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L37049 Ankündigungsabgabe Wien;Norm
AnkündigungsabgabeG Wr 1983 §2 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 18. Jänner 1989, Zl. MDR-F 27/88, betreffend Ankündigungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug eine Ankündigungsabgabe "gemäß § 1, 4 Abs. 1, 5, 6 Abs. 2 sowie § 8 Abs. 4 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 23. Mai 1985, Nr. 21," für Ankündigungen im Hausflur privater Wohnhäuser in Höhe von S 5.810,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Rechtslage anders sei als die mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1983, Zlen. 82/17/0139, 0140, beurteilte in der Landeshauptstadt Graz. In Wien sei grundsätzlich davon auszugehen, daß die Hausflure dem allgemeinen Zutritt offenstünden. Dies ergebe sich aus der Kundmachung des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien vom 7. Februar 1972, MA 62-I/120/71, über die Haustorsperre und die Hausbeleuchtung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 11, wo ausdrücklich angeordnet sei, daß die Haustore in der Zeit von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr offenzuhalten seien. Daß in bestimmten Fällen Ausnahmen möglich seien, ändere an der allgemein geltenden Rechtslage nichts. Somit stünden Hausflure dem allgemeinen Zutritt offen und seien damit den öffentlichen Räumen gleichzuhalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, mangels Öffentlichkeit ihrer Ankündigungen keine Ankündigungsabgabe entrichten zu müssen.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der den Gegenstand der Abgabenpflicht umschreibende § 2 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 19, und der inhaltsgleiche § 2 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien vom 26. April 1985, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 21/1985, haben folgenden Wortlaut:
"§ 2 (1) Als Ankündigungen im Sinne des § 1 sind alle Ankündigungen durch Druck, Schrift, Bild oder Ton anzusehen, die an öffentlichen Verkehrsanlagen (Verkehrs- oder Erholungsflächen, Eisenbahnen, Flußläufen u.dgl.) oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Licht- oder Schallwirkung oder durch besondere Apparate hervorgebracht werden.
(2) Öffentlich im Sinne dieses Gesetzes sind auch Ankündigungen auf Privatliegenschaften oder in Privaträumen, wenn sie von öffentlichen Verkehrsanlagen aus wahrgenommen werden.
(3) Privaträume sind öffentlichen Räumen gleichzuhalten, wenn sie dem allgemeinen Zutritt offenstehen; hiezu gehören zum Beispiel Gastwirtschaften, Vergnügungslokale, Theater, Ausstellungsräume, Verkaufsläden, Bahnhofsräume, Gartenanlagen u. dgl. Der Umstand, daß solche Räume nur vorübergehend oder nur gegen Entgelt betreten werden können, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft eines öffentlichen Raumes im Sinne dieses Gesetzes.
(4) Als öffentliche Räume gelten auch die in Wien verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel.
(5) Ankündigungen im Sinne des § 1 sind ferner alle fremden Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fersehrundfunk), die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen."
Im Beschwerdefall steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lediglich in Streit, ob die Ankündigungen der Beschwerdeführerin "öffentliche" im Sinne der eben im Wortlaut wiedergegebenen Rechtsvorschriften darstellen oder nicht. Die belangte Behörde stützt hiebei ihre Rechtsansicht, daß dies der Fall sei, auf den Umstand, daß die Haustore in Wien grundsätzlich tagsüber offenzuhalten seien.
Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung als die zur Rechtslage in der Landeshauptstadt Graz im hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1983, Zlen. 82/17/0139, 0140, getroffene. Da wie dort lassen nämlich die maßgebenden Rechtsvorschriften durch beispielsweise Aufzählungen erkennen, daß Privaträume nur unter besonderen Umständen "öffentlichen Räumen" gleichzuhalten sind, nämlich dann, wenn im Sinne des Zweckes der Abgabe, den Reklamewert von Ankündigungen zu besteuern, VON VORNHEREIN damit gerechnet werden muß, daß die Ankündigungen einen größeren Personenkreis erreichen. Davon, daß dies schon deswegen der Fall ist, weil Haustore in Wien grundsätzlich tagsüber offenzuhalten sind, kann aber keine Rede sein. Auch das im bezogenen hg. Erkenntnis verwendete Argument, wäre die oben dargelegte Auffassung unzutreffend, so wäre es entbehrlich gewesen, ausdrücklich anzuordnen, daß öffentliche Verkehrsmittel auch als öffentliche Räume GELTEN sollen, ist zufolge Gleichartigkeit der verglichenen Regelungen in diesem Punkt auch im Beschwerdefall stichhältig.
Die belangte Behörde hat sohin dadurch, daß sie dem Begriff "öffentliche Räume" im Sinne der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtsvorschriften einen zu weiten Inhalt gegeben hat, der Beschwerdeführerin ohne gesetzliche Grundlage eine Ankündigungsabgabe vorgeschrieben; sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Stempelgebührenersatz war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989170035.X00Im RIS seit
18.05.2001