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60/02 Arbeitnehmerschutz;Norm
AAV §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. September 1991, Zl. MA 63 - S 65/90/Str., betreffend Bestrafung wegen Übertretung der AAV, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. September 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG der als Arbeitgeberin fungierenden K. Gen.m.b.H. zu verantworten, daß in einer örtlich näher beschriebenen Betriebsanlage am 16. Februar 1990 von den im Bereich der Feinkost und von den vor dem Kühlraum im Lager eingerichteten ständigen Arbeitsplätzen insofern keine Sichtverbindung mit dem Freien bestanden habe, als die im Bereich der Feinkost befindliche Glastüre und das danebenliegende Fenster in den Hof mit einer weißen undurchsichtigen Folie verklebt gewesen seien und die den ständigen Arbeitsplätzen vor dem Fleischkühlraum gegenüberliegende Tür in den Hof als Metalltüre ausgebildet gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 1 AAV begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, der ihm gemachte Schuldvorwurf sei verfehlt, da die Vorschrift des § 8 Abs. 1 AAV keineswegs vorschreibe, daß die Sichtverbindung mit dem Freien "vom Arbeitsplatz" gegeben sein müsse. Damit ist der Beschwerdeführer im Recht:
Gemäß § 8 Abs. 1 erster Satz AAV müssen Arbeitsräume, soweit die Art der Arbeitsvorgänge oder die Zweckbestimmung des Raumes dem nicht entgegenstehen, ins Freie führende Lichteintrittsflächen, wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppeln, besitzen, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche des Raumes betragen muß; mindestens eine etwa in Augenhöhe gelegene Sichtverbindung mit dem Freien in einer Größe von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche des Raumes muß vorhanden sein.
Diese Vorschrift stellt sohin auf den Begriff der "Arbeitsräume" ab, der in § 1 Z. 1 AAV umschrieben und mit dem weiteren Begriff der "ständigen Arbeitsplätze" des § 1 Z. 2 AAV nicht gleichzusetzen ist. Der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift, weil § 8 Abs. 1 (erster Satz) AAV vorschreibe, daß Arbeitsräume als solche eine Sichtverbindung mit dem Freien aufweisen müssen, dann müsse auch von kleineren Bereichen dieser Arbeitsräume, nämlich von den ständigen Arbeitsplätzen, eine Sichtverbindung mit dem Freien gegeben sein, vermag der Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 1 erster Satz AAV nicht beizupflichten. Die Subsumtion des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verhaltens unter diese Vorschrift erweist sich sohin als rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991190332.X00Im RIS seit
17.02.1992