TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/25 91/04/0258

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Veröffentlicht am 25.02.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z60;
VStG §44a lita;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Ing. A in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. August 1991, Zl. V/1-St-9187, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Laut Anzeige des Gendarmeriepostens D vom 4. Dezember 1989 habe N am 29. November 1989 um 10.00 Uhr beim Einfamilienhaus des Beschwerdeführers in W, X-Straße 213, Natursteinplatten für den Hauseingang verlegt, obwohl er dazu keine Gewerbeberechtigung besessen habe. Der Genannte habe bereits ca. 14 Tage auf dieser Baustelle gearbeitet, wobei er vorher auf die Stiege zur Eingangstür und auf die Dachtraufe Natursteinplatten verlegt habe. Der Beschwerdeführer habe N Anfang November mit den Verlegearbeiten von Natursteinplatten bei seinem Haus im W, X-Straße 213, betraut, wobei er sich aber nicht erkundigt habe, ob der Genannte dafür eine Gewerbeberechtigung besitze.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 28. März 1991 wurde der Beschwerdeführer daraufhin wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben, ohne ihr Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können, wie am 29.11.1989 um 10.00 Uhr im Ortsgebiet von W bei ihrem Wohnhaus in der X-Straße Nr. 213 durch einen Gendarmeriebeamten festgestellt wurde, Herrn N, geb. 1931, beauftragt, beim Hauszugang Natursteinplatten zu verlegen, obwohl Sie wissen mußten, daß dieser nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung (Pflasterergewerbe) ist."

Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 60 GewO 1973 begangen und es werde hiefür nach dem Einleitungssatz des § 367 leg. cit. eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 72 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die im Spruch dieses Straferkenntnisses angeführte Verwaltungsübertretung stütze sich auf dienstliche Wahrnehmungen von Gendarmeriebeamten des Postens D, die auf Grund einer anonymen Anzeige eine Überprüfung durchgeführt hätten. Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 6. Februar 1990 habe der Beschwerdeführer zeitgerecht Einspruch erhoben und diesen damit begründet, daß es sich um einen Auftrag geringfügiger Größenordnung gehandelt habe, und daß N auf Grund einer saisonbedingten Leerlaufzeit bereit gewesen sei, die Arbeiten durchzuführen. Diese Rechtfertigung sei nicht geeignet, den Beschwerdeführer vom Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 60 GewO 1973 zu entlasten. Er hätte sich mit der erforderlichen Sorgfaltspflicht davon zu überzeugen gehabt, ob N im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung sei.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, es sei richtig, daß er N gebeten habe, die gegenständlichen Natursteinplatten vor seinem Hauszugang zu verlegen. Ihm sei bekannt, daß der Genannte mehrere Gewerbeberechtigungen besitze, wie z.B. "eine Betonsteinerzeugung und einen Baustoffhandel". Er sei der festen Überzeugung, daß N auf Grund dieser Gewerbeberechtigung zur Verlegung dieser Platten berechtigt sei. Im Zeitpunkt der Auftragserteilung sei er jedenfalls davon überzeugt gewesen, daß N zur Durchführung dieser Arbeiten berechtigt sei. Es sei für ihn kein ersichtlicher Anlaß gegeben gewesen, eine Erkundigung über den genauen Gewerberechtsumfang des Genannten "durchzuführen". Seiner Ansicht nach sei ihm das auch nicht zumutbar. Er habe sich jedenfalls von seiner Überzeugung leiten lassen, daß N zur Durchführung dieser Arbeiten befugt sei.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. August 1991 wurde der Berufung keine Folge gegeben und das erstbehördliche Straferkenntnis bestätigt. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, wie die Bezirkshauptmannschaft durch das Gendarmeriepostenkommando D habe feststellen können, sei N lediglich zur Ausübung des Deichgräbergewerbes berechtigt. Der Beschwerdeführer habe daher wissen müssen, daß der von ihm beauftragte N keine Berechtigung zur Ausübung des Pflasterergewerbes besitzt. Die Bestrafung des Beschwerdeführers sei daher zu Recht erfolgt. Die weiteren Begründungsausführungen betreffen die Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der sowohl in der Strafverfügung als auch im erstbehördlichen Straferkenntnis angeführte Zeitpunkt "29.11.89 um 10.00 Uhr" beziehe sich eindeutig nicht auf den Tatzeitpunkt, sondern auf den Zeitpunkt der Erhebung durch einen Gendarmeriebeamten. Der Zeitpunkt der Feststellung einer Tat sei aber für den Spruch des Bescheides unerheblich. Der Tatzeitpunkt sei weder festgestellt, noch angeführt, noch erhoben worden. Es sei im gesamten Verfahren nicht zu Tage getreten, daß er am 29. November 1989 N einen "Auftrag" erteilt hätte. Des weiteren rügt der Beschwerdeführer mangelnde Erhebungen und Feststellungen über die Frage seines von der Behörde angenommenen Verschuldens und bringt schließlich noch vor, die in Rede stehende Strafbestimmung setze keinen Maßstab, nach welchem das Tatbestandsmerkmal des "Wissen-Müssens" zu beurteilen sei. Richtigerweise könnte die Bestimmung statt "wissen mußte" lauten: "wußte". Es werde daher angeregt, gemäß Art. 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen.

Gemäß § 367 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer - Z. 60 -, ohne sein Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können, sich durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt oder einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt, obwohl er wissen mußte, daß der andere durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 oder 2 GewO 1973 begeht oder dies nach seinem Beruf oder seiner Beschäftigung bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen konnte, und zwar auch dann, wenn der andere nicht strafbar ist.

In § 367 Z. 60 GewO 1973 wird das Tatverhalten durch zwei Alternativtatbestände umschrieben, von denen der eine darauf abstellt, daß "sich" eine Person "durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen läßt", während die andere Tatbestandsalternative darauf abstellt, daß eine Person "einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt" (vgl. hiezu die Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 10. September 1991, Zl. 90/04/0332).

Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters bereits in seinem Erkenntnis vom 22. März 1988, Zl. 87/04/0166, dargetan hat, handelt es sich beim zweiten Tatbestand "... einen anderen zu einer Tätigkeit veranlaßt ..." um eine lex specialis zur entsprechenden Bestimmung des § 7 VStG 1950.

Nach § 44a lit. a VStG 1950 hat ein Schuldspruch "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Im Hinblick auf diese Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß nicht nur die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, sondern daß insbesondere auch die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Es sind somit entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).

Im Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses - der, ungeachtet der hievon abweichenden Darstellung in der Sprucheinleitung des angefochtenen Bescheides, im Hinblick auf dessen normativen Spruchinhalt vollinhaltlich übernommen wurde - wurde dem Beschwerdeführer nach dem objektiv zu beurteilenden Wortlaut inhaltlich vorgeworfen, N beauftragt zu haben, beim Hauszugang Natursteinplatten zu verlegen, obwohl er wissen mußte, daß dieser nicht im Besitz der hiezu erforderlichen Gewerbeberechtigung (Pflasterergewerbe) sei, "wie am 29.11.1989 um 10.00 Uhr im Ortsgebiet von W bei ihrem Wohnhaus in der X-Straße Nr. 213 durch einen Gendarmeriebeamten festgestellt wurde".

Der Spruch des der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zugrundeliegenden Straferkenntnisses enthält somit im Sinne der diesbezüglich zutreffenden Einwendungen des Beschwerdeführers nicht die Bezeichnung des Tatzeitpunktes der dem Beschwerdeführer angelasteten Tathandlung, sondern lediglich den Zeitpunkt deren Feststellung.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon im Hinblick darauf den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringes bedurfte, schon im Hinblick darauf gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040258.X00

Im RIS seit

25.02.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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