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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BEinstG §8 Abs2 idF 1988/721;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Juni 1991, Zl. MA - BEG 20/90, betreffend Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz (mitbeteiligte Partei: K in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Juni 1991 wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. März 1989, betreffend die Kündigung der mitbeteiligten Partei, keine Folge gegeben und gemäß § 66 Abs. 4 AVG der erstinstanzliche Bescheid, mit dem die Zustimmung zur Kündigung der mitbeteiligten Partei als behinderter Dienstnehmer auf Grund des § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes nicht erteilt worden war, bestätigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird. Die beschwerdeführende Partei sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erlangung der Zustimmung zur Kündigung der mitbeteiligten Partei im Sinne des § 8 des Behinderteneinstellungsgesetzes verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits am 22. Juni 1991 unter Zl. B 1737/90-8 beschlossen, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 2 und des § 12 des Behinderteneinstellungsgesetzes von Amts wegen zu prüfen, weil er Bedenken hegte, daß entgegen Art. 6 Abs. 1 MRK die Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, nämlich die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, einer Verwaltungsbehörde übertragen und damit das Recht auf Gehör durch ein unabhängiges und unparteiisches, über solche Ansprüche und Verpflichtungen entscheidenes Gericht verletzt werde. Die Frage, ob die Kündigung eines begünstigten Behinderten zulässig und wirksam sein solle, sei nach diesem Beschluß zivilrechtlicher Natur, sodaß eine bloß nachprüfende Kontrolle der die Zustimmung erteilenden oder verweigernden Akte durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nicht den Anforderungen des Art. 6 MRK genügten.
Im Zuge des vorliegenden Beschwerdeverfahrens trat der Verwaltungsgerichtshof den dargelegten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes bei und beantragte mit Beschluß vom 30. Oktober 1991, Zl. A 100/91, die Aufhebung des § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 27. September 1988, BGBl. Nr. 721.
Mit seinem Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, G 272/91-8, G 323, 324/91-4 und G 343/91-3, hob der Verfassungsgerichtshof § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetezs in der vorher genannten Fassung im wesentlichen aus den für den Unterbrechungsbeschluß maßgebenden und bereits dargelegten Gründen als verfassungswidrig auf.
Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der vorliegende Beschwerdefall zählt gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG zu den Anlaßfällen der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof. Nach der genannten Bestimmung des B-VG ist die als verfassungswidrig erkannte Regelung auf den Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war, so vorzugehen, als ob § 8 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes schon bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Da es somit dem angefochtenen Bescheid an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090028.X00Im RIS seit
20.02.1992