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L10105 Stadtrecht Salzburg;Norm
B-VG Art118 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. M in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 1. Juli 1991, Zl. 9/01-99/458/1-1991, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 15. April 1991 versagte der Bürgermeister der Stadt Salzburg dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 2 StVO die straßenpolizeiliche Ausnahmebewilligung von der Parkzeitbeschränkung im Rahmen der Kurzparkzonenregelung zum Parken eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges im unmittelbaren Nahbereich seines Betriebes in der X-Gasse nn.
Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gab die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 1. Juli 1991 keine Folge. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer sein Büro zwischenzeitlich von der X-Gasse nn in die Y-Straße nn verlegt habe, sei - so wurde in der Begründung des Bescheides dargelegt - weder im unmittelbaren Bereich des Objektes X-Gasse nn noch des Objektes Y-Straße nn, das sich schräg gegenüber vom Objekt X-Gasse nn befinde, eine Kurzparkzone eingerichtet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. In der von ihr erstatteten Gegenschrift wurde unter anderem ausgeführt, auch wenn in der Beschwerde die Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde nicht ausdrücklich angesprochen werde, glaube die belangte Behörde, daß im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1991, Zl. 90/03/0184, aus der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1991, G 190/91-6, im Zusammenhalt mit den Entscheidungen vom 16. Oktober 1991, B 544/91 und B 96/91, die Bescheide der belangten Behörde zum Gegenstand hätten, der Schluß zulässig erscheine, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall als zuständige Behörde entschieden habe. Sie beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgerichtshof ferner über Aufforderung Aktenunterlagen betreffend Erlassung der Verordnung, mit der für die im Nahbereich der Bergstraße und der Priesterhausgasse gelegenen Straßen Kurzparkzonen festgelegt wurden, vor und teilte gleichzeitig mit, daß es sich bei diesen von der Kurzparkzonenregelung betroffenen Straßen um solche im Sinne des § 94d Einleitungssatz StVO, sohin um Gemeindestraßen, handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 Abs. 1 StVO kann die Behörde, wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.
Gemäß § 43 Abs. 1 StVO hat die Behörde für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung, b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere Halte- oder Parkverbote, zu erlassen.
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
Gemäß § 94d StVO sind, sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, unter anderem folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen: 1a. die Bestimmung von Kurzparkzonen (§ 25), 4. die Erlassung von Verordnungen nach § 43, mit denen Beschränkungen für das Halten und Parken oder ein Hupverbot erlassen werden, 6 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Kundmachung BGBl. Nr. 615/1991). die Bewilligung von Ausnahmen (§ 45) von den nach Z. 4 erlassenen Beschränkungen und Verboten.
Gemäß § 39 Abs. 2 des Salzburger Stadtrechtes 1966, LGBl. Nr. 47, in der geltenden Fassung werden die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereich vom Bürgermeister besorgt.
Gemäß § 41 Abs. 2 des Salzburger Stadtrechtes 1966 obliegt dem Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Stadt die Besorgung der behördlichen Aufgaben in erster Instanz, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist.
Gemäß § 53 Abs. 1 des Salzburger Stadtrechtes 1966 hat in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, soweit nicht nach § 50 der Bauberufungskommission eine Zuständigkeit zukommt und soweit nicht im § 55 Abs. 3 oder in anderen gesetzlichen Vorschriften anderes bestimmt ist, über Berufungen gegen erstinstanzliche Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinderat zu entscheiden. Gemäß § 53 Abs. 3 leg. cit. geht im Bereich des übertragenen Wirkungsbereiches der Instanzenzug in den Angelegenheiten der Landesvollziehung, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, an die Landesregierung.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierten Erkenntnis vom 13. Februar 1991, Zl. 90/03/0184, ausgesprochen hat, ergibt sich aus dem Gesetzeszusammenhang zwischen den §§ 25, 43 und 45 mit § 94d Z. 4 und 6 StVO in Verbindung mit einer verfassungskonformen Auslegung im Sinne der Begriffsmerkmale des Art. 118 Abs. 2 B-VG, daß die Bewilligung einer Ausnahme in Ansehung von Kurzparkzonen einer Ausnahme von Verordnungen nach § 43 StVO, mit denen Beschränkungen für das Halten und Parken erlassen werden, gleichzuhalten ist, zumal es sich bei der letztgenannten Regelung auch um den umfassenderen Begriff handelt. Die Rechtgrundlage für die Errichtung von Kurzparkzonen war bis zur 9. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 275/1982, § 43 Abs. 1 StVO und wurde diese Verordnungsermächtigung mit der angeführten Novelle in den § 25 Abs. 1 leg. cit. übernommen (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1045 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XV. GP.). Der Verwaltungsgerichtshof gelangte sohin im Wege der verfassungskonformen Interpretation der hier in Rede stehenden Bestimmungen zu dem Ergebnis, das mit der Aufhebung der Wortfolge "nach Z. 4" in § 94d Z. 6 StVO durch den Verfassungsgerichtshof (Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 615/1991) herbeigeführt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Veranlassung, im Beschwerdefall einen anderen Rechtsstandpunkt einzunehmen. Die Entscheidung über das Ansuchen um Bewilligung von Ausnahmen in einer Kurzparkzone nach § 45 Abs. 2 StVO obliegt demnach - sofern die Bestimmung der Kurzparkzone in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt, was nach den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen vorliegend zutrifft - gemäß § 94d Z. 6 StVO der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich.
Dem erstinstanzlichen Bescheid vom 15. April 1991 ist nicht ausdrücklich zu entnehmen, in welcher Zuständigkeit (im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde - zum letzteren gehören gemäß § 39 Abs. 1 zweiter Satz des Salzburger Stadtrechtes 1966 auch die Aufgaben der Bezirksverwaltung) der Bürgermeister tätig geworden ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß der angefochtene Bescheid vom Bürgermeister der Rechtslage entsprechend im eigenen Wirkungsbereich erlassen worden ist. Zur Entscheidung über die Berufung gegen diesen Bescheid wäre daher der Gemeinderat der Stadt Salzburg zuständig gewesen. Die belangte Behörde nahm sohin eine Zuständigkeit in Anspruch, die ihr nach dem Vorgesagten nicht zukam.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991030251.X00Im RIS seit
14.11.2001