Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/02/0085Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der S in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich 1. vom 11. Juli 1991, Zl. I/7-St-S-90127, 2. vom 7. August 1991, Zl. I/7-St-S-90156, beide betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
1. Der Bescheid vom 11. Juli 1991 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 7. August 1991 wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 11. Juli 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als verantwortliche Beauftragte der Zulassungsbesitzerin S. GmbH nicht dafür gesorgt, daß der aus einem näher bezeichneten Lastkraftwagen und einem näher bezeichneten Anhängewagen bestehende und am 13. November 1989 gegen 9.35 Uhr an einem bestimmten Ort in Wien von M.B. gelenkte Kraftwagenzug der Vorschrift des § 101 Abs. 1 lit. a KFG entspreche, da durch die Beladung a) das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens von 16.000 kg um 2.750 kg und
b) das höchste zulässige Gesamtgewicht des Anhängewagens von 22.000 kg um 5.250 kg überschritten worden sei (Gesamtausmaß der Überladung 8.000 kg). Die Beschwerdeführerin habe hiedurch zu den Punkten a) und b) jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 101 Abs. 1a in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG begangen. Es wurden zwei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 7. August 1991 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als verantwortliche Beauftragte der Zulassungsbesitzerin (S. GmbH) eines näher bezeichneten LKWs nicht dafür gesorgt, daß der von A.O. am 2. April 1990 um
14.15 Uhr an einem bestimmten Ort in Wien gelenkte LKW den Vorschriften des § 101 Abs. 1 lit. a KFG entspreche, da durch die Beladung das höchste zulässige Gesamtgewicht des LKWs von 16.000 kg um 4.700 kg überschritten worden sei (Gesamtgewicht 20.700 kg). Die Beschwerdeführerin habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG und § 9 VStG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. ZUM BESCHEID VOM 11. JULI 1991
Die Beschwerdeführerin ist im Zusammenhang mit der unstrittigen Überladung als verantwortliche Beauftragte des Zulassungsbesitzers bestraft worden. Dementsprechend hat die Erstbehörde im Spruch des Straferkenntnisses als übertretene Norm zutreffend § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG und § 9 VStG angeführt, wobei es der Mitzitierung des § 9 VStG nach dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1990, Zl. 89/18/0008, nicht bedurfte.
Demgegenüber hat die belangte Behörde als übertretene Norm § 101 Abs. 1a in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG angesehen. In der Tatumschreibung ist der Beschwerdeführerin aber keineswegs angelastet worden, Anordnungsbefugte für die Beladung im Sinne des § 101 Abs. 1a KFG gewesen zu sein. Auch die Aktenlage bietet hiefür keinen Anhaltspunkt: Danach war die Beschwerdeführerin unbestritten verantwortliche Beauftragte einer GmbH im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG, in welcher Eigenschaft sie die Pflichten des Zulassungsbesitzers gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG wahrzunehmen hatte. Hievon ist die zusätzliche strafrechtliche Verantwortlichkeit eines von der Person des Lenkers oder des Zulassungsbesitzers verschiedenen, für die Beladung eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers Anordnungsbefugten im Sinne des § 101 Abs. 1a KFG zu unterscheiden, welcher im konkreten Fall insbesondere auch die Menge des Ladegutes zu bestimmen hatte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 85/03/0046, sowie Grubmann, Kraftfahrgesetz, dritte Auflage, Seite 544, Anm. 3 zu § 101). Auf die Beschwerdeführerin traf dies nicht zu - ganz abgesehen davon, daß sie eben schon gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG haftete. Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid vom 11. Juli 1991 war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2. ZUM BESCHEID VOM 7. AUGUST 1991
Die Übertretung des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG stellt ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG dar, bei welchem der Täter glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. In diesem Fall obliegt es dem Beschuldigten, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, aus den von ihr vorgelegten Auszügen aus dem Fahrtenbuch ergebe sich, daß sie den vom Zeugen A.O. gelenkten LKW regelmäßig kontrolliert habe. Dies ist insofern unrichtig, als aus den vorgelegten Kopien nicht ersichtlich ist, welcher der zahlreichen LKWs der Zulassungsbesitzerin bzw. welcher Lenker kontrolliert worden sein soll. Weiters verweist die Beschwerdeführerin auf die Aussage des A.O., wonach sie drei- bis viermal pro Woche Überprüfungen durchführe und wonach ein wegen einer Überladung angezeigter Kraftfahrer Beträge in eine eigene "Fahrerkasse" einzuzahlen habe.
Darin, daß die belangte Behörde trotz dieser Beweismittel den Mangel eines Verschuldens der Beschwerdeführerin nicht als glaubhaft gemacht angesehen hat, kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) eine rechtswidrige Beweiswürdigung schon deshalb nicht erblicken, weil sich die belangte Behörde auf die in der Anzeige festgehaltenen Angaben des Zeugen A.O. stützen konnte, die er bei seiner Anhaltung nach Vorweisung eines Wiegescheines über ein Gewicht von
20.700 kg gemacht hatte: Er wisse, daß er überladen habe; bei seiner Firma sei es üblich, daß alle überladen. Es entspricht der allgemeinen Erfahrung, daß kurz nach der Tat erfolgte Äußerungen eher der Wahrheit entsprechen als gegensätzliche spätere Aussagen. Geht man aber von ersteren aus, so kann von einer wirksamen Überwachung, für die die Beschwerdeführerin verantwortlich war, keine Rede sein. Irgendwelche Scheinaktivitäten konnten ein effektives Kontrollsystem nicht ersetzen.
Die gegen den Bescheid vom 7. August 1991 erhobene Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand besteht kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer (vgl. die Judikaturhinweise in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, dritte Auflage, Seiten 686 f).
Schlagworte
Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020084.X00Im RIS seit
03.04.2001