TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/25 88/07/0109

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Veröffentlicht am 25.02.1992
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Index

L66204 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Oberösterreich;
80/06 Bodenreform;

Norm

GSGG §1 Abs1;
GSGG §1;
GSGG §2;
GSLG OÖ §1 Abs1;
GSLG OÖ §3 Abs1;
GSLG OÖ §31 Abs1;
GSLG OÖ §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des DN und der AN in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 1988, Zl. Bod-4117/5-1988, betreffend landwirtschaftliches Bringungsrecht (mitbeteiligte Partei: FB in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen an Aufwendungen dem Land Oberösterreich insgesamt S 3.035,-- und dem Mitbeteiligten insgesamt S 11.480,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. März 1988 stellte die Agrarbezirksbehörde Linz (ABB) gemäß den §§ 1 und 31 Abs. 1 des

O.ö. Bringungsrechtegesetzes, LGBl. Nr. 19/1962 (BRG), fest, daß das von der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei begehrte landwirtschaftliche Bringungsrecht zugunsten der Grundstücke Nr. nn1, nn2, nn3 und nn4, alle KG W, nicht unter die Bestimmungen über die Einräumung von Bringungsrechten falle, weil es in bezug auf diese dem Mitbeteiligten gehörenden und von ihm selbst landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, die bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen jederzeit vom öffentlichen Weg Nr. nn5 KG W erreicht werden könnten, keinen Erschließungsmangel gebe.

Der Berufung des Mitbeteiligten gab der Landesagrarsenat beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit Erkenntnis vom 7. Juli 1988 gemäß § 1 AgrVG 1950, § 66 Abs. 4 AVG 1950 sowie §§ 1 und 31 Abs. 1 BRG Folge und änderte den Bescheid der ABB dahin ab, daß festgestellt werde, besagter Antrag des Mitbeteiligten falle unter die Bestimmungen über die Einräumung von Bringungsrechten. Begründend wurde unter Hinweis auf die §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 31 Abs. 1 BRG im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Im vorliegenden Fall habe der Landesagrarsenat zunächst untersuchen müssen, ob die Voraussetzungen zur Einleitung eines Verfahrens nach dem Bringungsrechtegesetz gegeben seien. Insbesondere sei zu prüfen gewesen, ob die im Bescheid der ABB angegebenen Grundstücke des Mitbeteiligten landwirtschaftlich genutzt würden, ob dieser Eigentümer, Fruchtnießer oder Pächter der Flächen sei und ob Zurückweisungsgründe vorlägen.

Bei der Berufungsverhandlung hätten der Erstbeschwerdeführer und sein Vertreter die Ansicht geäußert, der sogenannte Teichtweg sei für die landwirtschaftliche Nutzung ausreichend, da dort (im nordwestlichen Bereich) auch bisher zur Liegenschaft des Mitbeteiligten zu- bzw. abgefahren und unter anderem der Neubau eines Wohnhauses abgewickelt worden sei; daß der Teichtweg unter Umständen befestigt werden sollte, könne zu keiner anderen rechtlichen Würdigung führen; der südliche Wegabschnitt hingegen verlaufe über eine schmale, nicht ungefährliche Brücke, es sei dort der Bahnübergang sehr schräg angelegt und es müsse in die stark befahrene Bundesstraße ausgefahren werden; im übrigen liege unmittelbar bei der Bahn ein Dränageschacht. Der Mitbeteiligte und sein Vertreter hätten bei der Senatsverhandlung erklärt, wegen der nach wie vor schlechten Zufahrtsverhältnisse sei ein Bringungsrechteverfahren die einzige Möglichkeit, eine Fahrverbesserung zu erreichen; die für den im Jahre 1969 erfolgten Hausbau notwendigen Fahrten hätten nur wegen der damaligen besonderen Trockenheit des Bodens über den T-Weg durchgeführt werden können; der Ausbau des südlichen Wegteiles (in Richtung Bahnübergang) würde nur ganz wenig Fremdgrund beanspruchen. Der Vertreter der Gemeinde habe bei derselben Gelegenheit ausgeführt, da der Südteil des Weges nur vom Mitbeteiligten benützt werde, sei von der Gemeinde der Ausbau bisher nicht durchgeführt worden.

Der Mitbeteiligte sei Eigentümer der von ihm für die in Rede stehende Bringungsberechtigung bezeichneten Grundstücke; diese würden landwirtschaftlich genutzt. Zurückweisungsgründe im Sinne der §§ 3 Abs. 1 und 31 Abs. 1 BRG lägen nicht vor, weil der antragstellende Mitbeteiligte Eigentümer der genannten landwirtschaftlich genutzten Grundstücke sei und öffentliche Rücksichten dem Antrag nicht entgegenstünden.

Die Erschließung und Bewirtschaftung der 2,2745 ha großen Liegenschaft des Mitbeteiligten erfolge derzeit über die öffentlichen Wege Nr. nn5 und nn6, ausgehend von der X-Bundesstraße Nr. nn7. Der öffentliche Weg Nr. nn5 sei in westlicher Richtung unbefestigt und deshalb mit schwereren Fahrzeugen (vor allem bei Nässe) nicht befahrbar. Der öffentliche Weg Nr. nn8 (früher ein Fußweg) sei teilweise umgeackert worden. Der Südteil des Weges Nr. nn5, ausgehend vom Bahndamm der Y-Bahn sei schmal, unübersichtlich und führe an der Grenze des Grundstücks nn3 des Mitbeteiligten und der Parzellen Nr. nn9 und nn10 der Beschwerdeführer über eine schmale Betonplattenbrücke über den vorhandenen ca. 1,5 m bis 2 m breiten Bach. Auf Grund der Erschließungsverhältnisse (unbefestigter Weg, Unübersichtlichkeit beim schienengleichen Bahnübergang, zu geringe Fahrbahnbreite des derzeitigen Brückenobjektes und mangelhafte Kurvenverhältnisse im Brückenbereich) sei der Landesagrarsenat in Ansehung der zitierten Bestimmungen zur Auffassung gelangt, daß ein Bringungsmangel von vornherein nicht ausgeschlossen werden könne. Der Berufung des Mitbeteiligten sei daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid im spruchgemäßen Ausmaß abzuändern gewesen. Die Ausführungen der Erstbehörde, auf Grund der verfassungs-, straßen- und gemeinderechtlichen Bestimmungen bestehe in den öffentliche Wege betreffenden Angelegenheiten keine agrarbehördliche Zuständigkeit, seien zwar grundsätzlich richtig; nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Agrarsenates schließe jedoch das Vorhandensein eines öffentlichen Weges nicht von vornherein einen Bringungsmangel im Sinne des § 1 BRG aus; das Gesetz knüpfe nämlich die Zulässigkeit eines Bringungsrechteverfahrens nicht nur daran, daß überhaupt keine Verbindung vorhanden, sondern auch daran, daß eine an sich vorhandene Wegverbindung unzulänglich sei oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belaste. Aus den Bestimmungen des BRG vor allem aus dessen § 4 Abs. 2 könne geschlossen werden, daß vorhandene öffentliche Wegeverbindungen die Einräumung eines Bringungsrechtes nicht ausschlössen.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachten, nicht als in irgendeiner Weise Verpflichtete mit ihren Grundflächen für ein Bringungsrecht des Mitbeteiligten in Anspruch genommen zu werden.

Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn die Beschwerdeführer zunächst meinen, daß der ursprünglich von der Bezirksbauernkammer im Interesse des Mitbeteiligten gestellte Antrag auf ein "Notwegerecht" gerichtet und hiefür das Bezirksgericht, nicht die Agrarbehörde zuständig gewesen wäre, ist ihnen zu erwidern, daß die ABB und die belangte Behörde nicht über ein solches im Sinn des Gesetzes RGBl. Nr. 140/1896, sondern allein betreffend ein - wie gleich zu zeigen ist, vom Mitbeteiligten auch beantragtes -landwirtschaftliches Bringungsrecht und somit unzweifelhaft zuständigerweise entschieden haben.

Die Beschwerdeführer vertreten auch den Standpunkt,der gestellte Antrag wäre richtigerweise der Bezirksbauernkammer zuzurechnen; abgesehen aber davon, daß diese für sich keinen Bedarf an einem Bringungsrecht geltend gemacht hat, geht spätestens aus dem Vorbringen des Mitbeteiligten bei der mündlichen Verhandlung vor der ABB hervor, daß dieser im eigenen Namen die Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes begehrt hat. Entgegen der Anschauung der Beschwerdeführer war der Mitbeteiligte daher auch zur Erhebung der Berufung legitimiert.

Die Beschwerdeführer sind des weitern der Ansicht, der Antrag des Mitbeteiligten hätte zurückgewiesen werden müssen. Dazu wäre die Behörde gemäß § 31 Abs. 1 BRG dann gehalten gewesen, wenn sich der Antrag schon von vornherein als unzulässig erwiesen hätte; das Vorliegen einer Voraussetzung dazu ist im angefochtenen Erkenntnis ausdrücklich verneint worden. Die Beschwerdeführer glauben Gründe in dieser Richtung einerseits darin zu erblicken, daß der begehrten Einräumung eines Bringungsrechtes gemäß § 3 Abs. 1 BRG öffentliche Rücksichten entgegenstünden, weil ein öffentlicher Weg in Anspruch genommen, zweimal ein unbeschrankter Bahnübergang überquert und eine verkehrsgefährdende Einfahrt in die Bundesstraße in Kauf genommen werden müßte, ferner weil die dazu erforderlichen Bewilligungen anderer Behörden ausstünden. Mit dem angefochtenen Erkenntnis ist aber gar keine Bringungstrasse festgelegt und überhaupt kein Bringungsrecht eingeräumt, sondern lediglich die Feststellung getroffen worden, daß das begehrte Bringungsrecht unter die Bestimmungen über die Einräumung eines solchen nach dem BRG falle. Insofern ist aber jedenfalls ein Gegensatz zu öffentlichen Rücksichten nicht erkennbar. Wenn die Beschwerdeführer andererseits im selben Zusammenhang auf § 3 Abs. 4 BRG hinweisen, wonach ein Bringungsrecht nicht zum Zweck eingeräumt werden darf, Teile einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft einer der landwirtschaftlichen Nutzung entfremdeten Verbauung oder einer sonstigen nicht landwirtschaftlichen Nutzung zuführen zu können, und daran erinnern, daß der Mitbeteiligte im erstinstanzlichen Verfahren erwähnt habe, daß bei der derzeit bestehenden, als unzulänglich angesehenen Zufahrtsmöglichkeit in Zukunft auch eine Müllabfuhr nicht möglich wäre, ist zu bemerken, daß dieses Argument - dem nach seinem ganzen sonstigen Vorbringen auch vom Mitbeteiligten offensichtlich keine zentrale Bedeutung beigemessen wurde (und das schon in der Berufung nicht mehr vorkommt) - bei der von der belangten Behörde für ihre Entscheidung angeführten Begründung zu Recht keine Rolle gespielt hat.

Die Beschwerdeführer berufen sich weiter auf die Feststellung der ABB, wonach die bestehende Wegverbindung völlig ausreiche; in diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer auf "alle angrenzenden Nachbarn", die ihre Bewirtschaftung über den T-Weg anstandslos durchführen könnten, und meinen, Schwertransporte seien für den Betrieb des Mitbeteiligten - dessen Bewirtschaftungsart samt deren Zweckmäßigkeit nicht erhoben worden sei - nicht erforderlich; zur Witterungsunabhängigkeit könnte der öffentliche Weg besser befestigt werden, doch falle dies nicht in die Zuständigkeit der Agrarbehörden.

Die ABB hat demgegenüber - folgt man der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - nicht den Standpunkt vertreten, die bestehenden Zufahrtsverhältnisse seien ihrer Beschaffenheit nach völlig ausreichend. Sie hat lediglich erklärt, die betroffenen Grundstücke des Mitbeteiligten könnten vom Weg Nr. nn5 aus "erreicht" werden. Die ABB hat darüber hinaus, was die Frage des Zustandes dieser Wegverbindung anlangt, auf die Zuständigkeit der Gemeinde verwiesen, für eine Verbesserung oder einen Ausbau des Weges zu sorgen. Auf die Äußerungen des dem erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen hat sich die ABB nicht gestützt. Wenn die belangte Behörde dementgegen die Argumentation der ABB über die Zuständigkeit der Straßenbehörde für Wegerhaltungs- und -verbesserungsmaßnahmen nicht zum Anlaß genommen hat, einen fehlenden Bedarf an einem landwirtschaftlichen Bringungsrecht vorweg zu verneinen, befindet sie sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die für die Einräumung eines Bringungsrechtes gemäß § 1 Abs. 1 BRG vorausgesetzte zumindest erhebliche Beeinträchtigung einer zweckmäßigen Bewirtschaftung des betreffenden landwirtschaftlichen Betriebes - ob eine solche Beeinträchtigung tatsächlich besteht, wird im Beschwerdefall erst das weitere Verfahren ergeben - nicht dadurch behoben wird, daß ein öffentlicher Weg vorhanden ist, der sich, vom Betriebsinhaber und der Agrarbehörde unbeeinflußbar, zu der für den landwirtschaftlichen Betrieb notwendigen Verkehrsverbindung nicht eignet (siehe das Erkenntnis vom 12. April 1988, Zl. 87/07/0181).

Dadurch, daß die belangte Behörde aufgrund der ihr bekannt gewordenen Umstände insgesamt zum Ergebnis gekommen ist, bei den von ihr beschriebenen, gewisse Mängel aufweisenden Erschließungsverhältnissen sei in bezug auf die betroffenen landwirtschaftlich genutzten Flächen des Mitbeteiligten ein Bringungsmangel nicht von vornherein auszuschließen, hat sie mit ihrer Feststellung gemäß § 31 Abs. 1 BRG, der gestellte Antrag sei nach den Bestimmungen über die Einräumung landwirtschaftlicher Bringungsrechte zu behandeln, das Gesetz nicht verletzt. Ein § 2 Abs. 2 BRG - wonach landwirtschaftliche Bringungsanlagen Bringungs- oder Seilwege sind - widersprechender Antrag wurde nicht gestellt. Die in der Beschwerde genannten weiteren Einzelfragen brauchten in dem das Bringungsrechteverfahren lediglich einleitenden Feststellungsbescheid noch nicht beantwortet zu werden. Im übrigen wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BRG verwiesen (deren Zusammenfassung das Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/07/0067, enthält), wonach es den Parteien, die von einem Bringungsrecht betroffen sein könnten, unbenommen bleibt, im zweiten Verfahrensabschnitt alles zur Geltendmachung ihres Standpunktes Erforderliche vorzubringen, worauf sich die Behörde damit in einer den Verfahrensvorschriften entsprechenden Weise auseinanderzusetzen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988070109.X00

Im RIS seit

25.02.1992

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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