TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/27 92/02/0037

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art139 Abs1;
StVO 1960 §43 Abs1 litc;
StVO 1960 §89a Abs2;
StVO 1960 §89a Abs2a;
StVO 1960 §96 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, DDr. Jakusch und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr. J in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 18. Dezember 1990, Zl. MA 70-12/255/90, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO 1960 der Ersatz der Kosten des Entfernens und Aufbewahrens eines für ihn zugelassenen Pkws vorgeschrieben. Die Entfernung erfolgte am 6. März 1989, einem Montag, um 14.40 Uhr. Der Abstellort war in Wien 1, Minoritenplatz 5 (vor dem Gebäude, in dem die Bundesministerien für Unterricht und Kunst sowie für Wissenschaft und Forschung untergebracht sind). Für den Abstellort war ein Halteverbot (Mo.-Fr. von 7-17 Uhr, ausgenommen Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen) verordnet und durch entsprechende Verkehrszeichen kundgemacht worden.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet der Sache nach, die Kostenvorschreibung sei nicht durch das Gesetz gedeckt, weil die Abschleppung seines Pkws rechtswidrig erfolgt sei. Die Annahme der tatsächlichen Verkehrsbeeinträchtigung beruhe "nicht auf sinnlichen Wahrnehmungen von Zeugen, die in den gegenständlichen Fall involviert waren, sondern lediglich auf Vermutungen und Schlußfolgerungen derselben".

Es trifft zwar zu, daß das von den Behörden des Verwaltungsverfahrens durchgeführte Ermittlungsverfahren kein Ergebnis erbracht hat, wonach durch den abgestellten Pkw des Beschwerdeführers konkret ein bestimmter anderer Verkehrsteilnehmer am Zufahren zur Halteverbotszone gehindert wurde. Dies ist aber für die Rechtmäßigkeit einer Kostenvorschreibung in Zusammenhang mit der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abschleppung nicht unbedingt erforderlich. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis eines verstärkten Senates (vom 3. Oktober 1990, Zl. 89/02/0195) ausgeführt hat, daß die begründete Besorgnis einer Hinderung des Verkehrs im Zeitpunkt der Abschleppung genügt und eine konkrete, bereits eingetretene Hinderung für eine Entfernung nach § 89a Abs. 2 StVO 1960 nicht erforderlich ist. Diese Besorgnis war aber angesichts der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sowie der gerichtsbekannten Umstände am Abstellort begründet. Am Minoritenplatz findet sich eine Vielzahl staatlicher Dienststellen. Es muß daher zu gewöhnlichen Bürozeiten mit einem verhältnismäßig starken Lieferverkehr betreffend Büromaterial und -geräten, aber auch Lebensmitteln für Werksküchen udgl., gerechnet werden. Für einen solchen Lieferverkehr wurde die gegenständliche Ladezone auch eingerichtet. Insbesondere angesichts der Uhrzeit der Abschleppung kann die konkrete Besorgnis, daß in der Ladezone zu anderen Zwecken abgestellte Pkws die Zufahrt von Lieferfahrzeugen hindern werden und daß damit der Tatbestand des § 89a Abs. 2a lit. c erfüllt ist, nicht von der Hand gewiesen werden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gehen damit konform. Der Portier des Amtsgebäudes, der sich zwar nach mehr als eineinhalb Jahren nicht mehr an den konkreten Vorfall erinnern konnte, bestätigte, daß vom Abschlepport "viele Autos abgeschleppt wurden und werden". Er gab ferner an, daß die Polizei verständigt werde, wenn ein "Lieferwagen" erwartet werde und "Kfz im Halteverbot parken". Der vom Beschwerdeführer vermißten Darstellung der konkreten Situation in der Ladezone zum Zeitpunkt der Abschleppung bedurfte es daher nicht, insbesondere brauchte nicht ermittelt zu werden, welcher konkrete Berechtigte an der Benützung der Ladezone gehindert war. Dem steht auch die vom Beschwerdeführer zitierte Aussage im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes (vom 20. Februar 1986, Slg. Nr. 12.041/A), daß es auf die Umstände des Einzelfalles ankomme, nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer zieht schließlich die Gesetzmäßigkeit der die Ladezone verfügenden Verordnung in Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich diesen Zweifeln nicht anzuschließen. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Verfügung einer Ladezone dem Grunde nach in unmittelbarer Nähe von Gebäuden, in denen staatliche Dienststellen untergebracht sind, wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Daß der örtliche und zeitliche Geltungsbereich der Verordnung in gesetzwidriger Weise zu weit festgesetzt worden wäre, wird vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht konkret behauptet und begründet. Daß schließlich der zeitliche Geltungsbereich der Verordnung nach dem in Rede stehenden Zeitpunkt erheblich eingeschränkt worden sein soll (auf 8 bis 12 Uhr), vermag für sich allein noch nicht die Gesetzwidrigkeit der Verordnung vor dieser Einschränkung darzutun. Der Verordnungsgeber hat vielmehr die im Sinne des § 43 Abs. 1 lit. c StVO 1960 unbedingt notwendige Zeit, in der die Verkehrsbeschränkung gelten soll, einzuschätzen. Wenn sich die begründete Annahme im nachhinein, insbesondere bei einer Überprüfung im Sinne des § 96 Abs. 2 StVO 1960, als unzutreffend erweisen sollte, indem etwa die Ladezone nicht während des gesamten zeitlichen Geltungsbereiches benötigt wird, so ergibt sich für den Verordnungsgeber nach einer angemessenen Beobachtungszeit die Verpflichtung zur Änderung der Verordnung, aber keineswegs deren Gesetzwidrigkeit von ihrer Erlassung an (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1990, Zl. V 34/89). Es besteht für den Verwaltungsgerichtshof - insbesondere mangels entsprechender Behauptungen des Beschwerdeführers - kein Anhaltspunkt dafür, daß die in Rede stehende Verordnung im Lichte des Gesagten gesetzwidrig gewesen wäre. Eine gesetzmäßig verordnete Ladezone ist zur Gänze für die bestimmungsgemäße Benützung freizuhalten.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020037.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten