TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/2 91/19/0314

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Veröffentlicht am 02.03.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der XY-Versicherung in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. September 1991, Zl. 03-12 Ga 109-91/1, betreffend Interessenbescheinigung nach dem Mietrechtsgesetz (mitbeteiligte Partei: Z in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. September 1991 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin (vom 25. Juni 1990) auf bescheidmäßige Feststellung, daß der geplante Umbau beim Objekt G, U-Platz, im öffentlichen Interesse liege, abgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe mit der Eingabe vom 25. Juni 1990 als Eigentümerin des erwähnten Objektes die Erlassung eines "Interessenbescheides" gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 des Mietrechtsgesetzes - MRG (BGBl. Nr. 520/1981, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 68/1991) dahingehend beantragt, daß der Umbau des bestehenden Gebäudes, betreffend Keller, Erdgeschoß, erstes Obergeschoß und Ausbau des Dachgeschoßes sowie Überdeckung des Hofgebäudes, zu Assanierungszwecken und zur Vermehrung von Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet seien, im öffentlichen Interesse liege. Aus § 30 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 15 MRG folge, daß ein Eingriff in ein bestehendes Mietrecht unter anderem dann möglich sei, wenn mit dem Abbruch oder Umbau eines Hauses die Errichtung eines neuen (geänderten Baues) sichergestellt sei, der Mieter Ersatz erhalte und die Behörde bescheidmäßig festgestellt habe, daß das Bauvorhaben zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung einer im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder qualitativen Wohnfehlbedarfes geeignet seien, im öffentlichen Interesse liege.

Im vorliegenden Fall beabsichtige die Beschwerdeführerin, durch den geplanten Umbau der im Obergeschoß befindlichen sechs Wohnungen bzw. durch den geplanten Ausbau des Dachgeschoßes insgesamt elf Wohneinheiten (davon drei Maisonetten) zu schaffen. Von diesen insgesamt elf neuen Wohneinheiten sollten sich je vier Wohnungen vollständig im Dachgeschoß bzw. Obergeschoß, von den drei Maisonetten jeweils die Schlafräume im Dachgeschoß und die Wohnräume (inklusive Küche) im Obergeschoß befinden. Daraus folge, daß durch das gegenständliche Bauvorhaben im Dachgeschoß vier "vollständige Wohnungen" und drei "halbe Wohnungen" tatsächlich zur Verbesserung des in G bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes geschaffen würden. Im Obergeschoß dagegen würden die derzeit bestehenden sechs Wohnungen in vier neue "vollständige Wohnungen" und drei "halbe Wohnungen" umgeändert, wobei zwei der Untergeschoße der Maisonettwohnungen in eine Wohnung der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens "fallen" würden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in wiederholter Rechtsprechung dargelegt, daß schon aus dem Wortlaut der angeführten Gesetzesstelle und weil es sich hiebei um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handle, hervorgehe, daß der projektierte Neu- oder Umbau jedenfalls nach Art und Umfang geeignet sein müsse, Wohnraum zu schaffen, der der Milderung der in einem bestimmten Ort bestehenden Wohnungsnot diene, und es solcherart rechtfertige, im Interesse der Allgemeinheit auch bestehende Mietrechte einzelner aufzuheben. Ein solcher Fall liege jedoch nicht vor, wenn Ziel der beabsichtigten Bauführung lediglich die Schaffung von Luxuswohnungen sei oder durch das Vorhaben die Anzahl der Wohnungen oder die gesamte Wohnfläche nur geringfügig vermehrt werde. Im Anlaßfall würden entsprechend den obigen Ausführungen lediglich im Dachgeschoß tatsächlich neue Wohnungen geschaffen. Mangels eines bestehenden Mietvertrages in diesem Geschoß bedürfte es für den Ausbau des Dachgeschoßes ohne Maisonettwohnungen keiner Interessenbescheinigung. Im Obergeschoß dagegen bestünden aufrechte Mietverhältnisse. Es würden aber lediglich durch Versetzen einiger Wände die sechs bestehenden Wohnungen in vier plus drei "halbe" Wohnungen umgebaut, ohne auch nur eine geringfügige Wohnraumvermehrung zu schaffen, weshalb die Erlassung eines Interessenbescheides nicht gerechtfertigt erscheine. Eine Verbesserung des qualitativen Wohnfehlbestandes könne aber zumindest für eine Wohnung der Mitbeteiligten nicht festgestellt werden, da diese bereits über die angeführten sanitären Anlagen innerhalb der Wohnung verfüge. Durch die Errichtung der drei Maisonettwohnungen werde das Obergeschoß mit dem Dachgeschoß zu einer Einheit verbunden, sodaß eine Trennung in einzelne Abschnitte nicht möglich sei und die Erstbehörde in Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten fälschlicherweise (allein) den Umbau des Dachgeschoßes und die Überdeckung des Hofgebäudes als im öffentlichen Interesse gelegen bezeichnet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte haben Gegenschriften erstattet, in welchen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerde ist schon aus folgenden Gründen Erfolg beschieden: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Begründung eines Bescheides nach § 60 AVG 1950 muß diese erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet; des weiteren muß aus der Begründung des Bescheides hervorgehen, ob die Behörde die Grundlage ihrer Entscheidung in einem einwandfreien Verfahren gewonnen hat und ob die von der Behörde gezogenen Schlüsse dem Gesetz folgerichtigen Denkens entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1991, Zlen. 90/03/0112, 0113). Bestehen innerhalb der Begründung eines Bescheides wesentliche Widersprüche, dann liegt eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 606, zitierte hg. Rechtsprechung). Ein solcher wesentlicher Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides liegt hier vor: Aus dem wiedergegebenen letzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, daß die belangte Behörde davon ausgeht, das Obergeschoß sei mit dem Dachgeschoß zu einer Einheit verbunden, sodaß eine "Trennung" in einzelne Abschnitte nicht möglich sei (auch in der Gegenschrift der belangten Behörde wird dies bekräftigt). Andererseits vertritt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aber offenbar den Standpunkt, daß eine getrennte Betrachtungsweise insoweit Platz zu greifen habe, da "lediglich im Dachgeschoß" neue Wohnungen geschaffen würden und es hiefür keiner "Interessenbescheinigung" bedürfe, wogegen im Obergeschoß nicht einmal eine geringfügige Wohnraumvermehrung geschaffen werde, weshalb die Erlassung eines Interessenbescheides nicht gerechtfertigt erscheine.

Der aufgezeigte Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides belastet diesen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, da die Vorlage weiterer Beilagen (neben dem angefochtenen Bescheid) zur Beschwerde für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991190314.X00

Im RIS seit

02.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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