TE Vwgh Beschluss 1992/3/2 91/15/0122

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Veröffentlicht am 02.03.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1175;
ABGB §825;
AVG §10 Abs2;
VwGG §26 Abs1 Z1;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, in der Beschwerdesache der N-Bank reg. Gen.m.b.H. und Mitbesitzer (Miteigentumsgemeinschaft in W, X-Straße 2), vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 30. Juli 1991, Zl. 6/3-3262/90-04, betreffend

Umsatzsteuer 1988, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine aus fünf Mitgliedern bestehende Miteigentumsgemeinschaft, benannte am 20. Juni 1988 ausdrücklich die D-GmbH in W, X-Straße 2, als Zustellbevollmächtigte.

Zu Handen dieser Zustellbevollmächtigten erging in der Folge auch der Bescheid des Finanzamtes vom 4. Mai 1990 betreffend Umsatzsteuer 1988.

Die mit 28. Juni 1990 datierte und beim Finanzamt am 29. Juni 1990 eingelangte Berufung dagegen erhob namens der Beschwerdeführerin die M-GmbH (Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft) in W, X-Straße 2.

Am 25. Juli 1990 langte beim Finanzamt eine vom 19. Juli 1990 datierte Vollmacht ein, mit der die D-GmbH die M-GmbH bevollmächtigte, sie in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten. Diese Vollmacht beginnt mit dem Text: "Vollmachtgeber: N-Bank und Mitbesitzer Steuer-Nr. 902/6689 Ref. 06.". Die vorgedruckte Textpassage des Inhaltes, daß gleichzeitig die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde erteilt wird, war darin durchgestrichen.

Ein Widerruf der Vollmacht der D-GmbH seitens der Beschwerdeführerin erfolgte nach Ausweis der Verwaltungsakten nicht.

Die Zustellung der mit der nunmehr erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde angefochtenen Berufungsentscheidung erfolgte an die Beschwerdeführerin z.Hd. "Firma D-GmbH", und zwar am 6. August 1991.

Die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde am 18. Oktober 1991 überreicht.

Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG beträgt die Beschwerdefrist sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung.

Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, die Beschwerde sei rechtzeitig eingebracht, weil die D-GmbH das Original der zugestellten Berufungsentscheidung der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin erst am 17. Oktober 1991 zur Verfügung gestellt habe. Einem rechtsfreundlich vertretenen Abgabenschuldner könne aber nur zu Handen seines Rechtsfreundes zugestellt werden, was auch dann zu gelten habe, wenn der Abgabenschuldner an sich einer Hausverwaltung Zustellvollmacht erteilt habe.

Dem kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde berechtigt und verpflichtet, Zustellungen von Schriftstücken, die für einen Vollmachtgeber bestimmt sind, solange an den ausgewiesenen Zustellbevollmächtigten vorzunehmen, als der Behörde ein Widerruf oder eine Aufhebung der Vollmacht nicht bekannt gegeben wurden (vgl. Stoll, BAO-Handbuch 238 Abs. 2 und die dort zitierte hg. Judikatur), also der Zustellbevollmächtigte der Behörde gegenüber noch als solcher ausgewiesen ist (so insbesondere das bereits von Stoll zitierte hg. Erkenntnis vom 11. April 1972, Zl. 774/71 Slg. N.F. Nr. 4368/F).

Insbesondere auch Berufungsentscheidungen können an den bei der Abgabenbehörde erster Instanz ausgewiesenen Bevollmächtigten zugestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1966, Zl. 1301/65, Slg. N.F. Nr. 3537/F), und zwar auch dann, wenn von der Partei im Verfahren weitere Bevollmächtigte beigezogen wurden, solange die Vollmacht des erstbestellten Bevollmächtigten der Behörde gegenüber nicht widerrufen wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1959, Zl. 1752/58, Slg. N.F. Nr. 2027/F; den hg. Beschluß vom 29. Mai 1969, Zl. 1081/67 und den hg. Beschluß vom 18. März 1959, Zl. 1938/58, Slg. N.F. Nr. 1974/F).

Daraus folgt aber, daß die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht nur berechtigt, sondern wegen der Streichung der Passage betreffend die Zustellbevollmächtigung in der Vollmacht der M-GmbH sogar verpflichtet war, die Berufungsentscheidung vom 30. Juli 1991 an die Beschwerdeführerin zu Handen der D-GmbH zuzustellen und daß deshalb die Beschwerdefrist bereits mit dem 6. August 1991 zu laufen begann. Die erst am 18. Oktober 1991 beim Verwaltungsgerichtshof überreichte Beschwerde ist demnach - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführte - verspätet und war daher gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGG mit Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991150122.X00

Im RIS seit

02.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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