TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/19 91/14/0209

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Veröffentlicht am 19.02.1992
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §184 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des N in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 20. August 1991, Zl. 374-3/88, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1973 bis 1981 sowie Verspätungszuschläge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, 88/14/0092 (ÖStZB 1989, 39), den Berufungsbescheid im ersten Rechtsgang betreffend die oben angeführten Abgaben wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Auf die Ausführungen in dieser Entscheidung des Gerichtshofes wird verwiesen.

Die belangte Behörde hat in der Folge das Rechtsmittelverfahren entsprechend der vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Rechtsansicht durch Gewährung der Einsicht in die bereits vorliegenden Aussagen, durch Vernehmung von Zeugen, durch Einholung eines Schätzgutachtens eines Bausachverständigen sowie durch Lohnauskünfte eines früheren Dienstgebers des Beschwerdeführers und Auskünfte der Gebietskrankenkasse über gemeldete Entgelte ergänzt. Dem Beschwerdeführer wurde Parteiengehör zu den Ermittlungsergebnissen gewährt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer, soweit sich eine solche ergab, mit wesentlich niedrigeren Beträgen als im ersten Rechtsgang fest. Die Verspätungszuschläge wurden entsprechend niedriger bemessen. Die Vermögensdeckungsrechnung hatte einen niedrigeren ungeklärten Zuwachs als im ersten Rechtsgang ergeben. Dieser war nach den Feststellungen der belangten Behörde aber nicht zur Gänze aus Ersparnissen zum 1.1.1973 sowie aus den Löhnen für die Tätigkeit im Gasthaus des Onkels und den dort erzielten Trinkgeldern erklärbar. Aus diesem Grund nahm die belangte Behörde neuerdings im Ausmaß der Unterdeckung Gewinne aus Gewerbebetrieb (Geldwechselgeschäft) an, obwohl die neuen Zeugenaussagen keine weitere Klärung in der Frage selbständiger Geldwechselgeschäfte brachten. Die Ersparnisse aus der Zeit der Bauhilfsarbeitertätigkeit nahm die belangte Behörde auf Grund der eingeholten Lohnauskunft und der Auskünfte der Gebietskrankenkasse über gemeldete Entgelte als erwiesen an. Die Löhne während der Beschäftigung im Gasthaus des Onkels ermittelte die belangte Behörde unter Berücksichtigung des Kollektivvertrages (1967, ungelernter Kellner: S 3.600,--) und erhöhte den daraus sich ergebenden Betrag wegen der Vertrauensstellung des Beschwerdeführers auf S 6.000,-- monatlich; diesem Betrag schlug die belangte Behörde jährlich wegen des weiteren Hineinwachsens in die Vertrauensstellung 10 Prozent zu. Hinsichtlich des Trinkgeldes ging sie von den Angaben des Beschwerdeführers (Basis: 1973 S 3.000,-- monatlich) aus und korrigierte jährlich um den erwähnten Prozentsatz. Bei der Feststellung des erwähnten Lohnes des Beschwerdeführers in der Gastwirtschaft berücksichtigte die belangte Behörde auch, daß der Beschwerdeführer seinen Lohn als Bauhilfsarbeiter doppelt so hoch angegeben hatte, als er sich auf Grund der Lohnauskunft und der Auskünfte der Gebietskrankenkasse herausgestellt hatte.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß für den genannten Zeitraum keine Steuern festgesetzt werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Vorwurf, die belangte Behörde habe die ihr im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1988 überbundene Rechtsansicht mißachtet, ist nicht zutreffend. In dem genannten Erkenntnis hat es der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgeschlossen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Geldwechseltätigkeit) auch für den Fall anzunehmen, daß die erst durchzuführenden Zeugenvernehmungen keinen weiteren Anhaltspunkt für derartige Einkünfte ergeben. Es wurde darauf hingewiesen, das Argument des Beschwerdeführers sei noch nicht widerlegt, sein Onkel hätte ihn entlassen, wenn ihm die selbständige Geldwechseltätigkeit des Beschwerdeführers aufgefallen wäre; weiters wurde in der Entscheidung angemerkt, daß der Nachweis gewerblicher Einkünfte auch durch eine Schätzung im Zusammenhang mit einer Vermögensdeckungsrechnung erfolgen könne, an diese Schätzung jedoch hinsichtlich der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit ein strengerer Maßstab anzulegen sei als an eine (sonstige) Schätzung von Abgabenbemessungsgrundlagen, sodaß für den erwähnten Zweck eine griffweise Schätzung nicht in Frage komme. All diese Überlegungen hat die belangte Behörde berücksichtigt.

Die Baukostenschätzung auf Grund des im zweiten Rechtsgang eingeholten Schätzgutachtens wird vom Beschwerdeführer nicht mehr in Frage gestellt. Der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, das Darlehen sei nicht beweisbar.

In Wahrheit stellen sich daher die Ausführungen in der Beschwerde als Bekämpfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde dar. Die einer solchen durch § 167 Abs. 2 BAO gezogenen Grenzen wurden dabei nicht überschritten. Dem Verwaltungsgerichtshof steht es nach seiner ständigen Rechtsprechung nicht zu, die Beweiswürdigung in dem Sinn auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, ob die eine oder die andere nach den Ermittlungsergebnissen denkbare Sachverhaltsvariante den Tatsachen entspricht; seiner Überprüfung unterliegt nur die Frage, ob die Beweiswürdigung schlüssig ist, das heißt, ob sie u. a. mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung in Einklang zu bringen ist.

Dies trifft jedoch auf die Beweiswürdigung zu, die den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zugrundeliegt.

Auch wenn sich die Zeugen, die zur Frage vernommen wurden, ob der Beschwerdeführer neben der nicht selbständigen Geldwechseltätigkeit für seinen Onkel bzw. dessen Rechtsnachfolger auch selbständig, also auf eigene Rechnung, solche Geschäfte betrieben hat, nicht mehr erinnern oder keine Angaben machen konnten und die Aussagen der seinerzeit vernommenen Auskunftspersonen nur Vermutungen, Meinungsäußerungen oder die Wiedergabe von Gerüchten darstellten - was auch auf die in der Gegenschrift der belangten Behörde (vgl. deren Seite 10) zitierten Aussagen zutrifft, in denen ebenfalls keine konkrete Wahrnehmung wiedergegeben ist, die für eine selbständige Geldwechseltätigkeit des Beschwerdeführers spräche -, so wurde doch im ergänzten Ermittlungsverfahren klargestellt, daß der Beschwerdeführer solche Geschäfte durchführen konnte, ohne daß dies seinem Onkel auffallen mußte. Die betreffende Einwendung des Beschwerdeführers wurde daher ausgeräumt. Weiters steht nun auf Grund der Vermögensdeckungsrechnung fest, daß als Einkunftsquelle für den noch ungeklärten Vermögenszuwachs keine andere Tätigkeit als die des selbständigen Geldwechselns in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer selbst hat nämlich nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Löhne und Trinkgelder) genannt, wobei letztere von der belangten Behörde auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers festgestellt und entsprechend rückgerechnet wurden. Gegen deren ihm vorgehaltene Höhe hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nichts vorgetragen. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, höhere Trinkgeldeinnahmen anzunehmen und daher ungeklärte Vermögenszuwächse diesen zuzurechnen. Die Ersparnisse zum 1. Jänner 1973 wurden, soweit sie auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bauhilfsarbeiter zurückzuführen sind, auf Grund von Auskünften festgestellt. Sie wurden also nicht geschätzt. Es liegen keine Beweisergebnisse über höhere Löhne des Beschwerdeführers vor, denen die belangte Behörde bei sonstiger Unschlüssigkeit ihrer Beweiswürdigung hätte glauben müssen. Einer der ehemaligen Kollegen, der eine qualifiziertere Verwendung (Partieführer) als der Beschwerdeführer hatte, bezog ein niedrigeres Einkommen, als es der Beschwerdeführer für sich behauptet hatte. Die Behörde durfte den Auskünften daher glauben. Die Zulagen wurden von ihr entsprechend in Anschlag gebracht, die betreffenden Feststellungen von ihr ausführlich und überzeugend begründet. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang der Aussage eines anderen ehemaligen Arbeitskollegen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenkte, war dies nicht unschlüssig. Der Beschwerdeführer selbst beruft sich darauf, daß die Ereignisse, die im Zusammenhang mit der Vermögensdeckungsrechnung eine Rolle spielen, Jahrzehnte zurückliegen, weshalb Erinnerungsfehler einkalkuliert werden müßten. Gleiches durfte die belangte Behörde gegen Zeugenaussagen ins Treffen führen, die mit den eingeholten Auskünften über Löhne nicht in Einklang zu bringen sind. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn sie in ihrer Beweiswürdigung der Lohnauskunft und den Entgeltaufzeichnungen der Gebietskrankenkasse den Vorrang einräumte.

Da sich auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse eine Übertreibung des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Lohnes um das Doppelte herausgestellt hatte, war es auch nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde hinsichtlich der Lohnangaben des Beschwerdeführers für die Zeit seiner Tätigkeit im Gasthaus seines Onkels von einer Übertreibung im gleichen Ausmaß ausging. Dafür konnte sie auch noch ins Treffen führen, daß der Beschwerdeführer in der ersten mit ihm aufgenommenen Niederschrift noch angegeben hatte, er habe ZULETZT S 12.000,-- netto monatlich verdient; der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus dieser Formulierung den Schluß zieht, daß der Lohn des Beschwerdeführers in den früheren Jahren daher geringer war.

Da die Hälfte des vom Beschwerdeführer später für die Gesamtdauer seines Dienstverhältnisses beim Onkel mit S 12.000,-- behaupteten Lohnes, also S 6.000,--, noch um 37 Prozent über dem kollektivvertraglichen Lohn eines ungelernten Kellners im Jahre 1967 lag, hat die belangte Behörde mit ihrer Feststellung auch der Vertrauensstellung des Beschwerdeführers und seiner langen täglichen Dienstzeit gebührend Rechnung getragen. Es verstößt auch weder gegen Denkgesetze noch gegen die Lebenserfahrung, wenn die belangte Behörde von einem stetigen Ansteigen dieses Lohnes ab 1967 um jährlich 10 Prozent ausging, womit sie schließlich zu dem vom Beschwerdeführer in seiner ersten Vernehmung angegebenen Lohn, den er "zuletzt" behauptete ins Verdienen gebracht zu haben, gelangte.

Da der Beschwerdeführer ursprünglich von einer Urlaubsabfindung nichts erwähnt hatte und eine solche auch auf den Lohnzetteln nicht aufschien, war es nicht unschlüssig, daß die belangte Behörde die Bezahlung einer solchen Urlaubsabfindung nicht als erwiesen annahm und daher auch in ihre Rechnung nicht einsetzte.

Es ist nicht zu beanstanden, daß die belangte Behörde für die Richtigkeit der von ihr festgestellten Ersparnisse zum 1. Jänner 1973 von S 892.000,-- ins Treffen führte, der Beschwerdeführer hätte die Ersparnisse zu Beginn des Hausbaus (Sommer 1976) seinerzeit selbst mit ca. S 800.000,-- angegeben.

Da die belangte Behörde eingehende Berechnungen angestellt hat, denen Feststellungen auf Grund nicht unschlüssiger Beweiswürdigung zu Grunde lagen, handelt es sich bei dem Vorgang nicht um eine griffweise Schätzung. Die Vermögensdeckungsrechnung wird daher den strengen Anforderungen gerecht, die erfüllt sein müssen, um auf das Vorliegen von gewerblichen Einkünften aus der Geldwechseltätigkeit schließen zu dürfen. Da der Beschwerdeführer höhere Trinkgeldeinnahmen als von der belangten Behörde angesetzt im Verwaltungsverfahren nicht behauptet hat, ist der Schluß der belangten Behörde, der ungeklärte Vermögenszuwachs müsse mit größter Wahrscheinlichkeit aus der Geldwechseltätigkeit stammen, erlaubt.

Der Lohn der Haushälterin und das Einkommen des Bruders als Tankwart, von dem nicht einmal feststeht, daß darin nicht auch die Trinkgelder des Tankwarts enthalten sind, stellen keinen Vergleichsmaßstab dar, aus dem die belangte Behörde bei sonstiger Unschlüssigkeit ihrer Beweiswürdigung einen höheren Lohn des Beschwerdeführers während seiner Arbeit im Gasthaus des Onkels hätte ableiten müssen.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen dürfte. Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991140209.X00

Im RIS seit

19.02.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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