TE Vwgh Beschluss 1992/3/10 87/08/0243

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Veröffentlicht am 10.03.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §69;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §56;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache des nach Einbringung der Beschwerde verstorbenen Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 10. Juli 1987, Zl. 121.300/4-7/87, betreffend die Versicherungspflicht der R nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. R in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, 2. Wiener Gebietskrankenkasse,

3. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 1987 wurde die Versicherungspflicht der erstmitbeteiligten Partei nach dem ASVG und dem AlVG für die Zeit ihrer Beschäftigung bei dem während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verstorbenen Beschwerdeführer in der Zeit vom 2. Februar 1982 bis 30. November 1983 festgestellt.

Mit Schreiben vom 19. Februar 1992 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer, vertreten durch den inzwischen bestellten Verlassenschaftskurator auf, sich im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG zur Frage zu äußern, ob dieses Beschwerdeverfahren mittlerweile nicht gegenstandslos geworden sei. Dabei schienen dem Verwaltungsgerichtshof folgende Überlegungen von Bedeutung zu sein:

"Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Versicherungspflicht der Genannten als Dienstnehmerin festgestellt. Soweit sich aus einer solchen Feststellung höchstpersönliche Handlungspflichten des Dienstgebers nach dem ASVG ableiten, sind diese jedenfalls durch den Tod des Beschwerdeführers erloschen. Was nun die vermögensrechtlichen Konsequenzen aus der bekämpften Entscheidung einerseits und aus einem möglichen Prozeßgewinn vor dem Verwaltungsgerichtshof andererseits anlangt, ist auf die Bestimmung des § 69 Abs. 1 ASVG hinzuweisen. Das Recht auf Rückforderung der

- möglicherweise - zu Ungebühr entrichteten Beiträge verjährt nach Ablauf von drei Jahren nach der Zahlung. Nach der Aktenlage wurden die rückständigen Beiträge am 9. März 1988 bezahlt. Ein Antrag auf Rückforderung wurde nicht gestellt. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in der Versicherungspflichtsache hemmt den Lauf der Verjährung des Rückforderungsrechtes nach der Gesetzeslage nicht. Auch wurde ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht gestellt.

Im Hinblick auf die Verjährung des Rückforderungsrechtes nach § 69 ASVG scheint daher ein rechtliches Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Fortsetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht mehr zu bestehen. Das Verfahren wäre als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen."

Die Verlassenschaft nach dem verstorbenen Beschwerdeführer hat sich hiezu nicht geäußert.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof eingetreten ist (Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. N.F. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

2.2. Unvorgreiflich der Frage, ob ein verwaltungsgerichtliches Beschwerdeverfahren betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht eines Dienstnehmers nach dem ASVG und dem AlVG nach dem Tod des beschwerdeführenden Dienstgebers mit dessen Verlassenschaft überhaupt fortgesetzt werden kann (mit oder ohne Fortsetzungserklärung der Verlassenschaft), erweisen sich die vorstehend wiedergegebenen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes im konkreten Beschwerdefall als zutreffend.

Da der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls hier kein rechtliches Interesse der beschwerdeführenden Partei (Verlassenschaft) an der Weiterführung des Beschwerdeverfahrens zu erkennen vermag - auch die Verlassenschaft hat sich nicht in anderer Richtung geäußert - war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

2.3.1. Gemäß § 56 erster Satz VwGG ist dann, wenn der Beschwerdeführer hinsichtlich einzelner oder aller Beschwerdepunkt klaglosgestellt (§ 33) wurde, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn er obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGG wäre. Soweit die §§ 47 bis 56 nichts anderes bestimmen, hat gemäß § 58 VwGG jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen.

2.3.2. Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war § 56 erster Satz VwGG auf den Kostenersatzantrag der beschwerdeführenden Partei nicht anzuwenden; dieser mußte daher abgewiesen werden (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1980, Slg. N.F. Nr. 10.092/A). Es kann aber auch nicht davon die Rede sein, daß die belangte Behörde oder eine der mitbeteiligten Parteien als obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 2 Z. 2 oder Abs. 3 VwGG zu gelten hätte, sodaß auch diese ihren Verfahrensaufwand gemäß § 58 VwGG selbst zu tragen haben (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 1. Februar 1989, Zl. 87/01/0032).

Schlagworte

Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §33 Abs1 Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster Satz Gültigkeit der Kostenbestimmungen Inhaltlich Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1987080243.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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