TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/17 92/11/0014

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Veröffentlicht am 17.03.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

StrSchG 1969 §10 Abs1;
StrSchG 1969 §10 Abs2 lita;
StrSchG 1969 §10 Abs3;
StrSchG 1969 §10 Abs5;
StrSchG 1969 §17;
StrSchG 1969 §39 Abs2;
StrSchV 1972 §28 Abs1 litb;
VStG §44a litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Waldner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. W in Z, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. März 1990, Zl. Vd-San-14.766/3, betreffend Übertretungen des Strahlenschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Punktes 1. (Schuld-, Straf- und Kostenausspruch) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. März 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Strahlenschutzbeauftragter an bestimmt bezeichneten Tagen zwischen dem 9. Jänner und dem 30. März 1989 in seiner (Arzt-)Praxis in Z, X-Gasse, die ortsveränderliche Röntgeneinrichtung NANODOR 2 betrieben, ohne

1. die für die Funktion des Strahlenschutzbeauftragten erforderliche Strahlenschutzausbildung gemäß § 28 Abs. 1 lit. b der Strahlenschutzverordnung absolviert zu haben bzw.

2. die erforderliche Bewilligung gemäß § 10 des Strahlenschutzgesetzes für den Betrieb der Röntgeneinrichtung in diesem Standort zu besitzen.

Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach

1. § 39 Abs. 2 lit. b des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, (im folgenden: StrahlenschutzG) in Verbindung mit § 28 Abs. 1 lit. b der Strahlenschutzverordnung, BGBl. Nr. 47/1972, (im folgenden: StrahlenschutzV)

2. § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 StrahlenschutzG begangen. Über ihn wurden deshalb Geldstrafen zu 1. von S 20.000,-- (vier Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) und zu 2. S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage und acht Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs. 1 StrahlenschutzG bedarf der Umgang mit radioaktiven Stoffen oder der Betrieb von Strahleneinrichtungen, für den eine gemäß § 5 oder § 7 bewilligungspflichtige Anlage nicht benötigt wird, gleichfalls einer Bewilligung. Gemäß § 39 Abs. 1 StrahlenschutzG machen sich u.a. Personen, die Strahleneinrichtungen betreiben, ohne hiezu eine nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgeschriebene Bewilligung zu besitzen, einer Verwaltungsübertretung schuldig und sind mit Geldstrafen bis zu

S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Die belangte Behörde begründete den Vorwurf des bewilligungslosen Betriebes der Röntgeneinrichtung (Pkt. 2 des angefochtenen Bescheides) damit, daß der Beschwerdeführer mit der Verlegung des Standortes seiner Praxis von Z, Y-Gasse, an den nunmehrigen Standort in Z, X-Gasse, auch die Röntgeneinrichtung dorthin verlegt habe. Er sei daher verpflichtet, auch für den nunmehrigen Standort eine Betriebsbewilligung nach § 10 StrahlenschutzG zu erwirken. Obwohl er bereits mit Schreiben der Erstbehörde (Bezirkshauptmannschaft Schwaz) vom 7. Februar 1985 dazu aufgefordert worden sei, habe er erst am 28. Juni 1988 einen Bewilligungsantrag eingebracht.

Der Beschwerdeführer tritt der Feststellung der belangten Behörde nicht entgegen, daß ihm wohl für den früheren, nicht aber für den nunmehrigen Standort der Röntgeneinrichtung eine Betriebsbewilligung erteilt worden sei. Er steht aber auf dem Standpunkt, er sei auf Grund jener Betriebsbewilligung berechtigt, die Röntgeneinrichtung auch am nunmehrigen Standort zu betreiben. Diese Bewilligung sei bisher nicht widerrufen worden. Allenfalls könne ihm vorgeworfen werden, daß er der Auflage des seinerzeitigen Bewilligungsbescheides, die erforderliche Strahlenschutzausbildung nachzuholen, bisher nicht nachgekommen sei.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Nach § 10 Abs. 2 lit. a StrahlenschutzG setzt eine Bewilligung nach Abs. 1 voraus, daß für den Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen in ausreichendem Maße Vorsorge getroffen ist. Nach Abs. 3 sind in den Bewilligungsbescheid erforderlichenfalls solche Bedingungen und Auflagen aufzunehmen, deren Erfüllung vom Standpunkt des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen notwendig ist. Insbesondere ist erforderlichenfalls unter Bedachtnahme auf die beabsichtigte Tätigkeit und die dadurch notwendigen Strahlenschutzmaßnahmen vorzuschreiben, daß weitere Personen, die nachweislich hinreichende Kenntnisse im Strahlenschutz besitzen, mit dessen Wahrnehmung zu betrauen sind. Nach § 10 Abs. 5 erster Satz StrahlenschutzG sind dem Antrag um Erteilung einer Bewilligung die erforderlichen Unterlagen, insbesondere eine genaue Darstellung der beabsichtigten Tätigkeit unter besonderer Berücksichtigung der vorgesehenen Strahlenschutzmaßnahmen beizuschließen.

Aus diesen Regelungen ist abzuleiten, daß es für eine Bewilligung u.a. von Strahleneinrichtungen gemäß § 10 Abs. 1 StrahlenschutzG nicht allein auf deren Beschaffenheit, sondern auch auf sonstige räumliche und betriebliche Gegebenheiten, insbesondere auf vorgesehene Schutzeinrichtungen, ankommt. Denn erst bei gehöriger Bedachtnahme auch auf diese Umstände vermag die Bewilligungsbehörde der ihr übertragenen Aufgabe, den Schutz der Gesundheit von Menschen einschließlich ihrer Nachkommenschaft vor Schäden durch ionisierende Strahlen zu gewährleisten, umfassend zu entsprechen. Die erwähnten Umstände werden insbesondere auch bei der Beurteilung der Frage von Bedeutung sein, ob und gegebenenfalls welche Bedingungen und Auflagen notwendig sind. Daraus folgt, daß eine Bewilligung nach § 10 StrahlenschutzG nur für den jeweiligen Standort der Strahleneinrichtung gilt und es daher für deren Betrieb an einem anderen Standort einer neuerlichen Bewilligung bedarf. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch die Regelung des § 17 StrahlenschutzG über die Überwachung unter anderem von bewilligungspflichtigen Strahleneinrichtungen und das Fehlen einer Regelung des Inhaltes, daß es im Falle der Verlegung einer solchen Strahleneinrichtung an einen anderen Standort nur einer Meldung an die Bewilligungsbehörde bedürfe. Die Überwachung ist durch § 17 Abs. 1 StrahlenschutzG ausdrücklich der Bewilligungsbehörde zugewiesen. Bedürfte es nun im Falle der Verlegung einer bewilligungspflichtigen Strahleneinrichtung keiner neuerlichen Bewilligung, so wäre im Fall der Verlegung außerhalb des Amtssprengels der Bewilligungsbehörde mangels einer Meldepflicht und im Hinblick auf die Betrauung (nur) der Bewilligungsbehörde mit dieser Aufgabe die vorgesehene behördliche Überwachung nicht gesichert; das Gesetz wäre insoweit lückenhaft.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Notwendigkeit der Erwirkung einer Bewilligung zum Betrieb der gegenständlichen Röntgeneinrichtung an deren nunmehrigem Standort in Z, X-Gasse, bejaht. Der konsenslose Betrieb der Strahleneinrichtung an diesem Standort verwirklicht den Übertretungstatbestand des § 39 Abs. 1 StrahlenschutzG. Daran vermag das Beschwerdevorbringen nichts zu ändern, der Beschwerdeführer sei "durchaus in der Lage, das Röntgengerät zu betreiben". Desgleichen ist ohne Belang, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer eine Bewilligung zum Betrieb dieses Gerätes am nunmehrigen Standort bisher nicht erteilt worden ist. Der Schuldspruch entspricht daher insoweit dem Gesetz.

2. Gemäß § 39 Abs. 2 lit. b StrahlenschutzG machen sich Inhaber einer Bewilligung gemäß §§ 5, 6, 7 oder 10 StrahlenschutzG, die den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandeln, einer Verwaltungsübertretung schuldig und sind mit Geldstrafe bis zu S 20.000,-- oder Arrest bis zu vier Wochen zu bestrafen. § 28 Abs. 1 StrahlenschutzV enthält Regelungen darüber, auf welche Weise die notwendige Eignung der Strahlenschutzbeauftragten für ihre Aufgabe nachzuweisen ist; nach lit. b geschieht dies durch den Nachweis einer Strahlenschutzausbildung gemäß Anlage 6.

Eine Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs. 2 StrahlenschutzG kann nach dem insoweit unmißverständlichen Gesetzeswortlaut nur der "Inhaber einer Bewilligung" begehen. Der Beschwerdeführer ist nicht Inhaber einer Bewilligung nach dem StrahlenschutzG zum Betrieb der gegenständlichen Röntgeneinrichtung in Z, X-Gasse. Schon im Hinblick darauf, daß auf ihn hinsichtlich dieser Ordinationsstätte das Tatbestandsmerkmal "Inhaber einer Bewilligung" nicht zutrifft, erweist sich die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe eine Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs. 2 lit. b StrahlenschutzG begangen, als verfehlt. Dazu kommt, daß der von ihr als verletzt erachtete § 28 Abs. 1 lit. b StrahlenschutzV lediglich eine Regelung über den Nachweis der Qualifikation von Strahlenschutzbeauftragten enthält, aber keine Verhaltenspflicht normiert, gegen die im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 verstoßen werden könnte. Aus diesen Erwägungen erweist sich Punkt 1. des Schuldspruches des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit erfaßt notwendig auch den zugehörigen Straf- und Kostenausspruch.

3. Der Beschwerdevorwurf der fehlenden "Begründung einer derartigen Strafhöhe" richtet sich offenkundig gegen die Festsetzung der Höchststrafe wegen der Übertretung des § 39 Abs. 2 lit. b StrahlenschutzG. Im Hinblick auf die Aufhebung dieses Teiles des Schuld- und Strafausspruches erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Verfahrensrüge. Hinsichtlich der Strafbemessung wegen der Übertretung des § 39 Abs. 1 StrahlenschutzG bringt der Beschwerdeführer nichts vor, was insoweit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen ließe.

4. Aus den unter 2. dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Aufwandersatz für Stempelgebühren konnte dem Beschwerdeführer - außer für die Beschwerde - nur für jene Beilagen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren, zugesprochen werden (S 360,-- für drei Ausfertigungen der Beschwerde, S 120,-- für die Vollmacht, S 90,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110014.X00

Im RIS seit

17.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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