stütze sich auf ein schematisiertes Verfahren für die Ermittlung des gemeinen Wertes, das nicht im möglichen und zumutbaren Ausmaß an die Umstände des Einzelfalles angepaßt worden sei, richtet sich, wie die folgenden, gegen die Einbeziehung des Gewinnes 1984 in die Ermittlung des gemeinen Wertes der Anteile an der AR-GmbH gerichteten Ausführungen zeigen, ebenfalls gegen den von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten gemeinen Wert der Anteile an einer Untergesellschaft der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin ist daher auch im Zusammenhang mit der Verfahrensrüge darauf zu verweisen, daß die Heranziehung der bescheidmäßig festgestellten Werte der Anteile an den Untergesellschaften bei der Bewertung der Anteile an der Holdinggesellschaft dem Gesetz entspricht. Im übrigen stellt das sogenannte "Wiener Verfahren" nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. Jänner 1991, Zlen. 89/15/0003, 0004, vom 8. April 1991, Zl. 88/15/0047, und vom 29. April 1991, Zl. 90/15/0156, und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur) eine geeignete Schätzungsmethode für jene Schätzung dar, die nach dem zweiten Satz des § 13 Abs. 2 BewG zur Ermittlung des gemeinen Wertes vorzunehmen ist. Auch aus der Sicht des Beschwerdefalles ergeben sich keine Bedenken gegen die angewendete Schätzungsmethode, zumal die Beschwerdeführerin in ihren Überlegungen ebenfalls auf diese Methode Bezug nimmt. Es liegen somit auch die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990150153.X00Im RIS seit
14.01.2002