Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Dr. G in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. August 1991, Zl. IIb 2-V-8729/6-91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Übertretungen nach § 20 Abs. 2 StVO und nach § 52a Z. 10 lit. a StVO wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen - also hinsichtlich der Übertretung nach 5 16 Abs. 2 lit. a StVO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. August 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 1. Jänner 1990 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Inntalautobahn A 12 von Telfs in Richtung Imst fahrend 1) um 15.26 Uhr bei km 120, im Gemeindegebiet von Haiming, die auf Autobahnen gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h, 2) um 15.28 Uhr bei km 125,2 im Bereich des Autobahnendes in Roppen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 67 km/h überschritten und 3) um 15.28 Uhr bei km 125,2 im Bereich des Autobahnendes in Roppen auf einer Straßenstelle, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sei, ein mehrspuriges Fahrzeug überholt. Er habe hiedurch Übertretungen nach 1) § 20 Abs. 2, 2) § 52a Z. 10 lit. a und 3) § 16 Abs. 2 lit. a StVO 1960 begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, in der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Verwaltungsstrafverfahren erster und zweiter Instanz wiederholt die Ergänzung des Beweisverfahrens durch Befragung der Meldungsleger beantragt, ob diese zum Zeitpunkt des Vorbeifahrens seines Fahrzeuges gestanden seien oder ob sie überholt worden seien, wo sie gestanden bzw. wo sie überholt worden seien, wie es möglich sei, ca. 30 m hinter seinem Fahrzeug nachzufahren, wenn er angeblich mit rund 170 bis 180 km/h an den Meldungslegern vorbeigefahren sei, insbesondere, wenn diese am Straßenrand gestanden und nicht von ihm überholt worden seien, mit weichem Fahrzeug sie ihm wie lange gefolgt seien und wie lange (Wegstrecke) ihm die Meldungsleger nachgefahren seien. Die belangte Behörde habe sich über all diese Beweisanträge hinweggesetzt und dadurch ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen der Geschwindigkeit von dessen Tachometer stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar; die Beurteilung, ob dieses Beweismittel im Einzelfall zur verläßlichen Geschwindigkeitsfeststellung ausreicht, erfordert jedoch die Ermittlung der näheren Umstände des Nachfahrens (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1989, Z1. 88/03/0176). Voraussetzung für die Geschwindigkeitsfeststellung ist insbesondere, daß das Nachfahren über eine Strecke und eine Zeitspanne erfolgt, die lange genug sind, um die Einhaltung derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können. Weiters bedarf es einer gewissen Zeit, um die eigene Fahrtgeschwindigkeit auf die des beobachteten Fahrzeuges einzustellen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes des 19. Dezember 1990, Z1. 90/02/0153).
Im Beschwerdefall ist der Anzeige lediglich zu entnehmen, daß die dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretungen von einer Patrouille der Autobahngendarmerie durch konstantes Nachfahren mit einem Zivilstreifenfahrzeug festgestellt worden seien. Der Zeugenaussage der Meldungsleger läßt sich als zusätzliche Information nur entnehmen, daß das Gendarmeriefahrzeug in einem Abstand von ca. 30 m hinter den Fahrzeug des Beschuldigten nachgefahren sei. Es fehlen aber insbesondere Feststellungen darüber, über welche Strecke die Meldungsleger dem Beschwerdeführer nachgefahren sind. Eine Ermittlung der näheren Umstände des Nachfahrens wäre aber im Beschwerdefall schon deswegen erforderlich gewesen, um feststellen zu können, wie es den Meldungslegern bei der ihren Angaben zufolge vom Beschwerdeführer eingehaltenen Geschwindigkeit (180 km/h) möglich war, ihn einzuholen.
Die Wahrnehmung der Übertretung des Überholverbotes steht in keinem untrennbaren Zusammenhang mit jener der Geschwindigkeitsübertretungen. Der Beschwerdeführer hat auch in keinem Verfahrensstadium ein konkretes Vorbringen erstattet, das geeignet wäre, die diesbezüglichen Angaben des Meldungslegers zu widerlegen.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Übertretungen nach § 20 Abs. 2 StVO und nach § 52a Z. 10 lit. a StVO gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und bezüglich der Übertretung nach § 16 Abs. 2 lit. a StVO gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erübrigt sich.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. W i e n , am 26. Februar 1992