TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/10 91/08/0100

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Veröffentlicht am 10.03.1992
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Index

L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;
L92103 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Niederösterreich;
L92603 Blindenbeihilfe Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
BAO §115 Abs2;
SHG NÖ 1974 §12;
SHV NÖ 1974 §1;
SHV NÖ 1974 §6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der K in E, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. September 1990, Zl. VII/1-F-32.561/8-90, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 22. Mai 1990 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf "Hilfe zum Lebensunterhalt" stattgegeben und ihr ab 26. April 1990 bis 31. Oktober 1990 Sozialhilfe in der Höhe von monatlich S 1.223,-- zuerkannt. Die Behörde gründete ihren Ausspruch auf § 9 des NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 9200-7 (in der Folge: NÖ SHG) und Abschnitt I der Verordnung über Sozialhilfen, LGBl. Nr. 9200/1-18 (in der Folge: Verordnung).

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie sich im wesentlichen gegen die Anwendung der Verordnung aussprach und beantragte, ihr die Sozialhilfe gemäß § 12 Abs. 1 bis 4 NÖ SHG "konkret" zu gewähren. Ferner ersuchte sie um eine detaillierte Aufschlüsselung der Geldbeträge.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Beschwerdeführerin gemäß § 9 NÖ SHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. b und § 3 der Verordnung für Mai und Juni 1990 unter dem Titel "Hilfe zum Lebensunterhalt" eine monatliche Geldleistung von S 1.589,-- und ab 1. Juli 1990 eine monatliche Geldleistung in der Höhe von S 1.687,-- zuerkannt. Ferner wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 2 der Verordnung in den Monaten Mai und November eine Bekleidungsbeihilfe in der Höhe der in diesem Monat zur Auszahlung gelangenden Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Für die Monate November bis März wurde ihr gemäß § 4 der Verordnung pro Monat ein Raumheizungszuschuß in der Höhe von S 1.041,-- zuerkannt.

Nach Wiedergabe der angewendeten Bestimmungen verwies die belangte Behörde in ihrer Begründung auf die Auskunft des Arbeitsamtes Amstetten, wonach die Beschwerdeführerin ab 26. April 1990 monatlich eine Arbeitslosenunterstützung in der Höhe von S 3.711,-- beziehe. Unter Berücksichtigung der von ihrem geschiedenen Gatten geleisteten Alimente von S 500,-- ergebe sich ein anrechenbares Einkommen von S 4.211,-- pro Monat. Die Alimente für ihre Söhne (12 x pro Jahr) entsprächen in etwa den Geldleistungen für Haushaltsangehörige mit Anspruch auf Familienbeihilfe (14 x pro Jahr), sodaß die Kinder, deren Lebensunterhalt durch die Alimente gedeckt sei, bei der weiteren Berechnung außer acht gelassen worden seien. Aus der vorgelegten Mietbestätigung vom 8. Juli 1990 sei zu entnehmen, daß ihre monatliche Miete S 2.100,-- zuzüglich Betriebs- und Heizkosten betrage.

Gemäß § 12 Abs. 1 und 2 NÖ SHG habe die Beschwerdeführerin Anspruch auf den Sozialhilferichtsatz für einen Haushaltsvorstand sowie gemäß § 3 der Verordnung auf eine Mietbeihilfe der Höhe der ortsüblichen Miete, was pro Monat folgende Beträge ergebe:

RS f. Haushaltsvor. S 3.700,-- bzw. S 3.798,-- (ab 1. Juli)

+ S 2.100,--

Insgesamt S 5.800,-- bzw. S 5.898,-- (ab 1. Juli)

Von diesem Betrag sei jedoch gemäß § 11 Abs. 1 NÖ SHG das anrechenbare monatliche Einkommen, das sei die Arbeitslosenunterstützung und die Alimente, die die Beschwerdeführerin für sich erhalte, in Abzug zu bringen.

Die der Beschwerdeführerin ab 1. Mai 1990 zustehende "Hilfe zum Lebensunterhalt" betrage somit ab 1. Mai 1990 monatlich S 1.589,-- (S 5.800,-- - S 4.211,--) und ab 1. Juli 1990 monatlich S 1.687,-- (S 5.898,-- - S 4.211,--). Dem Antrag habe erst ab Mai 1990 stattgegeben werden könne, da das Einkommen der Beschwerdeführerin in den Monaten Februar, März und April 1990 wesentlich über dem für sie geltenden Sozialhilferichtsatz + Mietbeihilfe gelegen sei (Februar:

S 6.105,--, März: S 5.793,-- und April: S 5.772,-- plus jeweils S 500,-- Alimente).

Auf den Einwand der Beschwerdeführerin, daß ihr wenigsten der von der Republik Österreich für Flüchtlinge aufgewendete Betrag für eine Frau mit zwei Kindern gebühre (das seien monatlich etwa S 18.000,--), sei nicht einzugehen, da er in Verbindung mit Sozialhilfeleistungen als irrelevant zu betrachten sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien für die im Rahmen der Sozialhilfe zu gewährenden Geldleistungen die in der Verordnung festgelegten Richtsätze und nicht etwa das Gehaltsschema irgendeiner Berufsgruppe oder sonstige Berechnungsunterlagen heranzuziehen.

1.3. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichthof erhoben. Dieser hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 10. Juni 1991, B 1188/90-15, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.4. In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten insofern verletzt, als die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 1 NÖ SHG entschieden habe. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid in seinem abweisenden Teil zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, da "der Sachverhalt unvollständig geklärt" und "das Recht auf Parteiengehör verletzt" worden sei. Nähere Ausführungen dazu enthält die Beschwerdeergänzung nicht.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid in seinem "abweisenden Teil" aufzuheben, wendet sich die Beschwerdeführerin - entsprechend ihrem gesamten Vorbringen im Verwaltungsverfahren - offensichtlich gegen die in Anwendung der Verordnung über Sozialhilfen erfolgte Bemessung von Sozialhilfeleistungen. Nach der im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung der Beschwerdeführerin sei Sozialhilfe unmittelbar aufgrund des § 12 Abs. 1 bis 4 NÖ SHG zu gewähren, wobei in ihrem Fall von einem monatlichen Betrag in der Höhe von etwa S 18.000,-- (abzüglich des anrechenbaren Einkommens) auszugehen sei.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Die von der Behörde vorzunehmende Bemessung des Lebensunterhaltes und die demnach im Rahmen der Sozialhilfe zu gewährende Geldleistung, soweit sie der Deckung des im § 1 der Verordnung angeführten Aufwandes dient, hat sich ausschließlich nach den in dieser Verordnung festgesetzen Richtsätzen zu richten. Die Orientierung an anderen Vergleichsmaßstäben - etwa an den von der Republik Österreich im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung nach der Behauptung der Beschwerdeführerin aufgewendeten Beträgen, wie dies die Beschwerdeführerin beantragt hat - wäre durch das NÖ SHG nicht gedeckt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1982, Zl. 82/11/0181, VwSlg. 10.916/A). In den Richtsätzen wird der regelmäßige Mindestbedarf ("unterstes sozialrechtliches Existenzminimum") festgesetzt. Ein aufgrund der Bestimmungen der §§ 1 bis 4 der Verordnung nicht gedeckter individueller, notwendiger Sonderbedarf ist gemäß § 6 (Sonderbedarfsbeihilfe) durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu befriedigen (vgl. dazu etwa PFEIL, Österreichisches Sozialhilferecht, Seite 426 ff). Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin gerügten Verfahrensverletzungen liegen daher nicht vor. Wird ferner eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Unterlassung des Parteiengehörs geltend gemacht, dann hat der Beschwerdeführer auch die entscheidenden Tatsachen bekanntzugeben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Oktober 1982, Zlen. 82/07/0191, 0192, VwSlg. 10.859/A).

2.2. Aufgrund des ausdrücklichen Antrages in der Beschwerde, den angefochtenen Bescheid in seinem abweisenden Teil aufzuheben, war die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im übrigen nicht zu prüfen. Daß die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Ermittlungsergebnisse unrichtig sind oder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vorliegt, wurde von der Beschwerde weder behauptet noch ist dies dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen.

2.3. Da die von der Beschwerde geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991080100.X00

Im RIS seit

01.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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