TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/20 92/08/0014

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Veröffentlicht am 20.02.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §27 Abs6;
AlVG 1977 §27 idF 1989/364;
AlVG 1977 §39 Abs3 idF 1989/649;
AlVG 1977 §39 Abs3;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art18;
B-VG Art7 Abs1;
NotstandshilfeV §6 Abs3;
NotstandshilfeV §6 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Unterausschusses des Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 29. November 1991, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Sondernotstandshilfe gemäß § 39 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 1. Juni 1991 auf Gewährung von Sondernotstandshilfe gemäß § 39 Abs. 3 AlVG 1977 vom Arbeitsamt mit Bescheid vom 20. August 1991 abgewiesen wurde; dieser Bescheid wurde damit begründet, daß die monatlichen Nettoeinkünfte des Ehegatten der Beschwerdeführerin von S 12.458,90 die nach Auffassung der Behörde maßgebende "Gesamtfreigrenze" des § 6 Abs. 3 der Notstandshilfeverordnung (welche mit S 9.679,-- festgestellt wurde) überstiegen. Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid des Arbeitsamtes erhobenen Berufung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 39 Abs. 1 und 3 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 649/1989, lauten:

"(1) Alleinstehenden Müttern, die wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, ist bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres dieses Kindes Notstandshilfe zu gewähren, sofern der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist und, mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit, die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt werden.

(2) ...

(3) Verheiratete Mütter erhalten Sondernotstandshilfe, wenn der Ehegatte kein oder ein geringes Einkommen hat. Des weiteren erhalten Mütter, die mit dem Vater ihres unehelichen Kindes nicht verheiratet, jedoch an der gleichen Adresse gemeldet sind oder anzumelden wären, Sondernotstandshilfe, wenn der Vater des unehelichen Kindes kein oder ein geringes Einkommen hat. Unter einem geringen Einkommen ist ein Nettoeinkommen zu verstehen, das innerhalb eines Monats die Freigrenze im Sinne des § 6 Abs. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 10. Juli 1973, BGBl. Nr. 352, in der jeweils geltenden Fassung, betreffend Richtlinien für die Gewährung der Notstandshilfe (Notstandshilfeverordnung) nicht übersteigt."

§ 6 Abs. 3 und 4 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 in der für den hier maßgebenden Zeitraum geltenden Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 429/1990, lauten:

"(3) Die Freigrenze beträgt 4.591 S pro Monat für den das Einkommen beziehenden Ehepartner (Lebensgefährten bzw. Lebensgefährtin). Dazu kommt ein Betrag von 2.313 S pro Monat für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. Lebensgefährtin) aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt.

(4) In berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit bzw. Behinderung in der Familie, Aufwendungen aus Anlaß einer Schwangerschaft oder einer Niederkunft, Aufwendungen aus Anlaß von Todesfällen in der Familie, Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die aus Anlaß der Gründung eines Hausstandes oder zur Beschaffung einer Wohnung aufgenommen worden sind, besondere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens, können die im Abs. 3 angeführten Einkommensgrenzen bis zu 50 v.H. erhöht werden."

Von der Beschwerdeführerin wird weder die von den Verwaltungsbehörden festgestellte Höhe der Einkünfte ihres Ehegatten bestritten, noch, daß diese Einkünfte die gemäß § 6 Abs. 3 NHV (unter Berücksichtigung der gemäß § 7 erster Satz NHV idF der Verordnung BGBl. Nr. 636/1987 vorzunehmenden Aufwertung) ermittelte Freigrenze im maßgebenden Zeitraum überstiegen haben. Sie vertritt vielmehr im Gegensatz zur belangten Behörde die Auffassung, die Wendung "im Sinne des § 6 Abs. 3" im § 39 Abs. 3 AlVG verweise nicht nur auf die am angegebenen Ort der Notstandshilfeverordnung normierten Freigrenzen, sondern - aufgrund des untrennbaren Zusammenhanges dieser Bestimmungen - auch auf § 6 ABS. 4 NHV, wonach in den dort genannten berücksichtigungswürdigen Fällen die Einkommensgrenze des Abs. 3 um bis zu 50 % erhöht werden können. Solche berücksichtigungswürdigen Umstände - die von der belangten Behörde allerdings nicht geprüft worden seien - lägen im Falle der Beschwerdeführerin vor.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dieser Auffassung aus folgenden Erwägungen nicht anzuschließen:

Das Wesen der im § 39 AlVG 1977 geregelten Sondernotstandshilfe besteht darin, jenen Müttern, die mangels anderweitiger Unterbringungsmöglichkeit für ihr Kind dem Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung stehen, nach Erschöpfung des Karenzurlaubsgeldes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes die Notstandshilfe unter Nachsicht von der sonst hiefür erforderlichen "Arbeitswilligkeit" zu gewähren. Wie aus § 39 Abs. 1 letzter Satz AlVG 1977 hervorgeht, müssen jedoch die übrigen Voraussetzungen für die Notstandshilfe erfüllt sein; dies sind gemäß § 33 Abs. 2 lit. a bis c leg. cit. die österreichische Staatsbürgerschaft, Arbeitsfähigkeit und das Vorhandensein von Notlage.

Diese in der Stammfassung des AlVG 1977, BGBl. Nr. 609, noch auf "alleinstehende Mütter" beschränkte Regelung erfuhr durch die AlVG-Novelle, BGBl. Nr. 594/1983, zunächst eine Ergänzung dahin, daß der Begriff "alleinstehend" von "nicht alleinstehend" in einem neuen Abs. 2 wie folgt abgegrenzt wurde:

"(2) Als nicht alleinstehend gilt eine Mutter, die ledig, geschieden oder verwitwet ist und mit dem Vater des unehelichen Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, an der gleichen Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre."

Art. I Z. 16 lit. a der AlVG-Novelle BGBl. Nr. 615/1987 milderte die Folgen dieser Bestimmung durch einen neuen Abs. 3, wonach Sondernotstandshilfe auch Müttern gebührte, wenn sie zwar mit dem Vater ihres unehelichen Kindes im Sinne des Abs. 2 zusammenleben, dieser jedoch "kein oder ein geringes Einkommen hat". Gleichzeitig wurde in Abs. 3 letzter Satz angeordnet, daß der Vater des unehelichen Kindes "hiebei" einem Lebensgefährten gleichzuhalten sei.

Mit der AlVG-Novelle BGBl. Nr. 649/1989 erhielt § 39 Abs. 3 AlVG seine auch im Beschwerdefall geltende, oben wiedergegebene Fassung. Die Gesetzesmaterialien (Ausschußbericht: 1167 Blg. sten. Prot. NR, XVII. GP.) verweisen auf zwei Initiativanträge, deren Begründung wie folgt gelautet habe:

"Durch diese Regelung soll verheirateten Müttern in gleicher Weise wie alleinstehenden Müttern, die mit dem Vater des Kindes, der kein oder nur ein geringes Einkommen hat, zusammenwohnen, die Sondernotstandshilfe gewährt werden."

In der (im Rahmen des sogenannten "Familienpaketes 1989" abgeführten) Plenardebatte des Nationalrates über diese Gesetzesvorlage (alle Zitate stammen aus dem Protokoll über die 124. Sitzung des Nationalrates, XVII. GP vom 12. Dezember 1989) wiederholte die Berichterstatterin die Begründung des Ausschußberichtes (aaO, S. 14589). In weiteren Debattenbeiträgen wurde dazu sinngemäß ausgeführt, daß die Ungleichbehandlung der mit dem Kindesvater verheirateten Mutter mit jener, die mit dem Kindesvater (nur) zusammenlebe, nicht aufrechterhalten werden könne, weshalb auch dann, wenn die Frau verheiratet ist, die Sondernotstandshilfe im 2. und 3. Lebensjahr des Kindes zur Auszahlung kommen solle, sofern die übrigen Voraussetzungen zutreffen (aaO, S. 14600). Nicht der Umstand der Lebensform solle den Anspruch bestimmen, sondern die "reale Situation" (aaO, S. 14608).

Die Entstehungsgeschichte und die Materialien zu § 39 Abs. 3 AlVG 1977 zeigen somit, daß der "alleinstehenden Mutter" zunächst jene Mütter, die mit dem Kindesvater des unehelichen Kindes zusammenleben, in der Folge aber auch verheiratete Mütter gleichgestellt werden sollten, sofern sich ihre soziale Lage aufgrund der vernachlässigbar geringen Wirtschaftskraft ihres Partners von der einer alleinstehenden Mutter nur wenig unterscheidet. Durch die Definition des "geringen Einkommens" des Partners mittels Verweisung auf § 6 Abs. 3 NHV sollte daher nicht etwa die NOTLAGE der anspruchsberechtigten Frau definiert (wovon die Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation auszugehen scheint), sondern ein dem Merkmal "alleinstehend" gleichzuhaltender Tatbestand umschrieben werden, d.h. jene Voraussetzungen, unter denen es gerechtfertigt ist, den im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindesvater (Lebensgefährten, Ehegatten) aufgrund SEINER EINKÜNFTE als "nicht vorhanden" zu fingieren. Dies soll - nach dem Willen des Gesetzgebers - dann der Fall sein, wenn sein Einkommen die Freibeträge des § 6 Abs. 3 NHV nicht übersteigt und daher bei Beurteilung der Notlage der Mutter (unabhängig von den sonstigen, im § 6 Abs. 4 NHV angesprochenen wirtschaftlichen Umständen) schon a priori nicht zu berücksichtigen wäre. Nur diese Auslegung wird nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch der Absicht des Gesetzgebers gerecht, nicht schon im Falle der Notlage der Mutter, sondern nur bei Vorliegen des Merkmales "alleinstehend" oder eines diesem im wesentlichen ähnlichen Merkmales die Sondernotstandshilfe über den Karenzurlaubsgeldanspruch hinaus bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes zu gewähren. Die Einbeziehung des § 6 Abs. 4 NHV in diese Prüfung - wie dies der Beschwerdeführerin vorschwebt - hätte zur Folge, daß die Gleichstellung mit "alleinstehend" auch von der Höhe der in der Familie (wenn auch aus berücksichtigungswürdigen Gründen) getätigten Gesamtausgaben aus besonderen Anlässen abhinge, die zwar mit dem Bestehen von Notlage, nicht jedoch mit dem als "alleinstehend" umschriebenen sozialen Typus in einen sachlichen Zusammenhang gebracht werden können und überdies das für die Anspruchsberechtigung wesentliche NEBENEINANDER von "alleinstehend" (oder diesem Merkmal wirtschaftlich gleichkommend) einerseits und "Notlage der Mutter" andererseits weitgehend (wenn auch nicht in allen Fällen) aufheben würde. Die Entstehungsgeschichte, die Teleologie und systematische Stellung dieser Norm geben somit keinen Anlaß zu einer berichtigenden Interpretation dahin, daß nicht nur auf den im Gesetzeswortlaut (der insoweit zweifelsfrei ist) genannten § 6 Abs. 3 NHV, sondern (gleichsam implizit) darüber hinaus auch auf § 6 Abs. 4 NHV verwiesen würde.

Gegen dieses Auslegungsergebnis werden in der Beschwerde (unter Hinweis auf eine - nicht näher begründete - Bemerkung von DIRSCHMIED, Verfassungsrechtliche und rechtshistorische Betrachtungen zum Notstandshilferecht, in: FS Schwarz, 717 ff, insbesondere 730) verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht: Die verschiedene gesetzliche Ausformung der Anspruchsvoraussetzung "geringes Einkommen des Ehemanns" bei der Sondernotstandshilfe einerseits und beim erhöhten Karenzurlaubsgeld (§ 27 AlVG) andrerseits verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die im Zusammenhang mit dem Anspruch verheirateter Mütter auf erhöhtes Karenzurlaubsgeld maßgebende Bestimmung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AlVG 1977 lautete in der Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 594/1983:

"(3) Verheiratete Mütter, deren Ehegatte jedoch kein oder nur ein Einkommen erzielt, das bei Anwendung des § 6 Abs. 3 erster Satz und Abs. 5 erster Satz der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 10. Juli 1973, BGBl. Nr. 352, betreffend Richtlinien für die Gewährung der Notstandshilfe (Notstandshilfeverordnung) unberücksichtigt zu bleiben hätte (Freibetrag) ... erhalten ein Karenzurlaubsgeld von 192,80 S täglich."

Daraus ergibt sich, daß als "geringes Einkommen" ursprünglich nur die Freigrenze des § 6 Abs. 3 erster Satz NHV (d.h. ohne Freigrenzenerhöhung für weitere Sorgepflichten) der Einkommenslosigkeit gleichgestellt war.

Diese Rechtslage wurde durch die Novelle BGBl. Nr. 364/1989 insoweit verändert, als die Wendung "Abs. 3 erster Satz und Abs. 5 erster Satz" im § 27 Abs. 3 AlVG gestrichen und dem § 27 AlVG ein Abs. 6 angefügt wurde, wonach bei der Anwendung der Abs. 3 bis 5 "... das Einkommen nach Maßgabe der für die Notstandshilfe geltenden Vorschriften zu ermitteln" ist. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dieser Novelle (986 Blg. sten. Prot. NR, XVII. GP., 13) wird diese Änderung wie folgt begründet:

"Bei der Beurteilung, ob das erhöhte Karenzurlaubsgeld gebührt, soll der gleiche Einkommensbegriff wie bei der Notstandshilfe Anwendung finden, dafür aber der Freibetrag bei Kindern in der Familie erhöht werden."

Ob die Gewährung von Sondernotstandshilfe im Sinne des § 39 Abs. 3 AlVG 1977 als Folge dieser Änderung von strengeren Voraussetzungen abhängt als die Gewährung von erhöhtem Karenzurlaubsgeld im Sinne des § 27 AlVG, wie die Beschwerdeführerin meint, hängt davon ab, ob die Wendung (wenn) "der Ehegatte jedoch kein oder nur ein Einkommen erzielt, das bei Anwendung des § 6 der ... (Notstandshilfeverordnung) ... unberücksichtigt zu bleiben hätte (Freibetrag)" in § 27 Abs. 3 AlVG sich auf § 6 Abs. 1 iVm Abs. 3 NHV oder auch auf § 6 Abs. 4 NHV bezieht. Diese Frage kann jedoch im Beschwerdefall auf sich beruhen: selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin davon ausginge, daß der im § 27 Abs. 3 AlVG verwiesene "Freibetrag" als Freigrenze im Sinne des § 6 Abs. 3 UND Abs. 4 NHV zu verstehen wäre, so könnten daraus noch keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Sinne der Beschwerdeausführungen entstehen. Soweit sich diese nämlich gegen den Ausschluß der Anwendung des § 6 Abs. 4 NHV bei der Sondernotstandshilfe mit der Begründung wenden, die Notlage herbeiführende Belastungen im Sinne dieser Verordnungsbestimmung seien in allen Fällen gleich zu bewerten, verkennen sie, daß es hier nicht um die Beurteilung der Notlage der Mutter, sondern (zunächst nur) um einen wirtschaftlichen Sachverhalt geht, der dem "Alleinstehen" gleichzuhalten ist. Es wird damit auch nicht "nach dem Familienstand" (offenbar im Sinne von: den Gleichheitsgrundsatz verletzend) differenziert, wie die Beschwerdeführerin meint, sondern - im Gegenteil - anstelle eines ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehenen Differenzierung für den Fall eines dem "Alleinstehen" ähnlichen Sachverhaltes, nämlich bei Zusammenleben mit einem Partner, der über keine oder nur eine geringe Wirtschaftskraft verfügt, nunmehr eine Gleichstellung dieser ähnlichen Sachverhalte auch im Falle des Bestehens einer Ehe vorgesehen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, daß die Gewährung erhöhten Karenzurlaubsgeldes zum Unterschied von Sondernotstandshilfe nicht vom Vorliegen von Notlage bei der Mutter im Sinne der für die Notstandshilfe geltenden Vorschriften abhängt. Angesichts dieser Verschiedenheit der Leistungen läge es - ungeachtet ähnlicher sozialpolitischer Zielsetzungen - nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls im Rahmen des dem Gesetzgeber zukommenden rechtspolitischen Spielraumes, die in Betracht kommenden Kreise der Anspruchsberechtigten - gegebenenfalls - verschieden weit zu ziehen.

Schließlich macht die Beschwerdeführerin noch geltend, daß der Gesetzgeber durch die Verweisung auf § 6 Abs. 3 NHV "in der jeweils geltenden Fassung" in unzulässiger Weise "dynamisch verweise", sodaß eine "formalgesetzliche Delegation" an den Verordnungsgeber vorliege. Auch diesen Ausführungen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen: Die dynamische Verweisung ist eine Form der Delegierung von Normsetzungskompetenz, die - im Rahmen der verfassungsgesetzlich festgelegten Zuständigkeitsordnung - einer gesetzlichen Grundlage bedarf (vgl. dazu KOJA, ÖJZ 1979, 34 mwH). Gemäß Art. 18 Abs. 2 B-VG kann jede Verwaltungsbehörde aufgrund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen. Es ist daher nicht unzulässig, wenn der Gesetzgeber die nähere Ausformung des Begriffs "geringes Einkommen" dem Verordnungsgeber überläßt, sofern er den dem Verordnungsgeber eingeräumten rechtspolitischen Spielraum im Sinne des in Art. 18 Abs. 2 B-VG festgelegten Legalitätsprinzips ausreichend vorherbestimmt. Eine solche ausreichende Determinierung des § 6 Abs. 3 NHV liegt hier aber vor, wie der Regelungszusammenhang dieser Bestimung mit der Verordnungsermächtigung des § 36 Abs. 3 lit. B AlVG 1977 (insbesondere der sublit. a dieser Bestimmung) zeigt. Überdies wäre für die Beschwerdeführerin auch ohne die Verweisung auf § 6 Abs. 3 NHV nichts gewonnen, weil ein monatliches Einkommen des Ehegatten von rund S 12.000,-- weder nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, noch nach dem dargelegten Regelungszweck der zitierten Gesetzesbestimmung als "geringes Einkommen" bezeichnet werden könnte. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher gegen § 39 Abs. 3 AlVG im Sinne der - von ihm gebilligten - Auslegung der belangten Behörde keine Bedenken, die zu einer Antragstellung iS des Art. 139 B-VG Anlaß geben könnten.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992080014.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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