TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/17 91/19/0328

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Veröffentlicht am 17.02.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §14b Abs1 Z4;
FrPolG 1954 §2 Abs1 Z1;
PaßG 1969 §23 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der A in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 10. Mai 1991, Zl. III-4033/90, betreffend Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin wegen der Übertretung nach § 14b Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes mit einer Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) bestraft, weil sie sich vom 4. September 1990 bis zum 31. Oktober 1990 unter einer näher bezeichneten Anschrift in Hohenems nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe, da sie nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltsberechtigung gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Mit Beschluß vom 16. Oktober 1991, B 1025/91, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit dem weiteren Beschluß vom 15. November 1991 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung; sie meint vielmehr, daß ihre "Situation ... zweifellos einen Strafausschließungsgrund, etwa einen Notstand," darstelle. Damit vermag sie jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Wenn - wie hier - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung feststeht, so hat der Täter gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Ein solches zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens geeignetes Vorbringen hat die Beschwerdeführerin jedoch im Verwaltungsstrafverfahren nicht erstattet. Sie behauptete nämlich lediglich, daß sie vollkommen fremd sei, die deutsche Sprache nicht beherrsche und zudem behindert sei. Sie sei mit ihrer Familie nach Österreich gekommen. An der Grenze sei diese durchgewinkt worden. Sie sei also völlig legal über die Grenze eingereist.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Annahme eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG zu rechtfertigen, setzt doch dieser Begriff eine - aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht ableitbare - unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder das Vermögen voraus (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 736 ff angeführte Rechtsprechung). Auch mit dem Hinweis auf die mangelnden Sprachkenntnisse der Beschwerdeführerin kann fehlendes Verschulden nicht dargetan werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0578). Im übrigen ist es Sache des Fremden, sich schon vor der Einreise auf geeignete Weise über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen. Hätte die Beschwerdeführerin das getan, dann wäre ihr auch bewußt gewesen, daß sie das "Durchwinken" an der Grenze nicht von dem nach § 23 Abs. 1 des Paßgesetzes 1969 für die Einreise in das Bundesgebiet erforderlichen österreichischen Sichtvermerk zu entbinden vermochte.

Die Beschwerdeführerin ist daher nicht im Recht, wenn sie der belangten Behörde "Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsfeststellung und Mangelhaftigkeit der Strafbemessung" zum Vorwurf macht, weil "die Situation der Beschwerdeführerin nicht näher untersucht wurde".

Was schließlich die von der Beschwerdeführerin ausdrücklich wiederholten "in der ursprünglichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde vorgetragenen Normprüfungsanregungen" anlangt, so wird bemerkt, daß diese vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgegriffen wurden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof einen entsprechenden Prüfungsantrag zu stellen.

Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991190328.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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