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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde
1) der TE und 2) des FE in A, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Mai 1991, Zl. BauR-010615/1-1991 Ru/Bi, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister),
Spruch
I) den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
II) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Oktober 1990 wurde dem Zweitbeschwerdeführer unter Vorschreibung von Auflagen die baubehördliche Bewilligung zur Instandsetzung der südöstlichen Außenwand des auf dem Grundstück Nr.34, EZ. Nr.21 des Grundbuches über die Kat.Gem. B, gelegenen Wohngebäudes "XY" erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob das Land Oberösterreich (Landesstraßenverwaltung) unter Hinweis auf die Regelung des § 63 Abs. 3 des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 Berufung, weil durch das Bauvorhaben der in dieser Bestimmung geforderte Abstand von 2 m zur "G-Bezirksstraße" nicht eingehalten werde.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde schloß sich dieser Auffassung an, gab daher diesem Rechtsmittel mit Bescheid vom 4. März 1991 Folge und behob den erwähnten Baubewilligungsbescheid.
Der dagegen eingebrachten Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Mai 1991 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Zweitbeschwerdeführer durch diesen Berufungsbescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde.
Nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 41 Abs. 1 lit. a und d der OÖ. Bauordnung 1976 vertrat die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Ansicht, aus dem anläßlich der Bauverhandlung aufgenommenen Befund sei ersichtlich, daß die südwestliche Außenwand des in Rede stehenden Gebäudes gegen eine neue Holzblockwand ausgetauscht werden soll und diese auf ein neues Streifenfundament aufgesetzt werden müsse sowie eine derzeit bestehende Eingangstür nicht mehr ausgeführt werde. Es sei offenkundig, daß durch die beabsichtigte Bauführung in jedem Fall ein Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile gegeben sein könne und auch das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert werde, sodaß eine Bewilligungspflicht für diese Sanierung der Außenwand jedenfalls gegeben sei. Zufolge § 49 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 sei eine Bewilligung dann zu erteilen, wenn die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliege und das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes sowie dem § 23, den hiezu erlassenen Durchführungsvorschriften und sonstigen baurechtlichen Vorschriften nicht widerspricht. Andernfalls sei die beantragte Bewilligung zu versagen. Zu den in dieser Bestimmung genannten baurechtlichen Vorschriften gehöre auch die Regelung des § 63 Abs. 3 des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975. Mit dieser Bestimmung habe der Gesetzgeber einen Schutz für den Bestand der diesem Gesetz unterliegenden Straßen einerseits, andererseits jedoch auch Vorkehrungen dafür schaffen wollen, um das Interesse an der Leichtigkeit, Flüssigkeit und vor allem Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen nicht durch Bauführungen beeinträchtigen zu lassen. Nach dieser Bestimmung müsse an allen öffentlichen Straßen - und dazu zähle auch die "G-Bezirksstraße" - bei Bauführungen, die der baubehördlichen Bewilligung unterliegen, eine Entfernung von wenigstens 2 m vom benachbarten Straßenrand (Rand des Straßengrabens) zu dem am weitesten vorspringenden Gebäudeteil eingehalten werden, sofern die örtlichen Sichtverhältnisse nicht eine größere Entfernung verlangen. Es sei unrichtig, wenn der dem Bauverfahren in erster Instanz beigezogene Sachverständige gemeint habe, von dieser Bestimmung könne dann abgesehen werden, wenn es sich nur um die Sanierung eines bereits bestehenden Gebäudes handle, da diese Auslegung schon allein dem Wortlaut des § 63 Abs. 3 des OÖ. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 widerspreche. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergebe sich eindeutig, daß dieser Abstand bei allen Bauführungen einzuhalten sei, die der baubehördlichen Bewilligung unterliegen, gleichgültig, ob es sich hiebei um eine Veränderung eines Bestandes handle oder nicht. Die Berufungsbehörde habe diese Bestimmung daher zu Recht angewandt und die beantragte Baubewilligung versagt.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde mit Beschluß vom 2. Dezember 1991, Zl. B 759/91-5, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - keiner Verbesserung im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG bedürftige - Beschwerde erwogen:
Zu I): Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht über eine von ihr eingebrachte Vorstellung entschieden und ihr demgemäß dieser Bescheid auch nicht zugestellt worden ist, weshalb sie durch diesen nicht in ihren Rechten verletzt sein kann. Der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin steht daher der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen.
Zu II): Die im Beschwerdefall maßgebenden
landesgesetzlichen Vorschriften lauten:
§ 41 der OÖ. Bauordnung 1976:
"(1) Einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung) bedürfen:
a)
der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
...
d)
die nicht unter lit. a fallende Änderung oder die Instandsetzung von Gebäuden sowie die Änderung oder die Instandsetzung von Bauten, deren Errichtung gemäß lit. b bewilligungspflichtig ist; in diesen Fällen ist eine Bewilligung jedoch nur erforderlich, wenn die Änderung oder die Instandsetzung von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild ist oder das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert;
..."
§ 49 leg. cit.:
"...
(2) Sofern nicht eine Zurückweisung oder eine Abweisung nach § 45 zu erfolgen hat, ist die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt und das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes sowie, unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 4, dem § 23, den hiezu erlassenen Durchführungsvorschriften und sonstigen baurechtlichen Vorschriften nicht widerspricht. Andernfalls ist die beantragte Baubewilligung zu versagen.
..."
§ 63 des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975:
"...
(3) Bei Bauführungen, die der baubehördlichen Bewilligung unterliegen, muß an allen öffentlichen Straßen (§ 1) eine Entfernung von wenigstens zwei Meter vom benachbarten Straßenrand (Rand des Straßengrabens) zu dem am weitesten vorspringenden Gebäudeteil eingehalten werden, sofern die örtlichen Sichtverhältnisse nicht eine größere Entfernung verlangen. ..."
Der Gerichtshof kann sich der Auffassung des Zweitbeschwerdeführers nicht anschließen, daß die zuletzt wiedergegebene Bestimmung des Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 auf die von ihm "beantragte Baubewilligung nicht anzuwenden" sei, weil es sich bei dieser Regelung jedenfalls um eine "sonstige baurechtliche Vorschrift" im Sinne des § 49 Abs. 2 der OÖ. Bauordnung 1976 handelt, welche von der Baubehörde anzuwenden ist (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1985, Zl. 83/05/0099, BauSlg. Nr. 470). Die Abweisung des Bauansuchens ist daher von der Berufungsbehörde dann zu Recht ausgesprochen worden, wenn davon auszugehen ist, daß es sich bei dem geplanten Bauvorhaben um eine der baubehördlichen Bewilligung unterliegende Bauführung handelt, bei welcher die im § 63 Abs. 3 des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 vorgeschriebene Entfernung von 2 m vom benachbarten Straßenrand nicht eingehalten wird.
Die belangte Behörde hat zutreffend angenommen, daß die beabsichtigte Bauführung einer baubehördlichen Bewilligung bedarf, weil es sich um die Instandsetzung eines - infolge eines Verkehrsunfalles beschädigten - Gebäudes im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. d der OÖ. Bauordnung 1976 handelt, welche auf die Festigkeit tragender Bauteile von Einfluß ist. Diese Schlußfolgerung der belangten Behörde bedurfte entgegen der Auffassung des Zweitbeschwerdeführers keines Gutachtens eines bautechnischen Sachverständigen, weil es als offenkundig im Sinne des § 45 Abs. 1 AVG gelten kann, daß ein solcher statischer Einfluß im Falle des Austausches einer Außenwand eines Gebäudes gegeben ist, wenn diese Wand überdies auf ein neues Streifenfundament aufgesetzt werden soll. Nach dem eindeutigen Wortlaut des bereits wiedergegebenen § 41 Abs. 1 lit. d der OÖ. Bauordnung 1976, demzufolge die dort erwähnten Tatbestände nicht kumulativ vorliegen müssen, um eine Bewilligungspflicht von baulichen Maßnahmen zu begründen, ist daher schon allein aus diesem Grund die Bewilligungsbedürftigkeit des geplanten Bauvorhabens gegeben, weshalb es keiner Erörterung bedarf, ob dadurch, also insbesondere auch durch das Wegfallen der bestehenden Eingangstür, das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert wird.
Der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik des Zweitbeschwerdeführers an der Regelung des § 63 Abs. 3 des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975, wonach dem Gesetzgeber klar gewesen sein müsse, daß die Instandsetzung und Reparatur bestehender Gebäude auch in Hinkunft notwendig sein werde, und daß der Gesetzgeber diese Arbeiten auch sicherlich nicht habe unterbinden wollen, ist zu entgegnen, daß diese straßenrechtliche Vorschrift nur für Bauführungen gilt, welche der baubehördlichen Bewilligung unterliegen, also für alle jene Instandsetzungen von Gebäuden nicht anzuwenden ist, welche zufolge § 41 Abs. 1 lit. d der OÖ. Bauordnung 1976 keiner Baubewilligung bedürfen. Davon kann aber im Beschwerdefall aus den dargelegten Gründen nicht die Rede sein. Da im übrigen vom Zweitbeschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, daß "das gegenständliche Objekt in einem Abstand von 60 cm an der G-Bezirksstraße liegt", ist davon auszugehen, daß der im § 63 Abs. 3 des O.ö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 geforderte Mindestabstand von 2 m im vorliegenden Fall unterschritten wird, weshalb die vorstehend erwähnten Voraussetzungen für die Abweisung des in Rede stehenden Bauansuchens gegeben sind. Die belangte Behörde hat daher durch die Abweisung der Vorstellung des Zweitbeschwerdeführers seine Rechte nicht verletzt.
Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Zweitbeschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991050236.X00Im RIS seit
18.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009