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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon sowie den Senatspräsidenten Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom 13. Dezember 1990, Zl. 6/1-1307/88-08, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für 1983 bis 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erwirtschaftete in den Streitjahren neben ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit als Steuerberater Werbungskostenüberschüsse (Verluste) aus der Vermietung eines im Juli 1983 um den Preis von rund 2 Mio S käuflich erworbenen Einfamilienhauses in D. Die belangte Behörde erblickte in der Vermietung "Liebhaberei", versagte den Werbungskostenüberschüssen der Streitjahre (1983 bis 1985) von insgesamt rund 1,2 Mio S (laut Abgabenerklärungen) mit dem angefochtenen Bescheid den Ausgleich mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit und ließ die mit dem Mietobjekt im Zusammenhang stehenden Vorsteuern unter Hinweis auf § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1972 nicht zum Abzug zu. Sie stützte ihre Entscheidung im wesentlichen auf die Liebhabereiverordnung BGBl. Nr. 322/90 (§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 4, § 3). Unter Hinweis auf die Anschaffungkosten des Grundstückes in D, die Einrichtung des Gebäudes, die Vermietungsdauer, die bei der Vermietung vereinbarten bzw. erzielten Einnahmen und Verluste sowie auf den Verkauf des Hauses im Jahre 1986 (Verkaufspreis rund 1,6 Mio S) vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, auf Grund der mangelnden objektiven Ertragsfähigkeit der Betätigung im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege im Beschwerdefall Liebhaberei im Sinne des § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung vor.
Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Aus Anlaß dieses Beschwerdefalles stellte der Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Liebhabereiverordnung hinsichtlich ihres Abschnittes I als gesetzwidrig aufzuheben (V 175/91 des Verfassungsgerichtshofes).
Auf Grund dieses Antrages hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, V 53/91-15 u.a., in Abschnitt I der Liebhabereiverordnung Art. I § 1 Abs. 3 Z. 1 und Art. II als gesetzwidrig aufgehoben, den Antrag aber im übrigen abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Vom Verwaltungsgerichtshof ist im Beschwerdefall, der Anlaßfall für das erwähnte Normenprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof war, gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigte Rechtslage anzuwenden. Da mit diesem Erkenntnis die Übergangsbestimmung der Liebhabereiverordnung (Abschnitt I Art. II) als gesetzwidrig aufgehoben wurde, wonach Art. I auf alle (im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung mit dem ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag, das ist der 23. Juni 1990) noch nicht endgültig rechtskräftig veranlagten Fälle anzuwenden ist, sind für den zeitlichen Anwendungsbereich der Verordnung nun die allgemeinen Grundsätze entscheidend. Nach diesen richtet sich die materiell-rechtliche Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte, soweit der Gesetzgeber nicht anderes bestimmt, nach dem zur Zeit der Verwirklichung dieser Sachverhalte geltenden Recht. Änderungen der materiellen Rechtslage kommt daher grundsätzlich rückwirkende Kraft nicht zu. Da im Beschwerdefall die Veranlagung zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer für 1983 bis 1985 zu beurteilen ist, scheidet die Anwendung des gesamten Art. I der Liebhabereiverordnung aus (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1992, 92/14/0016). Der Beschwerdefall ist sohin anhand der vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung geltenden Rechtslage dahingehend zu prüfen, ob steuerliche Liebhaberei vorliegt.
Nach dieser Rechtslage erblickte der Verwaltungsgerichtshof nur in Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen positive Einkünfte erwarten lassen, eine Einkunftsquelle, wobei es in erster Linie auf die objektive Möglichkeit, positive Einkünfte zu erzielen, auf die (subjektive) Einkunftserzielungsabsicht hingegen nur im Zweifel ankam (Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 2 Tz 21 ff und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Stellt eine Betätigung Liebhaberei dar, so sind Verluste (Werbungskostenüberschüsse) aus ihr nicht gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1972 ausgleichsfähig und Vorsteuern nicht abzugsfähig (siehe § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1972 in der Fassung vor und § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 in der Fassung nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 587/83).
Ob das wirtschaftliche Engagement des Steuerpflichtigen auf Dauer gesehen positive Einkünfte erwarten läßt, kann in aller Regel erst nach einem längeren Beobachtungszeitraum beantwortet werden. Endet das wirtschaftliche Engagement jedoch, bevor noch ein solcher Zeitraum verstrichen ist, dann ist die voraussichtliche Entwicklung von Einnahmen und Aufwendungen anhand der schon bekannten Sachverhaltselemente zu prognostizieren. Beispielhaft erwähnt seien hier die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1979, 2846/78, vom 19. Februar 1985, 84/14/0079, und vom 19. Jänner 1988, 87/14/0034. Von dieser Rechtsprechung geht erkennbar auch die Beschwerdeführerin aus. Sie hat im Verwaltungsverfahren Prognoserechnungen vorgelegt, auf die sie sich auch in der Beschwerde bezieht. Die Prognosen gehen zum Teil von einer wochenweisen Vermietung und damit von einer Bewirtschaftung des Mietobjektes aus, wie sie nie stattgefunden hat, ja nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin gar nicht stattfinden konnte. Kam doch die von der Beschwerdeführerin durch Werbung im In- und Ausland (insbesondere bei der UNIDO und in ausländischen Zeitungen) angestrebte wochenweise Vermietung zu den von der Beschwerdeführerin in Aussicht genommenen Konditionen deshalb nicht zustande, weil sich zu diesen Konditionen nach ihren Angaben kein Mieter fand: Die Beschwerdeführerin selbst legte in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 1988 dar, "daß nach Beginn der Anzeigenkampagne für das Haus in D der erhoffte Widerhall ausblieb" und daß sich auch "zwischenzeitig gemachte Vermietungsbemühungen ... leider ebenfalls nicht als zielführend" erwiesen. Zustande kam dann lediglich ein auf drei Jahre abgeschlossener Mietvertrag mit monatlichen Mietzinsen, die unter den bei wöchentlicher Vermietung erhofften Mietzinsen lagen. Selbst wenn man aber der auf eine wochenweise Vermietung aufgebauten Prognose der Beschwerdeführerin folgen wollte, käme es nach ihren Berechnungen (Beilage 1 zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung) erst nach 14 Jahren zu einem positivem Gesamtergebnis. Dies kann aber nicht als ein IN ABSEHBARER ZEIT erzielbares positives Gesamtergebnis angesehen werden, wie dies der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. September 1989, 88/14/0137, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG hingewiesen wird, forderte und näher begründete.
Soweit die Prognosen aber auf eine Dauervermietung abstellen, halten sie ein positives Gesamtergebnis nach 17 Jahren für erzielbar. Dies stellt erst recht keinen im Sinne des Erkenntnisses 88/14/0137 absehbaren Zeitraum dar.
Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, (EDV-bedingte) Schwierigkeiten in ihrer Steuerberaterkanzlei hätten sie gehindert, sich in stärkerem Maße um eine bessere Vermietung zu kümmern, so gibt sie damit letztlich zu, daß ihr eine andere Bewirtschaftung des Mietobjektes als die in absehbarer Zeit nicht ertragbringende nach den besonderen Verhältnissen ihres Falles nicht möglich war. Es mag sein, daß die Beschwerdeführerin das Mietobjekt später rationeller hätte bewirtschaften können. Erst nach einer solchen Änderung der Bewirtschaftung hätte aber - von neuem - geprüft werden können, ob eine Einkunftsquelle vorliegt.
Die von der Beschwerdeführerin geforderten Beweisaufnahmen hätten die Richtigkeit ihrer Annahmen erweisen sollen. Da aber selbst bei Zutreffen dieser Annahmen Liebhaberei zu unterstellen gewesen wäre, konnte das Unterbleiben der Beweisaufnahmen keinen wesentlichen Verfahrensmangel begründen. Nicht entscheidungswesentlich ist es auch, warum der Verkauf des Mietobjektes im Jahre 1986 erfolgte. Vergleichsobjekte, wie sie die Beschwerdeführerin ins Spiel bringt, hätten zwar die Höhe erzielbarer Mietzinse erweisen können, nicht aber belegt, daß die von der Beschwerdeführerin tatsächlich gewählte Art der Bewirtschaftung des Mietobjektes unter Inanspruchnahme von Fremdkapital in absehbarer Zeit zu einem positiven Gesamtergebnis geführt hätte. Was schließlich die in der Beschwerde gerügte Auslastungsannahme von 25 Wochen jährlich betrifft, so liegt diese der Prognose der Beschwerdeführerin in Beilage 1 zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung selbst zugrunde.
Zusammenfassend läßt der angefochtene Bescheid keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 206/89. Kosten nach der Verordnung BGBl. Nr. 104/91 konnten nicht zugesprochen werden, weil die Gegenschrift der belangten Behörde zur Beschwerde erst nach Inkrafttreten der letztgenannten Verordnung vorgelegt wurde (Inkrafttreten 6. März 1991, Vorlage der Gegenschrift am 11. April 1991).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992130019.X00Im RIS seit
12.02.2002