TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/27 91/02/0145

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Veröffentlicht am 27.02.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §16 Abs1 lita;
StVO 1960 §16 Abs1 litc;
StVO 1960 §99 Abs2 litc;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der I in O, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. September 1991, Zl. VerkR-15.189/3-1991-II/Bi, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesenf.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 11. Juli 1990 um 7.40 Uhr einen Pkw auf der B 127 von Ottensheim Richtung Linz gelenkt und dabei im Gemeindegebiet von Puchenau zwischen Straßenkilometer 8,6 und 8,5 1. überholt, obwohl sie nicht einwandfrei habe erkennen können, ob sie ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr würde einordnen können, und 2. überholt, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden konnten. Die Beschwerdeführerin habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu

1. nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 16 Abs. 1 lit. c, zu 2. nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 16 Abs. 1 lit. a StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin behauptet, der angefochtene Bescheid entspreche nicht den inhaltlichen Voraussetzungen des § 44a lit. a VStG, weil nicht erkennbar sei, "worin" sie welche anderen Straßenbenützer gefährdet oder behindert hätte.

Dem ist entgegenzuhalten, daß für das Tatbild des § 16 Abs. 1 lit. a StVO eine abstrakte Gefährdung oder Behinderung genügt, also die bloße Möglichkeit einer solchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0044). Auch § 16 Abs. 1 lit. c StVO verlangt nicht, daß es zu einer konkreten Gefährdung oder Behinderung gekommen sein müsse (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. April 1984, Zl. 84/02/0039, und vom 23. Oktober 1986, Slg. Nr. 12.277/A). Es bedurfte daher keiner Angabe im Spruch des angefochtenen Bescheides, welcher im Gegenverkehr fahrende Lenker durch das Überholmanöver der Beschwerdeführerin zu einer Vollbremsung genötigt wurde, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden, oder welcher in ihrer Fahrtrichtung fahrende Lenker durch das Hineinzwängen der Beschwerdeführerin in die Kolonne abbremsen mußte. Schon im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren zu den Vorwürfen, trotz hiedurch gefährdetem Gegenverkehr und trotz fehlender Einordnungsmöglichkeit aus einer durchgehenden Fahrzeugkolonne überholt zu haben, Stellung genommen hat, ist auch nicht zu erkennen, daß die Beschwerdeführerin durch die Art der Tatumschreibung in ihren Rechten verletzt worden wäre.

Einen Verfahrensmangel erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß zur Festlegung des Tatortes kein Lokalaugenschein abgehalten wurde. Eines solchen bedurfte es im Beschwerdefall aber nicht, zumal die örtlichen Verhältnisse durch die im Akt erliegenden Lichtbilder hinreichend klargestellt sind. Auch soweit die Beschwerdeführerin meint, ein Kfz-Sachverständigengutachten hätte klären können, ob durch ihr Verhalten tatsächlich andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert wurden, vermag sie einen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlichen Verfahrensmangel nicht aufzuzeigen, weil es - wie schon ausgeführt - auf eine konkrete Gefährdung oder Behinderung nicht ankommt.

Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, welche der Darstellung des Meldungslegers Glauben geschenkt hat. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden eingeschränkten Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) aber nicht finden, daß diese Beweiswürdigung rechtswidrig wäre: Um die vom Meldungsleger geschilderten Wahrnehmungen machen zu können, bedurfte es keineswegs "übermenschlicher Fähigkeiten". Vielmehr ist nicht ersichtlich, warum ein im Verkehrsüberwachungsdienst eingesetzter Gendarmeriebeamter nicht in der Lage sein soll, als Fahrzeuglenker Beobachtungen über eine keineswegs ungewöhnliche Verkehrssituation anzustellen und sich hiebei ein Kennzeichen zu merken. Was letzteres anlangt, so bestreitet immerhin auch die Beschwerdeführerin nicht, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein. Ins Leere gehen ihre Ausführungen zum Diensteid, da die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung hierauf nicht gestützt hat. Ein Zweifelsfall, in dem der Grundsatz in dubio pro reo Anwendung finden könnte, lag nicht vor.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991020145.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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