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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Dorner, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 1990, Zl. 4.304.517/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, reiste am 27. Oktober 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 29. Oktober 1990 einen Antrag auf Asylgewährung. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsbehörde am 2. November 1990 gab der Beschwerdeführer an, er sei wegen seines Beitrittes zur oppositionellen national-liberalen Partei im Februar 1990 von seinen Arbeitskollegen und von der Betriebsleitung ständig gehänselt worden. Nachdem er seinen Reisepaß erhalten habe, sei der Beschwerdeführer im März 1990 zunächst in die Türkei ausgereist, von wo er trotz eines Antrages auf Asylgewährung nach Bulgarien abgeschoben worden sei. Nach einem Aufenthalt in Jugoslawien und dem erfolglosen Versuch, nach Italien einzureisen, sei der Beschwerdeführer im August 1990 in sein Heimatland zurückgekehrt. Seine Gattin habe ihm berichtet, daß versucht worden sei, sie wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen im Juni (1990) mit dem Auto zu überfahren. Ende August 1990 habe man versucht, auch den Beschwerdeführer mit dem gleichen Auto zu überfahren. Der Beschwerdeführer habe nach seiner Rückkehr nur den halben Lohn ausbezahlt erhalten und sei täglich anonymen telefonischen Warnungen ausgesetzt gewesen.
Mit Bescheid vom 5. November 1990 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, die belangte Behörde sei nach Prüfung der Angaben des Beschwerdeführers zu der Auffassung gelangt, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Der Beschwerdeführer habe keine Umstände glaubhaft machen können, die für eine begründete Furcht vor Verfolgung sprächen. Der Beschwerdeführer, der sein Heimatland bereits einmal verlassen habe, wäre dorthin nicht zurückgekehrt, hätte er tatsächlich Verfolgung befürchten müssen. Die Verfoglung von Asylwerbern, die sich regimekonform verhalten hätten, nur in untergeordneten Rollen politisch tätig gewesen seien oder für deren Verfolgung kein schlüssiges Motiv feststellbar sei, sei nicht glaubwürdig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft und auf Feststellung seiner Aufenthaltsberechtigung verletzt. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen, sich mit seinem Vorbringen ausreichend auseinanderzusetzen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde den von ihm ins Treffen geführten "Mordanschlag, welcher durch einen Verkehrsunfall verschleiert werden sollte", nicht zum Anlaß für die Feststellung einer Flüchtlingseigenschaft genommen habe.
Die belangte Behörde ist zwar auf dieses Vorbringen nicht ausdrücklich eingegangen, doch kann der Umstand, daß sie darin offenbar keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Konvention erblickt hat, angesichts des Fehlens jeglicher Anhaltspunkte dafür, daß dieser "Mordanschlag" von staatlichen Stellen ausgegangen bzw. geduldet worden wäre, den angefochtenen Bescheid nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten. Gleiches gilt für die ebenfalls von der belangten Behörde nicht eigens behandelten anonymen Anrufe.
Da sohin die belangte Behörde auch bei Eingehen auf dieses Vorbringen zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können, erweist sich auch die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge als unbegründet. In Anbetracht der vom Beschwerdeführer geltend gemachten - wie dargelegt aber für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht ausreichenden - Fluchtgründe kann auch aus den weiteren Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides - unabhängig davon, ob diesen zu folgen ist - bzw. aus dem Fehlen einer umfassenden Bescheidbegründung ein wesentlicher Verfahrensmangel nicht abgeleitet werden.
Soweit der Beschwerdeführer geltend gemacht hat, die belangte Behörde wäre deshalb zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig gewesen, weil der erstinstanzliche Bescheid keine dem Gesetz entsprechende Fertigung, sondern lediglich eine unleserliche Paraphe aufweise und somit ein erstinstanzlicher Bescheid in Wahrheit nicht vorliege, übersieht er, daß der erstinstanzliche Bescheid nicht nur eine Paraphe, sondern auch die leserliche Beifügung des Namens des Unterfertigenden aufweist. Damit liegen aber die in § 18 Abs. 4 AVG normierten Voraussetzungen für die rechtsgültige Unterfertigung behördlicher Erledigungen und somit auch von Bescheiden vor. Die belangte Behörde war daher berechtigt, über die Berufung des Beschwerdeführers meritorisch zu entscheiden.
Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991010018.X00Im RIS seit
26.02.1992