TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/25 91/04/0294

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Veröffentlicht am 25.02.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z26 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, in der Beschwerdesache des M in D, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom

8. Okober 1991, Zl. 5/02-12.254/5-1991, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 1991 erging gegen den Beschwerdeführer ein Schuldspruch folgenden Inhaltes:

"Sie haben es als der gemäß § 370 der Gewerbeordnung verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführer der Fa. Handelsgesellschaft AG und Co KG zu verantworten, daß die mit Bescheid des Magistrates Salzburg vom 3. Juli 1986, Zl. I/2-5762/1986, genehmigte Betriebsanlage zur Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 103 (1) lit. b Z. 25 Gewerbeordnung 1973, eingeschränkt auf den Einzelhandel, am Standort S, J-Str. 8, seit Anfang des Jahres 1988 nicht entsprechend den Bestimmungen des Genehmigungsbescheides geführt wurde, da

a) 1. die Warenlieferungen zum Geschäftslokal mit LKWs, die nicht Milchprodukte lieferten, an mehreren Tagen pro Woche, so z. B. am 27.10.1989, 04.45 Uhr, 30.10.1989, 04.45 Uhr, 5.12.1989, 03.25 Uhr, 17.01.1990, 03.15 Uhr, 18.01.1990, 03.15 Uhr, 14.03.1990, 04.15 Uhr erfolgt sind, was mit einer Ladetätigkeit ab dieser Zeit verbunden war, obwohl im Auflagenpunkt 1. des oben zitierten Bescheides die Betriebszeiten einschließlich der Ladezeiten auf die Zeit von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr (ausgenommen die Lieferung von Milchprodukten) beschränkt wurden;

b) eine genehmigungspflichtige Änderung bzw. Erweiterung dadurch vorgenommen wurde, daß auf den im Lageplan über die Genehmigung dieser Betriebsanlage unter Nr. 22, 23 und 24 bezeichneten Flächen zum Aufstellen von PKWs 4 Glascontainer aufgestellt wurden, ohne im Besitze einer hierfür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigung zu sein.

Sie haben dadurch, folgende Rechtsvorschriften verletzt: zu

a) 1. § 367 Z. 26 i.Z.m. § 74 (2) Gewerbeordnung

zu b) § 366 (1) Z. 4 i.Z.m. § 81 (1) Gewerbeordnung."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gleichzeitig wurde das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen eines weiteren Tatvorwurfes gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG 1950 eingestellt.

Nur gegen den verurteilenden Teil dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den nachstehenden Rechten verletzt: 1. Recht auf ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren, 2. Recht auf Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts, 3. Recht auf ordnungsgemäße Strafbemessung und 4. Recht, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bestraft zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer zusammengefaßt vor, es sei der Tatzeitpunkt insofern unklar gefaßt, als ihm einerseits ein Tatzeitraum seit Anfang des Jahres 1988 vorgeworfen werde, andererseits aber nur sechs konkrete Tatzeitpunkte genannt würden. Hinsichtlich des Vorwurfes der unzulässigen Ladetätigkeit sei nicht konkretisiert, worin die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführer liege, weil ihm ein Verhalten der Lieferanten nicht zur Last gelegt werden könne. Zum Faktum Glascontainer sei schließlich nicht ersichtlich, warum deren Aufstellung genehmigungspflichtig sein solle.

Die Beschwerde erweist sich schon aufgrund nachstehender Erwägungen als berechtigt:

1. Zum Spruchpunkt a) 1.

Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 oder § 82a Abs. 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Nach der im vorliegenden Fall noch anzuwendenden Bestimmung des § 44a lit. b VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist.

In Ansehung des § 367 Z. 26 GewO 1973 stellt die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, die Strafbestimmung des § 367 Z. 26 in Verbindung mit der konkret bezeichneten Untergliederung jenes Bescheides dar, in dem die in Rede stehende Auflage vorgeschrieben wurde.

Die belangte Behörde trennte im vorliegenden Fall den Spruch des angefochtenen Bescheides nach Darstellung des Sachverhaltes (§ 44a lit. a VStG 1950) und nach Bezeichnung der verletzten Verfahrensvorschrift. In Hinsicht darauf widerspricht der angefochtene Bescheid insofern der dargestellten Rechtslage, als in dem § 44a lit. b

VStG betreffenden Spruchteil zum Spruchpunkt a) 1. als verletzte Norm lediglich § 367 Z. 26 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 GewO 1973, nicht aber jener Punkt des in Frage kommenden Betriebsanlagengenehmigungbescheides genannt ist, in dem die in Rede stehende Auflage normiert wird.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid in seinem Spruchpunkt a) 1. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

2. Zum Spruchpunkt b)

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde

(§§ 333,334,335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Zufolge § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Gemäß § 44a lit. a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotnormen ersetzt werden können (vgl. hiezu insbesondere die hg. Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F.Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F.Nr. 11.894/A).

Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als darin jene Sachverhaltselemente nicht enthalten sind, aus denen sich ergibt, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage genehmigungspflichtig im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1973 ist, weil sie geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen zu berühren.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid auch in diesem Punkt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen und sonstige dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Bestimmtheit der im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen, einzugehen gewesen wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040294.X00

Im RIS seit

25.02.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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