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L37135 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe SondermüllabgabeNorm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der S KG in Z, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 19. Juni 1990, Zl. 16/01-1773/3-1990, betreffend Befreiung von der Müllabfuhr (mitbeteiligte Partei: Stadt Z), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schreiben vom 30. Dezember 1986 unter Hinweis auf die im Zuge eines Neubaues erfolgte Errichtung eines Raumes mit Kühlanlage für die (Zwischen-)Lagerung des Mülls die Erteilung einer Genehmigung für die Müll-Selbstentsorgung.
Mit Bescheid vom 25. Februar 1987 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei das Ansuchen ab. Nach Wiedergabe des § 3 Abs. 1 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 enthielt die Begründung dieses Bescheides - ohne erkennbaren sachlichen Zusammenhang mit dem vorher genannten Antrag - die Aussage, daß durch die Lagerung in einem Kühlraum keine Geruchsbelästigung mehr gegeben sei und am Morgen des Abfuhrtages der Müll in die Container umgefüllt werden könne.
Die von der beschwerdeführenden Partei dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 13. Oktober 1987 abgewiesen. Zur Begründung wurde in diesem Bescheid im wesentlichen ausgeführt, daß in der Einrichtung eines Müllraumes zur Hintanhaltung von Belästigungen der Anrainer noch keine ausreichende Begründung für eine den sanitären Erfordernissen entsprechende Müllabfuhr zu erblicken sei. Die beschwerdeführende Partei habe nicht ausgeführt, auf welche Weise eine den sanitären Erfordernissen entsprechende Beseitigung des Mülls im Sinne des § 3 Abs. 2 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 erfolge. Es werde lediglich behauptet, daß es keinem Zweifel unterliegen könne, daß eine sämtlichen Erfordernissen entsprechende Abfuhr gewährleistet sei. Von der beschwerdeführenden Partei sei auch kein Nachweis gemäß § 20 Abs. 1 bzw. Abs. 4 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 vorgelegt worden.
Dagegen wies die beschwerdeführende Partei in ihrer Vorstellung darauf hin, daß die Berufungsbehörde bei Zweifeln an der Richtigkeit der Behauptung, für eine ordnungsgemäße Entsorgung sei gesorgt, der beschwerdeführenden Partei zumindestens Gelegenheit zur Stellungnahme hätte geben müssen. Im weiteren wird die Vorgeschichte dieses Falles und der geplante Ablauf der beantragten Müllabfuhr (Zulieferung an eine überörtliche Müllbeseitigungsanlage) dargelegt. Der Hinweis auf § 20 Abs. 1 und 4 des genannten Gesetzes wird als unverständlich bezeichnet und schließlich ausgeführt, daß die Müllbeseitigung mittels Lkw durch die beschwerdeführende Partei selbst den sanitären Erfordernissen genauso entspreche wie die Beseitigung durch ein städtisches Müllauto.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung nicht Folge.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter ausgeführt, wenn die beschwerdeführende Partei behaupte, die Berufungsbehörde hätte sie zu einer ergänzenden Stellungnahme und detailliertem Vorbringen im Sinne des § 20 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 auffordern müssen, und weiters meine, deshalb leide der Berufungsbescheid an einem wesentlichen Verfahrensmangel, so könne dem nicht gefolgt werden. § 13a AVG sehe eine Manuduktionspflicht der Behörde nur für Personen vor, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten seien; eine weitergehende Pflicht der Behörde zur Rechtsbelehrung für vertretene Personen sei schon allein deswegen nicht vorgesehen, um nicht in die Rechte und Pflichten der von der Partei frei gewählten Vertretung einzugreifen, wobei noch ergänzend darauf verwiesen werde, daß der mit Vollmacht ausgestattete berufsmäßige Parteienvertreter für seine Rechtskenntnis hafte. Es könne keinesfalls Aufgabe der Behörde sein, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten sei, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte. Bei der Erteilung einer Genehmigung, welche die Befreiung von der öffentlichen Müllabfuhr zum Inhalt habe, sei von der Behörde gemäß § 3 Abs. 2 zu prüfen, ob mit Rücksicht auf die jeweils gegebenen örtlichen Verhältnisse keine Bedenken bestünden und eine den sanitären Erfordernissen entsprechende Beseitigung des Mülls gewährleistet erscheine. Es ergebe sich somit klar, daß von einer den sanitären Erfordernissen entsprechenden Müllbeseitigung auszugehen sei. Dagegen dürften auf Grund der gegebenen örtlichen Verhältnisse keine Bedenken bestehen; das bedeute, der Gesetzgeber gehe davon aus, daß im Falle einer Befreiung eine Eigenbeseitigung durchgeführt werde. Wie jedoch die beschwerdeführende Partei ausdrücklich angeführt habe, beabsichtige sie selbst keine Beseitigung durchzuführen. Vielmehr hätte durch sie nur eine Anlieferung an eine öffentliche Beseitigungsanlage erfolgen sollen. Somit seien die Kriterien nicht gegeben, unter welchen eine Befreiung ausgesprochen werden dürfe. Wie sich aus § 1 Abs. 1 letzter Absatz (richtig wohl: Satz) des Salzburger Müllabfuhrgesetzes eindeutig ergebe, habe nämlich die Müllabfuhr sowohl die Einsammlung, den Transport, als auch die Beseitigung zu umfassen. Bei einer Befreiung müßten diese Aufgaben selbst übernommen bzw. gelöst sein. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall aber nicht gegeben. Rechte der beschwerdeführenden Partei hätten somit durch den abweisenden Bescheid der Gemeinde nicht verletzt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat keine Stellungnahme abgegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Salzburger Müllabfuhrgesetz 1974, LGBl. Nr. 99, in der Fassung LGBl. Nr. 33/1984 und 42/1986, maßgebend.
Die Gemeinden des Landes Salzburg haben nach § 1 Abs. 1 des genannten Gesetzes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes durch Beschluß der Gemeindevertretung eine öffentliche Müllabfuhr einzurichten, wenn dies im Interesse des Gemeindesanitätsdienstes oder im Interesse der Reinhaltung des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes erforderlich erscheint. Unter Müllabfuhr im Sinne dieses Gesetzes ist die Einsammlung, der Transport und die Beseitigung der Abfälle zu verstehen.
Nach Abs. 2 leg. cit. erfaßt der Müllabfuhrbereich das gesamte Gebiet der Gemeinde.
Hinsichtlich der Teilnehmer ist im § 3 Abs. 1 des genannten Gesetzes festgelegt, daß im Müllabfuhrbereich die Eigentümer bzw. verfügungsberechtigten Besitzer oder Inhaber von Gebäuden und sonstigen Anlagen verpflichtet (Verpflichtete) sind, den Hausmüll, den Sperrmüll sowie die Problemstoffe aus Haushalten nur durch die Einrichtung abführen zu lassen, deren sich die Gemeinde zur Durchführung der Müllabfuhr bedient.
Von der Pflicht zur Benützung der Müllabfuhr können nach Abs. 2 der genannten Bestimmung Verpflichtete auf Antrag befreit oder von Amts wegen ausgeschlossen werden, wenn dagegen mit Rücksicht auf die jeweils gegebenen örtlichen Verhältnisse keine Bedenken bestehen und eine den sanitären Erfordernissen entsprechende Beseitigung des Mülls gewährleistet erscheint. Die Befreiung (der Ausschluß) kann widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben sind oder die wirtschaftliche Durchführung der Müllabfuhr in der Gemeinde dies erfordert oder, bei einer erteilten Befreiung, auf diese verzichtet wird.
Im § 18 des genannten Gesetzes ist die Müllbeseitigung geregelt, § 19 bezieht sich auf öffentliche Müllablagerungsstätten, § 20 regelt die Bewilligung solcher Anlagen und § 21 enthält eine Regelung der allenfalls für die Errichtung, Umgestaltung und Erhaltung solcher Anlagen erforderlichen Enteignungen.
Nach § 20 Abs. 1 bedarf die Errichtung sowie die Erweiterung oder wesentliche Änderung von Müllbeseitigungsanlagen unbeschadet der nach sonstigen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. Nach Abs. 4 der genannten Bestimmung ist für Müllablagerungsstätten geringfügigen Umfanges, die nur den Haus- und Wirtschaftsbedarf decken, anstelle des Ansuchens um Bewilligung lediglich eine Anzeige der beabsichtigten Ablagerungen an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten, welche die nach Abs. 3 erforderlichen Angaben zu enthalten hat.
Die im § 20 getroffene Regelung bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang in der Abfolge der Bestimmungen im Salzburger Müllabfuhrgesetz nur auf die MÜLLBESEITIGUNG, nämlich auf Anlagen, die der Beseitigung von Müll dienen (Abs. 1) oder auf Müllablagerungsstätten geringfügigen Umfanges (Abs. 4); die Müllabfuhr im engeren Sinn (Transport des Mülls vom Verpflichteten zum Ort der Müllbeseitigung) ist durch diese Bestimmung jedenfalls nicht erfaßt.
§ 3 Abs. 1 normiert eine allgemeine Pflicht zur Benützung der Müllabfuhr, von der nach Abs. 2 der genannten Bestimmung auf Antrag oder von Amts wegen abgesehen werden kann, wenn die folgenden beiden Voraussetzungen vorliegen:
1.) Es dürfen mit Rücksicht auf die jeweils gegebenen örtlichen Verhältnisse keine Bedenken bestehen und
2.) es muß eine den sanitären Erfordernissen entsprechende Beseitigung des Mülls gewährleistet erscheinen.
Als weitere Voraussetzung ist aus dem Widerrufsgrund des § 3 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. (Erfordernis der wirtschaftlichen Durchführung der Müllabfuhr in der Gemeinde) abzuleiten, daß bei der beantragten Erteilung für eine Ausnahmebewilligung auch darauf zu achten ist, daß dadurch nicht die wirtschaftliche Durchführung der Müllabfuhr in der Gemeinde in Frage gestellt wird. Es wäre nämlich sinnlos, eine Ausnahmebewilligung erteilen zu müssen, die wegen des Vorliegens der vorher genannten wirtschaftlichen Gründe gleich wieder zu widerrufen wäre.
Die belangte Behörde deutet § 3 Abs. 2 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 (- vgl. den letzten Absatz der vorher wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides -) aber so, daß aus der Verbindung nach einer den sanitären Erfordernissen entsprechenden Müllbeseitigung mit den örtlichen Verhältnissen folge, der Gesetzgeber gehe davon aus, eine Befreiung von der allgemeinen Pflicht zur Benützung der Müllabfuhr dürfe NUR BEI EIGENBESEITIGUNG des Mülls erteilt werden.
Diese Rechtsauffassung ist unrichtig.
Hinsichtlich der Beseitigung des Mülls ist im § 3 Abs. 2 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 ausdrücklich nur vorgesehen, daß eine den sanitären Erfordernissen entsprechende Beseitigung gewährleistet erscheinen muß. Dafür, daß diese Beseitigung durch den Ausnahmewerber selbst erfolgen muß und nicht auch durch Inanspruchnahme einer anerkannten Müllbeseitigungsanlage erfolgen kann, sieht der Verwaltungsgerichtshof im Gesetzeswortlaut keinen Ansatz.
Da § 20 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974 - wie vorher dargelegt - nur eine Bewilligungspflicht für die Müllbeseitigung (Müllablagerungsstätten) vorsieht, ist dieser Gesichtspunkt in dem für den Beschwerdefall maßgebenden Zusammenhang von vornherein nur wie folgt von Bedeutung: Das Vorliegen einer solchen Bewilligung ist im Rahmen der Überprüfung, ob eine den sanitären Verhältnissen entsprechende Beseitigung des Mülls gewährleistet erscheint, und zwar bei der Anlage, zu der die beschwerdeführende Partei ihren Müll zu bringen beabsichtigt, zu beurteilen. Daneben ist in solchen Fällen der Teilung (Müllabfuhr i.e.S. durch den Verpflichteten, Beseitigung durch ein Unternehmen nach § 20) selbstverständlich auch zu prüfen, ob die Müllabfuhr i.e.S. den Kriterien des § 3 Abs. 2 leg. cit. entspricht.
Bei dieser Prüfung handelt es sich aber entgegen der Auffassung der belangten Behörde um eine Maßnahme im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, die nicht unter Heranziehung des § 13a AVG allein in die Sphäre der Antragstellung abgeschoben werden darf.
Da die belangte Behörde von einer unrichtigen Rechtsauffassung ausging, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben werden. Eine weitere Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigt sich auch im Hinblick auf die geänderte Rechtslage (Salzburger Abfallgesetz 1991, LGBl. Nr. 65).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990120235.X00Im RIS seit
19.02.1992