TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/9 91/19/0292

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Veröffentlicht am 09.03.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs3 litb;
PaßG 1969 §26 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 20. August 1991, Zl. III 370-23055/91, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (der belangten Behörde) vom 20. August 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 29. Juli 1991 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b Paßgesetz 1969 abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, er habe ein Schuhgeschäft im Kosovo betrieben und sei vor einigen Monaten auf Grund der Verfolgung durch die serbische Polizei, die die albanische Bevölkerung terrorisiere, geflohen. Er habe aus Furcht vor weiteren Verfolgungen Jugoslawien verlassen und sei zu seinen in Österreich lebenden Angehörigen gekommen. Er müsse rechnen, daß er in Jugoslawien verhaftet und neuerlich gefoltert werde. Er wolle bis zur Beruhigung der politischen Verhältnisse in Jugoslawien auf Grund der aufgezeigten Umstände in Österreich bleiben und ersuche daher um Ausstellung eines Wiedereinreisesichtvermerkes. In eventu beantrage er Asyl.

Auf Grund dieses Vorbringens ergebe sich, daß wegen der geltend gemachten politischen Verfolgung die vom Gesetz geforderte "gesicherte Wiederausreise" nicht gegeben sei, weshalb die Erteilung des Sichtvermerkes zu versagen gewesen sei.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1. Gemäß § 25 Abs. 1 Paßgesetz 1969 kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt. Nach § 25 Abs. 3 lit. b leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Wiederausreise nicht gesichert ist, es sei denn, daß dem Sichtvermerkswerber ein unbefristeter Sichtvermerk erteilt wird.

2. Der von der belangten Behörde herangezogene Versagungsgrund gemäß § 25 Abs. 3 lit. b Paßgesetz 1969 liegt dann nicht vor, wenn die Wiederausreise sowohl in materieller als auch in rechtlicher Hinsicht gesichert ist. In rechtlicher Hinsicht ist die Wiederausreise gesichert, wenn der Nachweis vorliegt, daß der Fremde auf Grund seines Reisedokumentes oder des Sichtvermerkes eines anderen Staates entweder in seinen Heimatstaat zurückkehren oder in einen dritten Staat weiterreisen kann (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1191 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen XI. GP, Seite 49; Hermann-Hackauf-Sellner, Paß-Fremdenpolizei- und Asylrecht, 3. Auflage, Seite 44).

Die belangte Behörde hat materielle oder rechtliche Gründe im aufgezeigten Sinne, die die Wiederausreise als nicht gesichert erscheinen lassen, nicht festgestellt. Nach der Aktenlage wird der Beschwerdeführer, der einen bis 11. August 1994 gültigen jugoslawischen Reisepaß besitzt, von seinem in Österreich lebenden Bruder unterstützt. Die belangte Behörde hat ausschließlich aus der behaupteten politischen Verfolgung des Beschwerdeführers den Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 25 Abs. 3 lit. b Paßgesetz 1969 abgeleitet. Diese Auffassung ist verfehlt, weil die behauptete politische Verfolgung die Rückkehr des Beschwerdeführers (dem im übrigen mangels Stellung des Asylantrages innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 5 Abs. 1 Asylgesetz die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dieser Gesetzesstelle nicht zukommt,) nach Jugoslawien oder die Ausreise in ein anderes Land nicht ausschließt. Die allfällige Absicht des Beschwerdeführers, über die zunächst beantragte Gültigkeitsdauer des Sichtvermerkes (von einem Jahr) hinaus in Österreich zu bleiben, stellt keinen tauglichen Grund dar, ihm die Erteilung eines befristeten Sichtvermerkes nach § 25 Abs. 3 lit. b Paßgesetz 1969 zu versagen. Würde man einen derartigen Standpunkt einnehmen, wäre die Erteilung von befristeten Sichtvermerken für Fremde, die ständig oder für längere Zeit (als die beantragte oder von der Behörde gemäß § 26 Abs. 2 und 3 Paßgesetz 1969 für angemessen erachtete Gültigkeitsdauer) in Österreich bleiben wollen, immer zu versagen. Daß ein solches Ergebnis nicht der Absicht des Gesetzgebers entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung.

3. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991190292.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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