Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §52a lita Z10a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Dr. G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. Oktober 1990, Zl. IIb2-V-8049/10-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 13. Juni 1989 um 10.22 Uhr in Imst, Imster-Au, auf der Autobahn A 12 bei km 132,2 in Fahrtrichtung Innsbruck fahrend, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um zumindest 11 km/h überschritten und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10a StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG liegt Gesetzwidrigkeit des Inhaltes eines Bescheides - wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. bereits im Erkenntnis vom 29. April 1947, Slg. Nr. 82/A, ausgesprochen hat - nur vor, wenn die Behörde das Gesetz falsch auslegt, das sie auf den von ihr angenommenen Sachverhalt zur Anwendung bringt, nicht aber, wenn der von ihr angenommene Sachverhalt zur Wirklichkeit in Widerspruch steht. So gesehen beziehen sich die vom Beschwerdeführer in Ansehung der Schuldfrage zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorgetragenen Ausführungen in Wahrheit auf die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Diesen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, worin die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Schuldfrage gelegen sein soll. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag eine solche Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.
Der Beschwerdeführer bemängelt, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, entsprechende Erhebungen und Feststellungen über die örtlichen Verhältnisse, insbesondere über die Standorte der die Radarmessung bzw. Anhaltung durchfühgenden Beamten vorzunehmen. Aus diesen Erhebungen hätte sich ergeben, daß sich die die Amtshandlung durchführenden Beamten auf Grund der Entfernung zwischen Meßstation und Anhalteplatz niemals durch Sichtkontakt oder Zeichengabe hätten hinreichend verständigen können. Tatsächlich habe es mehrerer Rücksprachen mittels Funkgerät des die Anhaltung des Beschwerdeführers durchführenden Beamten mit dem die Übertretung anzeigenden Gendarmeriebeamten hinsichtlich der Identität des angeblich mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Fahrzeuges bedurft. Unverständlicherweise habe es die belangte Behörde unterlassen, den Meldungsleger zu diesem Punkte einzuvernehmen und in der Begründung ihres Bescheides darauf einzugehen. Mangels Vorliegens eines Radarfotos hätte es zum Nachweis einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch den Beschwerdeführer einer einwandfreien Ablesung des Kennzeichens und genauere Angaben über Merkmale des Kraftfahrzeuges, insbesondere Maße, Type und Farbe, bedurft. Die handschriftlichen Aufzeichnungen des Meldungslegers könnten lediglich einen Pkw "T nnn. grü" zugeordnet werden. Es sei verwunderlich, daß sich der Meldungsleger mehr als ein Jahr nach dem Vorfall noch derart präzise an die betreffende Amtshandlung erinnern könne. Es sei für den Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar, daß ein und dieselbe Behörde ihm trotz Vorliegens einer Radarmessung einmal eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 km/h (Strafverfügung vom 28. Juni 1989) und schließlich unter Berücksichtigung einer Meßtoleranz von 5 km/h eine Geschwindigkeitsübertretung von 11 km/h vorwerfe. Die belangte Behörde habe nicht dargelegt, warum sie so und nicht anders entschieden habe, weshalb insbesondere der Grundsatz "in dubio pro reo" angesichts des ungeklärten Sachverhaltes nicht zum Tragen komme.
Mit diesem Vorbringen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß die Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüfen, also etwa darauf, ob die Verantwortung des Beschuldigten oder eine ihn belastende Darstellung zutrifft (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Die belangte Behörde stützte die wesentlichen Feststellungen auf die mit der Anzeige übereinstimmende Zeugenaussage des Meldungslegers. Der Meldungsleger gab eine widerspruchsfreie und logisch nachvollziehbare Darstellung des Geschehens. Die belangte Behörde begründete auch ausreichend, warum sie den Angaben des Meldungslegers folgte und nicht der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers Glauben schenkte. So wurde von ihr zu Recht darauf hingewiesen, daß einem mit der Radarmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung - im Beschwerdefall ist der Meldungsleger unbestritten seit acht Jahren vorwiegend zur Durchführung von Radarmessungen eingesetzt - die ordnungsgemäße Durchführung solcher Vorgänge zuzumuten ist (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1989, Zl. 89/18/0108). Es war ihr bei diesen Erwägungen nicht verwehrt, auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Meldungsleger bei seinen Aussagen unter Wahrheitspflicht stand und im Falle einer vorsätzlichen falschen Aussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen gehabt hätte. Die Behauptung der Beschwerde, die belangte Behörde habe nicht dargelegt, warum sie so und nicht anders entschieden habe, trifft demnach nicht zu. Vom Beschwerdeführer wurde nicht in Abrede gestellt, daß er zur Tatzeit am Tatort das in der Anzeige angeführte Fahrzeug lenkte und daß das Fahrzeug die von dem das Radargerät bedienenden Gendarmeriebeamten in seinem Notizbuch eingetragenen und dem Beamten an der Anhaltestelle mittels Funkspruch durchgegebenen Merkmale auch hinsichtlich des Beginnes des Kennzeichens aufweist. Vom Beschwerdeführer wurde ferner nie bestritten, daß er sich bei der Anhaltung
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wie in der Anzeige festgehalten ist - dahin rechtfertigte, daß diese Geschwindigkeitsüberschreitung abgemahnt werden solle, da sie nur gering sei, ein Umstand, der im gegebenen Zusammenhang in Hinsicht darauf von Bedeutung ist, daß Angaben, die unmittelbar unter dem Eindruck des Geschehens gemacht werden, eher der Wahrheit entsprechen als eine spätere Verantwortung. Da überdies der Gendarmeriebeamte vom Standort des Radargerätes Sichtkontakt zur Anhaltestelle hatte
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Anhaltspunkte dafür, daß diese Behauptung absolut unglaubwürdig sei, wie der Beschwerdeführer meint, sind den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen und es vermag solche auch der Beschwerdeführer nicht konkret aufzuzeigen, zumal diese Behauptung entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keinen Widerspruch zu den üblichen Vorgangs- und Verhaltensweisen bei Amtshandlungen der gegenständlichen Art darstellt -, ist der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie ohne weitere Ermittlungen, insbesondere ohne neuerliche Einvernahme des das Radargerät bedienenden Beamten und ohne Ortsaugenschein, eine Verwechslung des in Rede stehenden Fahrzeuges ausschloß, auch wenn das Kennzeichen von dem angeführten Beamten nicht vollständig festgehalten und der Anhaltestelle durchgegeben wurde. War aber eine Verwechslung auszuschließen, bedurfte es weder der Angabe der Type des Fahrzeuges und schon gar nicht seiner Maße. Da sich der Beamte über den Vorfall schriftliche Notizen machte, ist es nicht verwunderlich, daß er auch noch nach ca. einem Jahr präzise Angaben machen konnte.
Der Beschwerdeführer wurde dadurch, daß ihm in der gegen ihn erlassenen Strafverfügung vom 28. Juni 1989 eine Geschwindigkeitsübertretung von 16 km/h vorgeworfen wurde, hingegen ihm mit dem durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnis unter Berücksichtigung einer Meßtoleranz von 5 km/h eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 11 km/h zur Last gelegt wurde, in keinem Recht verletzt, ganz abgesehen davon, daß es zur Konkretisierung der Tat gar nicht der Anführung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung bedurft hätte.
Aber auch das gegen die Strafhöhe gerichtete Vorbringen des Beschwerdeführers vermag nicht durchzuschlagen. Die Feststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer mehrere einschlägige Vorstrafen aufweist, entspricht der Aktenlage, aus der sich desweiteren ergibt, daß diese Vorstrafen noch nicht getilgt sind. Diese Umstände mußten dem Beschwerdeführer bekannt sein, weshalb die belangte Behörde nicht gehalten war, dem Beschwerdeführer dazu Parteiengehör zu gewähren. Wird bedacht, daß für die vorliegende Übertretung ein Strafrahmen bis zu S 10.000,-- vorgesehen ist, über den Beschwerdeführer aber eine Geldstrafe von nur S 300,--, also eine solche an der untersten Grenze des Strafrahmens verhängt wurde, vermag der Verwaltungsgerichtshof selbst unter Bedachtnahme darauf, daß die Tat sonst keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, nicht zu finden, daß der belangten Behörde in Ansehung der Strafbemessung eine zur Aufhebung des Strafausspruches führende Rechtswidrigkeit unterlaufen ist.
Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991030007.X00Im RIS seit
12.06.2001