TE Vfgh Beschluss 1989/6/28 B389/89

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Veröffentlicht am 28.06.1989
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Sbg GemeindeO 1976 §38 Abs3 idF LGBl 67/1988

Leitsatz

Unzulässige Einbringung der Beschwerde einer Stadtgemeinde durch den Bürgermeister

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.a) Mit dem Bescheid der Grundverkehrskommission für den politischen Bezirk Hallein vom 19. Februar 1988 wurde einem Kaufvertrag, der den Erwerb einer näher bezeichneten Liegenschaft durch die Stadtgemeinde Hallein vorsah, unter Berufung auf §3 Abs3 Z2 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: Sbg. GVG 1986), die Zustimmung verweigert.

b) Gegen diesen Bescheid erhob die Stadtgemeinde Hallein Berufung.

c) Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg hat mit dem Bescheid vom 24. Januar 1989 unter Berufung auf §66 Abs4 AVG 1950 iVm §3 Abs3 Z2 Sbg. GVG 1986 der Berufung teils keine Folge gegeben, teils den erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben.

2. Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar gegen den die Berufung abweisenden Teil - richtet sich die vorliegende, von den Einschreitern (siehe dazu unter II. 1.b) gemäß Art144 B-VG erhobene Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung des behauptetermaßen verfassungswidrigen §3 Abs4 Sbg. GVG 1986 geltend gemacht wird.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1.a) Die Erhebung einer Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG gegen den angefochtenen Bescheid ist eine in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallende Angelegenheit; die Beschlußfassung darüber ist dem Gemeinderat vorbehalten (vgl. §16 Abs1 iVm §18 Abs1 iVm §31 Abs6 Z6 der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. 56, idF LGBl. 67/1988 - Sbg. GO 1976).

b) Die Beschwerde gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 24. Januar 1989 wurde nicht vom Gemeinderat, sondern vom Bürgermeister und vom Ersten Vizebürgermeister eingebracht.

Der Verfassungsgerichtshof hat gemäß §18 VerfGG die Stadtgemeinde Hallein mit Schreiben vom 7. April 1989 (zugestellt am 10. April 1989) unter Hinweis auf die nach §19 Abs3 VerfGG eintretenden Säumnisfolgen aufgefordert, innerhalb von drei Wochen einen Auszug aus dem Protokoll jener Gemeinderatssitzung vorzulegen, in der die Erhebung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde beschlossen wurde.

Mit Schreiben vom 26. April 1989 teilten die Einschreiter mit, daß eine Beschlußfassung über die Beschwerdeerhebung in der - bis dahin letzten - Gemeinderatssitzung vom 9. März 1989 noch nicht möglich gewesen sei. Zwischen der Zustellung des bekämpften Bescheides am 10. Februar 1989 und dieser Gemeinderatssitzung habe der Rechtsvertreter der Stadtgemeinde Hallein zunächst die Erfolgsaussichten einer Beschwerde geprüft. Nach Abschluß dieser Begutachtung sei der Zeitraum zu kurz gewesen, um auch nur einen Teil der 25 Gemeinderatsmitglieder so ausreichend über die komplizierte Materie zu informieren, daß jedem Mitglied eine Mitwirkung an der Beschlußfassung nach bestem Wissen und Gewissen möglich gewesen wäre. Auch innerhalb des restlichen Zeitraumes von der Gemeinderatssitzung vom 9. März 1989 bis zum Ablauf der Beschwerdefrist sei eine neuerliche kurzfristige Einberufung des Gemeinderates nicht mehr möglich gewesen, zumal der Rechtsvertreter der Stadtgemeinde Hallein für die Ausarbeitung der Beschwerde zehn Tage benötigt habe. Aus all diesen Gründen sei der Bürgermeister gemäß §38 Abs3 Sbg. GO 1976 berechtigt gewesen, anstelle des Gemeinderates die Beschwerde durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter einzubringen. Die nächste Gemeinderatssitzung werde am 29. Juni 1989 stattfinden. Der Bürgermeister beabsichtige, die Verfassungsgerichtshofbeschwerde zu diesem Zeitpunkt dem Gemeinderat zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen.

2.a) Gemäß §38 Abs3 Sbg. GO 1976 idF LGBl. 67/1988 ist der Bürgermeister berechtigt, unter seiner Verantwortung die unbedingt erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn in Angelegenheiten, die in den Wirkungskreis der Gemeindevertretung oder eines Ausschusses fallen, ein Beschluß des zuständigen Kollegialorganes nicht ohne Nachteil für die Sache oder ohne Gefahr eines Schadens für die Gemeinde abgewartet werden kann. Der Bürgermeister hat solche Maßnahmen unverzüglich der Gemeindevertretung zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen.

b) Die Frage, ob die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach §38 Abs3 Sbg. GO überhaupt gegeben sind, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil die Genehmigung der Beschwerdeerhebung durch den Gemeinderat weder unverzüglich iS der zitierten Gesetzesvorschrift noch innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof festgesetzten Frist erfolgt ist.

Da der Beschwerde kein Beschluß des hiefür zuständigen Gemeinderates zugrundeliegt, war sie als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Gemeinderecht Organe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B389.1989

Dokumentnummer

JFT_10109372_89B00389_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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