TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/13 87/17/0309

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Veröffentlicht am 13.03.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

ViehWG 1976 §13 Abs1 idF 1980/287;
ViehWGNov 1980 Art3 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 21. Juli 1987, Zl. 13.365/209-I 3c/87, betreffend Haltungsbewilligung nach dem Viehwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 86/03/0104, verwiesen, mit dem auf Grund der Beschwerde des Beschwerdeführers der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. Februar 1986, Zl. 13.365/28-I 3/86, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, wenngleich Mastschweine und Zuchtsauen in § 13 Abs. 1 Viehwirtschaftsgesetz 1983 als gesonderte Tierbestände angeführt seien, wirkten sich dennoch Veränderungen des Bestandes an diesen Tierarten auf demselben Markt, nämlich dem Schweinemarkt, aus. Wenn daher statt einer bestimmten Zahl von Zuchtsauen eine bestimmte Zahl von Mastschweinen gehalten werde, so sei damit nicht notwendig eine Ausweitung des Schweinebestandes und damit eine Vergrößerung des Angebotes auf dem Schweinemarkt verbunden. Wenn die von einem Betriebsinhaber angestrebte Änderung des genehmigten Tierbestandes - Haltung von Mastschweinen statt Zuchtsauen - eine Verminderung des Angebotes auf dem Markt erwarten lasse, werde der Markt durch die beabsichtigte Maßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 Viehwirtschaftsgesetz 1983 positiv beeinflußt, sodaß die Instabilität des Marktes nicht als Ablehnungsgrund herangezogen werden könne. Ob es zutreffe, daß aus der beantragten geänderten Haltungsbewilligung eine Verminderung des Angebotes auf dem Markt zu erwarten sei, müsse unter Anlegung eines objektiven Maßstabes und unter Zugrundelegung des Höchstausmaßes des bisher bewilligten und des nunmehr angestrebten Tierbestandes geprüft werden, weil anders die Vergleichsgrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der begehrten Änderung der Haltungsbewilligung auf die Marktlage fehlen würde. In welchem Umfang von der Bewilligung in der Vergangenheit tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei, sei für diese Beurteilung nicht rechtserheblich, zumal ja die volle Ausschöpfung einer Haltungsbewilligung jederzeit zulässig sei. Auf dem Boden dieser Rechtslage wäre im Beschwerdefall zu prüfen gewesen, ob die vom Beschwerdeführer begehrte Haltung von 60 Zuchtsauen und 85 Mastschweinen gegenüber der bisher genehmigten Haltung von 95 Zuchtsauen insgesamt zu einer Verminderung des Angebotes an Schweinen auf dem Markt zu führen geeignet sei.

Im fortgesetzten Verfahren wurden Stellungnahmen zweier Fachabteilungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft eingeholt, die sich gegen eine Stattgebung des Antrages aussprachen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Oktober 1985 "gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621, in der Fassung BGBl. Nr. 264/1984," abgewiesen. In der Begründung wurde unter Bezugnahme auf die eingeholten Stellungnahmen dargelegt, daß durch die angestrebte Produktionskapazität die bestehenden instabilen Marktverhältnisse und die bäuerliche Veredelungsproduktion in diesem Bereich insgesamt zusätzlich belastet würde, zumal auch keine Steigerung des Schweinefleischverbrauches zu erwarten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge in seinem Recht auf Erteilung einer Haltungsbewilligung für 95 Mastschweine und 60 Zuchtsauen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß eine Bindung auch des Verwaltungsgerichtshofes selbst an ein vorausgegangenes Erkenntnis nur insoweit bestehen kann, als er darin zu konkreten Fragen seine Rechtsanschauung geäußert hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1984, Zl. 81/10/0136).

Der Beschwerdeführer macht unter anderem geltend, daß es bezogen auf die Anrechnungsregel des zweiten Unterabsatzes im § 13 Abs. 1 Viehwirtschaftsgesetz 1983 zu einer Bestandsverminderung gekommen und daher die Abweisung seines Antrages zu Unrecht erfolgt sei. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer - wenn auch nur im Ergebnis und aus einem anderen Zusammenhalt - im Recht.

Es ist im Beschwerdefall zunächst davon auszugehen, daß die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. März 1980 dem Beschwerdeführer die Haltung von 85 Zuchtsauen bewilligt hatte. Die Behörde berief sich hiebei ausdrücklich auf § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes 1976, BGBl. Nr. 258, in der Fassung der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1978, BGBl. Nr. 270.

§ 13 des Gesetzes in der genannten Fassung lautete damals:

"(1) Die Haltung von mehr als 400 Mastschweinen oder 60 Zuchtsauen je Betrieb bedarf einer Bewilligung.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann zur Erreichung der Ziele des § 2 Abs. 1 Bewilligungen gemäß Abs. 1 erteilen.

(3) Betrieben, deren Tierbestand zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes über die in Abs. 1 festgelegten Größen hinausgeht, ist auf jeden Fall eine Bewilligung in der Höhe des Bestandes vom 3. Dezember 1977 zu erteilen."

Auf Grund dieses Bescheides im Zusammenhalt mit der Bestimmung des § 13 Abs. 1 Viehwirtschaftsgesetz 1976 in der Fassung der Novelle 1978 war daher dem Beschwerdeführer das Halten von 400 Mastschweinen und 85 Zuchtsauen gestattet.

Am 1. Juli 1980 trat die Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1980, BGBl. Nr. 287, in Kraft.

Die ersten beiden Absätze dieser Bestimmung lauteten nunmehr:

"(1) Inhaber von Betrieben dürfen ohne Bewilligung folgende

Tierbestände halten:

1.

400 Mastschweine

2.

50 Zuchtsauen

3.

30 Mastkälber

4.

22000 Masthühner

5.

10000 Legehennen

Jeder der in Z. 1 bis 5 genannten Bestände entspricht dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 %; werden mehrere dieser Tierarten gehalten, so dürfen diese Bestände insgesamt nicht mehr als 100 % betragen.

(2) Für das Halten größerer Tierbestände als nach Abs. 1 ist eine Bewilligung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft erforderlich. Sie darf nur erteilt werden, wenn dadurch die Erhaltung einer bäuerlichen Veredelungsproduktion nicht gefährdet wird und stabile Verhältnisse auf den betroffenen Märkten gewährleistet erscheinen. Die Bewilligung hat sich auf bestimmte Tierarten mit der Wirkung zu beschränken, daß keine gegenseitige Aufrechnung mehrerer bewilligter Tierarten zulässig ist und das Halten auch anderer im Abs. 1 genannter Tiere durch denselben Betriebsinhaber - ausgenommen Bestände bis zu 2 v.H. der aus Abs. 1 sich ergebenden Größen - nicht zulässig ist..."

Nach Art. III Abs. 2 zweiter Satz der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1980 sollten bereits erteilte Bewilligungen für das Halten von Mastschweinen und Zuchtsauen gemäß § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes in der Fassung der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1978 unberührt bleiben.

Eine Änderung der Rechtslage ist durch die Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1982, BGBl. Nr. 310, nicht eingetreten. Durch diese Novelle wurde im § 13 Abs. 1 lediglich in den Katalog der Tierbestände die Tierart "Truthühner" aufgenommen (§ 13 Abs. 1 erhielt durch diese Novelle seine in der Wiederverlautbarung des Viehwirtschaftsgesetzes 1976 als Viehwirtschaftsgesetz 1983, BGBl. Nr. 621, übernommene endgültige Fassung).

Angewendet auf den Beschwerdefall bedeutet dies, daß auch für den Beschwerdeführer die Neuregelung des § 13 Abs. 1 in der Fassung der Viehwirtschaftsgesetz-Novelle 1980 (nunmehr Viehwirtschaftsgesetz 1983) galt, wobei jedoch an die Stelle der dort genannten 50 Zuchtsauen die Zahl von 85 Zuchtsauen zu treten hatte. Die Anrechnungsregel des zweiten Unterabsatzes im § 13 Abs. 1 nach der genannten Fassung war mit der Maßgabe anzuwenden, daß für ihn der Bestand von 85 Zuchtsauen (anstatt 50) dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 % entsprach (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. September 1989, Zl. 88/17/0027).

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall folgende Berechnung des 100 % gleichzusetzenden höchstzulässigen Gesamtbestandes nach § 13 Abs. 1 zweiter Unterabsatz in der Fassung der Novelle 1980 für die beiden Tiergattungen:

MASTSCHWEINE:

zulässig: 400 Stück

beantragt: 95 Stück = 23,75 %

ZUCHTSAUEN:

bewilligt: 85 Stück

beantragt: 60 Stück = 70,59 %

23,75 % + 70,59 % = 94,34 %

Diese Berechnung ergibt somit, daß ein für die Bewilligungspflicht erforderlicher höchstzulässiger Gesamtbestand nach § 13 Abs. 1 zweiter Unterabsatz VWG in der Fassung der Novelle 1980 durch die beantragte Tierhaltung gar nicht erreicht wird. Mangels Vorliegens der Bewilligungspflicht wäre daher der Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers vom 4. Oktober 1985 zurückzuweisen gewesen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Da die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen statt zurückgewiesen hat, wurde der Beschwerdeführer auch in seinen Rechten verletzt, weil nach dem Inhalt des von der belangten Behörde bestätigten Spruches der Behörde erster Instanz die beantragte (geänderte) Tierhaltung schlechthin versagt wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1987170309.X00

Im RIS seit

13.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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