TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/2 91/15/0091

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Veröffentlicht am 02.03.1992
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §299 Abs1 litb;
BAO §299 Abs1;
BAO §299 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des X in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. Juni 1991, Zl. 6/5-460/6/90-06, betreffend Aufhebung einer Berufungsvorentscheidung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer zog sich betreffend Umsatzsteuer 1983, gestützt auf zwei Rechnungen der Y-GmbH, unter anderem Vorsteuer in Betrag von S 131.036,80 ab.

Anläßlich einer bei der genannten Gesellschaft durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde u.a. festgestellt, daß die in Rede stehenden Rechnungen nur über Wunsch des Erwerbers ausgestellt worden waren, obwohl sie einen nach § 6 Z. 9 lit.a UStG steuerfreien Verkauf von Eigentumswohnungen betrafen. Ferner wurde festgestellt, daß die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt worden war.

Die Gesellschaft erklärte daraufhin gegenüber dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. März 1988 folgendes:

"Sehr geehrter Herr X

Wir wurden vom Finanzamt für Körperschaften im Zuge einer Einschau darauf aufmerksam gemacht, daß die per 30.6.1983 ausgestellten Rechnungen über den Kaufpreis für Ihre Wohnungen mißverständlich sind, bzw. formell nicht den Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechen.

Wir stellen daher fest, daß wir über Ihr Verlangen den im Kaufvertrag vom 2. bzw. 14.12.1981 vereinbarten Kaufpreis zu Ihrer Information in die Nettobaukosten und die Mehrwertsteuerbeträge aufgeteilt haben. Diese von uns in den Baurechnungen geleisteten Steuerbeträge wurden und konnten weder von uns noch von Ihnen als Vorsteuer geltend gemacht werden, da es sich hiebei um steuerfreie Umsätze handelt. Daß im gegenständlichen Fall keine Rechnung im Sinne des § 11 UStG vorliegt, sondern lediglich eine Detaillierung zum fix vereinbarten Kaufpreis, geht schon daraus zweifelsfrei hervor, daß wir als gemeinnütziges Unternehmen nur zur Ausstellung einer Rechnung mit 10% MWSt berechtigt wären.

Wir ersuchen Sie daher zur Kenntnis zu nehmen, daß wir unsere mit 30.6.1983 gestellten Rechnungen für ungültig erklären und zur Vermeidung von Unklarheiten mit heutigem Datum neu ausstellen und diesem Schreiben beilegen. ..."

Die neuen Rechnungen, datiert je vom 17. März 1988, lauten

wie folgt:

"Betrifft: Z-GASSE 1a/14

R E C H N U N G PER 1983

Gemäß Punkt I des Kaufvertrages vom 2. bwz. 14.12.1981, angezeigt unter BRP 193015, geben wird Ihnen vereinbarungsgemäß den Kaufpreis für die Wohnung Top.Nr. 14 wie folgt bekannt:

         Grundanteil                      S 201.100,--

         Baukosten                        S 527.200,--

                                          ------------

                                          S 728.300,--

                                          ============

In den Baukosten ist ein MWSt-Betrag in der Höhe von 18 % bzw. S 80.420,34 enthalten.

Wir hoffen, Ihnen damit gedient zu haben und zeichnen ..."

"Betrifft: Z-GASSE 1a/13

R E C H N U N G PER 1983

Gemäß Punkt I des Kaufvertrages vom 18.12.1980, angezeigt unter BRP 199174, geben wir Ihnen vereinbarungsgemäß den Kaufpreis für die Wohnung (ohne Garage) top Nr. 13 wie folgt bekannt:

         Grundanteil                      S   759.500,--

         Baukosten                        S 1,990.500,--

                                          --------------

                                          S 2,750.000,--

                                          ==============

    In den Baukosten ist ein MWSt-Betrag in Höhe von 18 % bzw.

S 303.635,59 enthalten.

Wir hoffen, Ihnen hiemit gedient zu haben und zeichnen ..."

Das Finanzamt wurde mit Note vom 10. Mai 1988 von der belangten Behörde ausdrücklich angewiesen, "zu achten, daß die Berichtigung der Rechnungen im Jahre 1988 beachtet wird".

Das Finanzamt erließ in der Folge am 21. Dezember 1990 einen Bescheid, worin u.a. Umsatzsteuer für 1988 festgesetzt, unter "sonstige Berichtigungen" ein Betrag von S 131.036,80 hinzugerechnet und eine Zahllast von S 136.053,-- vorgeschrieben wurde. Dem Beschwerdeführer war dazu mit Schreiben vom 6. Dezember 1990 mitgeteilt worden, die Vorsteuerberichtigung würde "auf Grund der im Jahr 1988 ausgestellten berichtigten Rechnungen der Y-GmbH (von 1983)" durchgeführt.

Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, die Voraussetzungen einer Berichtigung nach § 16 Abs. 1 UStG lägen nicht vor, weil keine Änderung der relevanten Bemessungsgrundlagen eingetreten sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 22. Februar 1991 (vgl. OZl. 1 der in der Ergänzung der Gegenschrift vorgelegten Verwaltungsakten) gab das Finanzamt der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1990 statt und setzte unter Berücksichtigung von "sonstigen Berichtigungen" im Ausmaß von "0,00" eine Umsatzsteuerzahllast für 1988 von S 5.017,-- fest. Eine Begründung dazu erging nicht.

Mit Note vom 4. April 1991 teilte das Finanzamt der belangten Behörde mit, bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung die Weisung vom 10. Mai 1988 nicht beachtet zu haben und ersuchte um Aufhebung der Berufungsvorentscheidung gemäß § 299 Abs. 1 lit.b BAO.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung vom 22. Februar 1991 gemäß § 299 Abs. 1 lit.b und Abs. 2 BAO. In der Begründung vertrat die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften die Auffassung, das Finanzamt hätte den aktenkundigen Sachverhalt, wonach die beiden in Rede stehenden Rechnungen im Jahre 1988 berichtigt worden seien, berücksichtigen müssen. Die Berufungsvorentscheidung sei daher wegen aktenwidriger Annahme des Sachverhaltes und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß die Berufungsvorentscheidung vom 22. Februar 1991 nicht aufgehoben wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 299 BAO lautet auszugsweise:

"(1) In Ausübung des Aufsichtsrechtes kann ein Bescheid von der Oberbehörde behoben werden, ...

b) wenn der dem Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde, ...

(2) Ferner kann ein Bescheid von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden."

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall von zwei Aufhebungsgründen Gebrauch gemacht, zum einen von § 299 Abs. 1 lit.b BAO und zum anderen von Abs. 2 leg.cit.

Wenngleich im vorliegenden Fall der erstgenannte Aufhebungsgrund von vornherein nicht gegeben ist, weil die aufgehobene Berufungsvorentscheidung keine Begründung und daher auch keinerlei Sachverhaltsfeststellungen enthielt (und bei völligem Fehlen von Sachverhaltsfeststellungen bzw. einer Grundlage dafür nicht davon gesprochen werden kann, daß der dem aufgehobenen Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt in einen wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen worden wäre; vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1990, Zl. 89/15/0075, und vom 29. November 1988, Zl. 87/14/0198), hat die belangte Behörde im Ergebnis nicht rechtswidrig gehandelt. Die Erstbehörde ist nämlich bei Erlassung der Berufungsvorentscheidung vom 22. Februar 1991 ohne das Vorliegen der beiden berichtigten Rechnungen zu beachten und ohne jede Begründung der Rechtsansicht des Beschwerdeführers in seiner Berufung gefolgt. Unterläßt aber die Abgabenbehörde die selbständige rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes, indem sie sich unkritisch der Rechtsauffassung des Abgabenpflichtigen anschließt, dann bewirkt eine solche Vorgangsweise ebenso wie eine unrichtige rechtliche Beurteilung eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des erlassenen Bescheides (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1988, Zl. 87/14/0198 und vom 3. April 1984, Zl. 81/14/0143).

Allein deshalb war die belangte Behörde berechtigt, von § 299 BAO Gebrauch zu machen, weshalb die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.

Da es nach der Aktenlage zutrifft, daß die Rechnungsberichtigung aus dem Jahre 1988 bei Erlassung der aufgehobenen Berufungsvorentscheidung nicht beachtet wurde, haftet dem angefochtenen Bescheid auch die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht an. Die Frage, ob die vorgenommene Rechnungsberichtigung inter partes zivilrechtlich berechtigt war oder nicht, war nicht zu prüfen.

Eines besonderen Vorhaltes der - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht betont - dem Beschwerdeführer ohnehin bekannten Fakten (was sich insbesondere aus dem Inhalt seiner Berufung gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1990 ergibt) bedurfte es nicht. Somit erweist sich der angefochtene Bescheid auch als frei von den behaupteten Verfahrensfehlern. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991150091.X00

Im RIS seit

02.03.1992

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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