TE Vfgh Beschluss 1989/6/21 B518/89

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Veröffentlicht am 21.06.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §15 Abs2
VfGG §18
VfGG §33

Leitsatz

Das Fehlen eines bestimmten Beschwerdeantrages iS der §15 Abs2 VfGG kann als inhaltlicher Mangel nicht im Wege der Wiedereinsetzung beseitigt werden

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Eine vom Einschreiter wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien eingebrachte Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. Februar 1989, B185/89, gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wurde dazu im wesentlichen ausgeführt, daß die Beschwerdeschrift - entgegen §15 Abs2 VerfGG - keinen Antrag enthalte, durch den eine klare und unmißverständliche Bezugnahme auf jenes konkrete Verwaltungshandeln erfolge, das den Beschwerdeführer in Grundrechten verletzt haben solle. Die Beschwerde leide daher an einem nicht verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel.

2. Der Einschreiter hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrages macht er im wesentlichen geltend, daß die (unter 1. bezeichnete) Beschwerde von seiner Rechtsvertreterin auf Tonband diktiert und von deren Sekretärin in den Computer eingegeben worden sei. Nach Unterfertigung des Computerausdruckes - der auch einen bestimmten Beschwerdeantrag enthalten habe - habe sie die Sekretärin gebeten, am Ausdruck noch einige optische Korrekturen vorzunehmen. Diese habe die Rechtsvertreterin nicht mehr kontrollieren können. Durch einen ungeklärten Umstand habe die Sekretärin das Schriftstück im Computer gelöscht und daraufhin nochmals in den Computer eingegeben. Hiebei habe sie jedoch übersehen, auch den Beschwerdeantrag zu übertragen. Die Sekretärin der Rechtsvertreterin sei eine verläßliche und gewissenhafte Kraft; es sei ihr bis jetzt noch nie ein derartiges Mißgeschick unterlaufen.

3. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VerfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135, sinngemäß anzuwenden. Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung - für sie - den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.

Die Zulässigkeit einer Wiedereinsetzung setzt stets eine Versäumung, also die vollständige Unterlassung einer Parteihandlung voraus. Ist die Parteihandlung zwar vorgenommen worden, weist sie aber einen inhaltlichen und damit nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 10.766/1986; VfGH 28. 11. 1988 B1621/88) nicht verbesserungsfähigen Mangel auf, so kann dieser Mangel nicht im Wege der Wiedereinsetzung beseitigt werden (vgl. Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen II, 1962, 723). Das Fehlen eines bestimmten Beschwerdeantrages iS des §15 Abs2 VerfGG ist daher kein ein der Wiedereinsetzung zugänglicher Mangel.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war, da eine Frist nicht versäumt wurde, zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 11244/1987).

4. Dieser Beschluß konnte gemäß §33 VerfGG iVm §149 Abs2 ZPO (§35 Abs1 VerfGG) in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Mängelbehebung, VfGH / Formerfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B518.1989

Dokumentnummer

JFT_10109379_89B00518_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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