Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des P in E, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. Oktober 1989, Zl. I/7-St-P-8942, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde in dem von der Beschwerde betroffenen Umfang der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 26. Oktober 1988
1.) um 2.25 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und sei dabei nicht dauernd so weit rechts gefahren, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, indem er drei- bis viermal mit dem Fahrzeug über die "Mittellinie" gefahren sei, und
2.) gegen 2.50 Uhr auf dem Gendarmerieposten Korneuburg gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, obwohl mit Grund habe angenommen werden können, daß er sich bei der vorangegangenen Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Dadurch habe er Übertretungen nach § 7 Abs. 1 und nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Über ihn wurden zwei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nur insoweit unterliegt, als der Sachverhalt ausreichend festgestellt wurde und die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen schlüssig sind. Die Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich hingegen nicht darauf, ob die Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß etwa die Verantwortung des Beschwerdeführers und nicht eine diesen belastende Version des Tatherganges den Tatsachen entspricht (vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
1. Zu der ihm angelasteten Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 führt der Beschwerdeführer aus, daß sich am Tatort eine Baustelle befunden habe, wegen der die Fahrbahn eingeengt gewesen sei; deswegen habe er über die "Mittellinie" fahren müssen.
Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger, ein Gendarmeriebeamter, gab an, daß er von seinem Dienstfahrzeug aus beobachtet habe, wie das vom Beschwerdeführer gelenkte Kraftfahrzeug mehrmals über die "Mittellinie" gefahren und "dann plötzlich wieder abrupt nach rechts gelenkt" worden sei; durch die am Tatort befindliche Baustelle sei die Fahrbahn nicht eingeengt worden; der Beschwerdeführer hätte jedenfalls die Möglichkeit gehabt, weiter rechts zu fahren.
Der belangten Behörde kann im Rahmen der eingangs dargestellten eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dieser Zeugenaussage gefolgt ist. Selbst wenn es wegen der Baustelle nicht möglich gewesen sein sollte, so weit rechts zu fahren, wie es ohne Vorhandensein der Baustelle gewesen wäre, würde dies nichts daran ändern, daß der Beschwerdeführer immer noch weiter rechts hätte fahren können, als er es getan hat. Die vom Beschwerdeführer vermißten Beweisaufnahmen über die damaligen Straßenverhältnisse hätten - soferne sie überhaupt noch aktuelle Ergebnisse hätten erbringen können - daran nichts zu ändern vermocht.
Die Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 ist kein Erfolgsdelikt. Eine tatsächlich eingetretene Gefährdung anderer Straßenbenützer ist kein Tatbestandselement einer solchen strafbaren Handlung.
Wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides an einer Stelle von einer Haltelinie die Rede ist, so handelt es sich dabei - wie sich aus dem Zusammenhang ergibt - um einen offensichtlichen Schreibfehler, der den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit infolge Aktenwidrigkeit belastet.
Die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren geführten Zeugen sollten nach der Formulierung des diesbezüglichen Beweisantrages Aussagen zum Alkoholkonsum des Beschwerdeführers vor der in Rede stehenden Fahrt machen. Daß diese Zeugen Wahrnehmungen von der Fahrweise des Beschwerdeführers gemacht hätten, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
2. Im Zusammenhang mit der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 stützt sich die belangte Behörde auf die Aussage des Gendarmeriebeamten, der die Atemluftprobe mit einem sogenannten Alkomatgerät auf dem Gendarmerieposten Korneuburg vorgenommen hatte. Danach habe der Beschwerdeführer vier Versuche unternommen, aber bei keinem Versuch eine ausreichende Luftmenge in das Gerät geblasen. Es sei zwar einmal ein kurzer Pfeifton zu hören gewesen, was angezeigt hätte, daß der vom Beschwerdeführer in diesem Augenblick in das Gerät geblasene Luftstrom ausreichend stark gewesen sei; der Pfeifton sei aber sofort wieder erloschen, weil der Beschwerdeführer diesen Blasvorgang vorzeitig abgebrochen habe, sodaß keine für einen gültigen Blasversuch ausreichende Luftmenge in das Gerät gelangt sei; im übrigen habe der Beschwerdeführer die Atemluft nicht in das Mundstück geblasen. Die Behörde hat dazu auch eine Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich über die Funktionsweise des Gerätes und die Bedienungsanleitung seines Herstellers eingeholt. Aus der Aussage in Verbindung mit den genannten Unterlagen konnte die Behörde in schlüssiger Weise annehmen, der Beschwerdeführer habe ein Verhalten an den Tag gelegt, welches eine Verweigerung der Atemluftprobe dargestellt habe. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer in seiner Argumentation davon ausgeht, daß das Ertönen des Pfeiftones bereits das Vorliegen eines gültigen Blasversuches anzeigt. Dies ist aber vor dem Hintergrund der Bedienungsanleitung für das Gerät unzutreffend. Es ist daher auch unerheblich, ob ein solcher Pfeifton nur einmal oder - der Behauptung des Beschwerdeführers entsprechend - zweimal ertönt ist.
Die Behörde konnte auch davon ausgehen, daß der vom Gendarmeriebeamten dem Gerät entnommene und vernichtete Meßstreifen lediglich die Funktionstüchtigkeit des Gerätes nach seiner Inbetriebnahme (Einschaltprotokoll), nicht aber die Auswertung der Atemluft des Beschwerdeführers betraf, weil ein Meßprotokoll erst nach zwei gültigen Versuchen erstellt wird.
Der Beschwerdeführer verkennt, daß das Ausmaß seiner Alkoholisierung bei einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 nicht zur Debatte steht. Sein vorangegangener Alkoholkonsum ist demnach in diesem Zusammenhang kein geeignetes Beweisthema.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf eine angebliche "Aversion" des Meldungslegers gegen seine Person beruft, so betrifft diese Behauptung offensichtlich jenen Gendarmeriebeamten, der die Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 wahrgenommen, den Beschwerdeführer angehalten und zur Vornahme einer Atemluftprobe aufgefordert hat. Daß dieser Beamte beim Beschwerdeführer Alkoholisierungssymptome wahrgenommen habe, wird vom Beschwerdeführer - auch angesichts des von ihm zugegebenen Alkoholkonsums - nicht bestritten. Hinsichtlich der Vorgänge bei der Atemluftkontrolle decken sich die Aussagen dieses Gendarmeriebeamten mit den Aussagen des Beamten, der das Gerät bedient hat. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde deswegen unschlüssig wäre, weil sie auch diesen Aussagen gefolgt ist. Abgesehen davon kann aus einer früher erfolgten Anzeigeerstattung nicht auf eine "Aversion" des betreffenden Gendarmeriebeamten gegen den Beschwerdeführer geschlossen werden.
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020032.X00Im RIS seit
12.06.2001