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L24004 Gemeindebedienstete Oberösterreich;Norm
ASVG §175 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des F in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 15. Juni 1990, Zl. 0-1-0, betreffend Anerkennung eines Unfalles als Dienstunfall, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis; seine letzte Dienststelle war das Gartenamt der Stadt Linz.
Am 22. Dezember 1988 erlitt der Beschwerdeführer nach Beendigung einer in der dienstlichen Unterkunft durchgeführten Weihnachtsfeier einen Unfall und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Aus der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens befindlichen "Aufnahme" ist folgendes zu entnehmen: "Stark alkoholisiert, Sturz, Re-Lähmungserscheinungen." Nach einem Krankenhausaufenthalt bis 9. März 1989 wurde der Beschwerdeführer mit folgender Diagnose entlassen:
"1) Zust. n. Schädel-Hirntrauma mit Schädelfraktur links, parieto-occipitaler, subarachnoidaler u. subduraler Blutung, Hirnödem, hirnorgan. Psychosyndrom,
2)
Hypotonie,
3)
degen. Wirbelsäulenveränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule,
4) Zust. n. Rippenfraktur links, ..."
Nach amtsärztlicher Untersuchung wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert, zu dem er wie folgt Stellung nahm:
"Am 22. Dezember 1988 war ich bei einer "Weihnachtsfeier", bei welcher ich musikalisch mitwirkte. Ich bin daher der Meinung, daß eine absichtliche Berauschung ausgeschlossen ist bzw. nicht gegeben war.
Das mein "erheblicher Alkoholgenuß" einen "wesentlichen" Einfluß am Zustandekommen meines "Freizeitunfalles" hatte, bestreite ich entschieden. Vielmehr war dieser Unfall ein unglücklicher Zufall."
Darauf erging der Bescheid erster Instanz, mit folgendem Spruch:
"Der Unfall, den Sie am 22. Dezember 1988 um ca. 17.15 Uhr in bzw. vor der Unterkunft Gewerbepark des Gartenamtes erlitten haben, wird gemäß § 2 Abs. 1 und 2 des OÖ. Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes, LGBl. Nr. 36/1969, i. d.g.F., nicht als Dienstunfall anerkannt."
Zur Begründung wurde angeführt, in der Unterkunft Gewerbepark des Gartenamtes habe am 22. Dezember 1988 eine vom Dienstgeber geduldete Weihnachtsfeier stattgefunden. Den Dienst habe der Beschwerdeführer faktisch mit Beginn der Mittagspause beendet. Das Mittagessen sei im Gasthaus XY bereits in Straßenkleidung eingenommen worden. Bei der Feier, die etwa um 14.00 Uhr begonnen habe, habe der Beschwerdeführer die Tuba geblasen. Im Verlauf des 22. Dezember 1988 habe der Beschwerdeführer bis ca. 17.00 Uhr neun bis zehn Halbe Bier und einen doppelten Schnaps getrunken.
Nach der Aussage des Beschwerdeführers vom 8. März 1989 könne er keine Angaben über den Hergang des Unfalles machen. Die Frage, ob im Umkleideraum eine Gefahrenquelle (rutschiger Fußboden oder ähnliches) vorhanden gewesen sei, sei vom Beschwerdeführer ausdrücklich verneint worden. Auch das Schreiben vom 24. November 1989 enthalte diesbezüglich keine Angaben. Vielmehr habe der Beschwerdeführer selbst festgestellt, daß es sich um einen Freizeitunfall gehandelt habe, der auf einen unglücklichen Zufall zurückzuführen gewesen sei. Wenn er im zitierten Schreiben weiters vorbringe, daß wegen seiner musikalischen Mitwirkung an der Weihnachtsfeier eine absichtliche Berauschung auszuschließen gewesen sei, so sei dazu festzustellen, daß ein Alkoholkonsum im oben angegebenen Ausmaße durch die vorliegenden übereinstimmenden Zeugenaussagen als erwiesen gelten könne.
Eine betriebsbedingte Gefahr oder eine betriebliche Einrichtung könne als Unfallsursache jedenfalls nicht ermittelt werden. Es handle sich vielmehr um einen Unfall aus innerer Ursache, den der Beschwerdeführer in gleicher Weise auch bei betriebsunabhängigen Abläufen des täglichen Lebens hätte erleiden können. Weiters sei anzunehmen, daß der erhebliche Alkoholgenuß des Beschwerdeführers einen wesentlichen Einfluß am Zustandekommen des Unfalles ausgeübt habe. Da somit der ursächliche Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht gegeben gewesen sei, habe der Unfall nicht als Dienstunfall anerkannt werden können.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte:
"Der Unfall geschah am Weg von der Weihnachtsfeier im Gasthaus XY zur Dienststelle (Unterkunft des GtA im Gewerbepark) wo ich mein Musikinstrument abstellte. Dienstunfälle sind auch Unfälle, die sich ereignen auf einen mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg von oder zur Dienststelle.
Die Weihnachtsfeier des GtA fand am 22. 12. 1988 während des Dienstes statt. Bei der Begründung des zit. Bescheides wird ausgeführt, daß ich den Dienst faktisch mit Beginn der Mittagspause beendet habe. Dies entspricht nicht den Tatsachen, da ich meinen normalen Dienst versehen hätte müssen, wenn ich nicht an der Weihnachtsfeier teilgenommen hätte. Es ist irrelevant, ob ein Dienstunfall in Arbeitskleidung oder Straßenkleidung erfolgt, da Unfälle am Heimweg vom Dienst auch als Dienstunfälle anzusehen sind. In meinem Schreiben vom 24. 11. 1989 habe ich den Begriff "Freizeitunfall" verwendet. Dies wurde offenbar falsch interpretiert, da ich damit meinte, daß der Unfall nicht während der Ausübung meiner mir zugewiesenen Arbeit geschah.
Es wird weiters angeführt, daß mein erheblicher Alkoholgenuß einen wesentlichen Einfluß am Zustandekommen des Unfalles ausgeübt hat. Eine Verwirkung des Anspruches besteht jedoch nur dann, wenn der Dienstunfall durch Selbstschädigung vorsätzlich herbeigeführt wird. Ein Vorsatz meinerseits war jedoch keinesfall gegeben."
Die in der Berufung getroffene Aussage des Beschwerdeführers, daß der Unfall am Weg von der Weihnachtsfeier im Gasthof XY zur Dienststelle eingetreten sei, nahm dieser mit Schreiben vom 12. Jänner 1990 als unrichtig zurück.
Nach ergänzenden Beweisaufnahmen und Einräumung des Parteiengehöres, das der Beschwerdeführer aber nicht zu einer Stellungnahme nützte, erging der angefochtene Bescheid mit dem der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben wurde.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter ausgeführt:
Am 22. Dezember 1988 habe eine vom Leiter des Gartenamtes gestattete Weihnachtsfeier in der Gartenamtsunterkunft im Gewerbepark O stattgefunden. An dieser habe auch der Beschwerdeführer teilgenommen und dort neun bis zehn Halbe Bier und einen doppelten Schnaps konsumiert. Nach Beendigung der Weihnachtsfeier habe sich der Beschwerdeführer in den Umkleideraum begeben, um sich anzukleiden, wo er zum ersten Mal gestürzt sei. Unmittelbar vor der Gartenamtsunterkunft sei er schließlich nochmals gestürzt. Der Unfall stehe somit in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienst. Es sei allerdings zu prüfen, ob auch der ursächliche Zusammenhang gegeben sei. Dieser sei nur dann gegeben, wenn die besonderen Umstände, unter denen die Beschäftigung verrichtet worden sei, oder die besondere Beschaffenheit der Unfallstelle die Verletzung wesentlich mitverursacht habe. Der Beschwerdeführer habe im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich angegeben, daß eine betriebsbedingte Gefahr oder eine betriebliche Einrichtung als Unfallursache nicht vorhanden gewesen sei. Auch im zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahren hätten solche betriebsbedingten Gefahren, wie etwa ein rutschiger Boden, nicht festgestellt werden können. Es sei demnach anzunehmen, daß die Unfälle auf einer Ursache beruhten, die in gleicher Weise auch bei betriebsunabhängigen Abläufen des täglichen Lebens hätten eintreten können. Hiezu komme, daß der doch erhebliche Alkoholgenuß am Zustandekommen des Unfalles eine wesentliche Rolle gespielt habe. Es sei somit ein ursächlicher Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit nicht gegeben gewesen. Der Behauptung des Beschwerdeführers, eine Verwirkung des Anspruches bestehe nur dann, wenn der Dienstunfall durch Selbstbeschädigung vorsätzlich herbeigeführt worden sei, sei entgegenzuhalten, daß eine Alkoholisierung dann zum Verlust des Versicherungsschutzes führe, wenn Einflüsse der betrieblichen Tätigkeit bei der Verursachung des Unfalles so weit zurücktreten würden, daß diese auch als wesentliche Mitursache nicht mehr in Frage kämen. Auch der Umstand, daß üblicherweise bei betrieblichen Weihnachtsfeiern Alkohol in größeren Mengen konsumiert zu werden pflege, ändere daran nichts. Dieser Umstand bleibe im Verantwortungsbereich des Einzelnen und sei nicht beschäftigungs- oder betriebsbedingt.
Im übrigen wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, zu beweisen, daß besonders gefährliche Verhältnisse oder betriebliche Gefahren gegeben gewesen wären. Solche Behauptungen seien aber nicht aufgestellt worden. Ein Grundsatz, daß im Zweifel für den Versicherten zu entscheiden sei, bestehe bei der Prüfung des Kausalzusammenhanges in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Auch die bloße Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhanges des Unfalles mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung reiche nicht aus; zumindest die Wahrscheinlichkeit hätte gegeben sein müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes, LGBl. Nr. 36/1969 (Abs. 2 idF LGBl. 26/1984) sind Dienstunfälle Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Unfallfürsorge begründenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ereignen. Weiters sind - soweit dies für den Beschwerdefall in Betracht kommt - nach § 2 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. auch Unfälle, die sich auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg zur oder von der Dienststätte ereignen, den "Dienstunfällen" zuzurechnen.
Im Hinblick auf die inhaltliche Vergleichbarkeit dieser Rechtslage mit der Regelung des § 175 ASVG hat die belangte Behörde zutreffend die Rechtsprechung zu der zuletzt genannten Bestimmung herangezogen (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1989, Zl. 88/12/0181).
Demnach führt eine Alkoholisierung allein noch nicht zwingend zum Verlust des Versicherungsschutzes, sondern nur dann, wenn Einflüsse der betrieblichen Tätigkeit bei der Verursachung des Unfalles so weit zurücktreten, daß diese auch als wesentliche Mitursache nicht mehr in Frage kommen (vgl. SV-Slg. 32.716).
Der Beschwerdeführer bringt als inhaltliche Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe in unrichtiger Auslegung des § 2 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes ausschließlich den ursächlichen Zusammenhang dieses Unfalles mit der vom Beschwerdeführer normalerweise verrichteten Beschäftigung geprüft, nicht aber beachtet, daß die vom Dienstgeber geduldete Weihnachtsfeier Versicherungsschutz genieße und ein im Zusammenhang damit erlittener Unfall daher ein Dienstunfall sei. Eine solche Feier diene dem Betriebsklima und damit betrieblichen Interessen. Der Dienstgeber habe vom Alkoholkonsum gewußt. Eine Gefahrenerhöhung, zu der auch eine Alkoholisierung gehöre, sei dann nicht beachtlich, wenn sie zwar unfallkausal, aber nicht grundlos herbeigeführt sei, sondern der Versicherte zu seinem, die besondere Gefahrenerhöhung bewirkenden Verhalten durch die geschützte Tätigkeit veranlaßt worden sei.
Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Die belangte Behörde hat den örtlichen und zeitlichen Zusammenhang des Unfalles des Beschwerdeführers mit dem Dienst bejaht, den ursächlichen Zusammenhang aber mangels besonderer Umstände, unter denen der Beschwerdeführer die Beschäftigung verrichtete, bzw. betriebsbedingter Gefahren verneint. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die Behörde damit den Umstand der Abhaltung einer Weihnachtsfeier sehr wohl als vom gesetzlichen Schutz mitumfaßt gewertet.
Den auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes erkennbaren hohen Grad der Alkoholisierung des Beschwerdeführers vermag dieser - auch wenn seiner Argumentation, es habe sich bei der Weihnachtsfeier um eine dienstliche Tätigkeit gehandelt, gefolgt wird -, nicht zu Recht auf diesen Umstand zurückzuführen. Abgesehen davon, daß ein solcher Grad der Alkoholisierung wohl bei keiner Feier unter normalen Umständen dem Dienstgeber zuzurechnen ist, erschiene eine solche Zurechnung insbesondere unter Beachtung des konkreten Anlasses unangebracht. Die bei den Akten befindlichen Einvernahmen anderer Teilnehmer an dieser Veranstaltung zeigen keine Ansatzpunkte dafür, daß der Beschwerdeführer durch besondere dienstliche Umstände gleichsam zum Alkoholkonsum aufgefordert bzw. genötigt worden wäre.
Es kann daher für den Beschwerdeführer weder daraus, daß der Dienstgeber allgemein vom Alkoholkonsum bei der Weihnachtsfeier gewußt haben soll, etwas gewonnen werden, noch daraus, daß der Beschwerdeführer durch eine dienstliche Tätigkeit zur Alkoholisierung veranlaßt worden wäre. Im übrigen hat der Beschwerdeführer von der ihm im Verwaltungsverfahren gebotenen Gelegenheit zur Äußerung keinen Gebrauch gemacht.
Wenn der Beschwerdeführer als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, er habe während des ganzen Tages die angegebene Alkoholmenge konsumiert und während der Weihnachtsfeier "nur" fünf bis sechs Halbe Bier getrunken, so ist das für die entscheidende Frage der Alkoholisierung des Beschwerdeführers zum Unfallszeitpunkt (17.00 Uhr) schon deshalb bedeutungslos, weil der Beschwerdeführer diesen Umstand selbst sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in seiner Beschwerde anerkannt hat.
Da auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die belangte Behörde zu Recht als einzige Ursache für den Unfall des Beschwerdeführers den hohen Grad seiner Alkoholisierung angenommen und damit den ursächlichen Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit (einschließlich Weihnachtsfeier) verneint hat, sind die weiters bemängelten fehlenden Feststellungen über die Dauer der Weihnachtsfeier bzw. der Dienstzeit und hinsichtlich des zweiten Sturzes überhaupt nicht mehr von Bedeutung.
Aus den dargelegten Gründen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990120231.X00Im RIS seit
19.02.1992