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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 8. April 1991, Zl. 673.103/1-2.5/88, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 8. April 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 8. Jänner 1988 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, daß sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, es lägen keine besonders rücksichtswürdigen familiären Interessen im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 vor, wendet.
Der Beschwerdeführer betreibt als selbständiger Unternehmer einen Antiquitätenhandel, weshalb die belangte Behörde wirtschaftliche Interessen des Beschwerdeführers an der von ihm begehrten Befreiung angenommen hat. Sie hat jedoch deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne der genannten Gesetzesstelle insbesondere unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Wehrpflichtige verpflichtet seien, die Planung und Gestaltung ihrer beruflichen Angelegenheiten mit ihrer Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes zu harmonisieren (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/11/0086, und die dort beispielsweise angeführte weitere Judikatur), verneint. Von einer Verletzung dieser Harmonisierungspflicht ist sie schon deshalb ausgegangen, weil der (im Jahre 1960 geborene und anläßlich seiner Stellung im Jahre 1979 für "tauglich" befundene) Beschwerdeführer "keinen Grund geltend gemacht" habe, "aus dem es zwingend notwendig war, nach Ihrer Tätigkeit als Volontär und vor der Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes eine Gewerbeberechtigung zu erwerben und einen eigenen Betrieb zu gründen". Damit hat aber die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, durfte sie doch dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die ihm mit Bescheiden des Militärkommandos Wien vom 15. Februar 1980 (bis 15. November 1981) und vom 25. April 1985 (bis 15. Mai 1988) gewährten Befreiungen gemäß § 37 Abs. 2 lit. b des Wehrgesetzes 1978, die jeweils im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer im Jahre 1979 gegründeten Unternehmen standen, nicht mehr zum Vorwurf machen, dadurch seine Harmonisierungspflicht verletzt zu haben, sondern durfte sich ein solcher Vorwurf nur (mehr) auf Umstände beziehen, die nach Erlassung des Bescheides vom 25. April 1985 gelegen sind (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Februar 1992, Zl. 91/11/0108). Ob die belangte Behörde die Verletzung der betreffenden, dem Beschwerdeführer obliegenden Harmonisierungspflicht auch auf derartige Umstände - nämlich darauf, daß der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit nicht hinreichend Vorsorge getroffen habe, daß er während seiner präsenzdienstbedingten Abwesenheit vom Betrieb ohne Existenzgefährdung entsprechend vertreten werden kann - gestützt hat, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht deutlich genug hervor, kann aber auf sich beruhen.
Die belangte Behörde hat dem Einwand des Beschwerdeführers, daß seine Branche "von der Persönlichkeit und dem Engagement des Gewerbetreibenden getragen werde", entgegengehalten, daß er seit einiger Zeit einen Mitarbeiter beschäftige, der ihn auch während seiner Auslandsaufenthalte vertrete, und - obwohl sie nicht dazu berufen sei, ihm konkrete Dispositionen vorzuschreiben - es naheliegend erscheine, daß der Beschwerdeführer seinen vollbeschäftigten Mitarbeiter - unter seiner Aufsicht in der dienstfreien Zeit - mit der Führung des Betriebes betrauen könne. Sie hat zwar keine Feststellungen hinsichtlich der Häufigkeit und Dauer der bisherigen Auslandsaufenthalte des Beschwerdeführers getroffen. Der Beschwerdeführer ist aber, soweit es sich um die (sich aus seinem eigenen Vorbringen im Verwaltungsverfahren ergebende) Tatsache von Auslandsaufenthalten handelt, in seiner Beschwerde darauf nicht näher eingegangen und hat damit die von der belangten Behörde gezogene Schlußfolgerung, daß der Betrieb auch bei längerer Abwesenheit des Beschwerdeführers aufrechterhalten werden kann, nicht ausreichend bekämpft. Der Gerichtshof sieht sich in diesem Zusammenhang auch veranlaßt, auf den (wenn auch erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden) aktenkundigen Umstand hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer am 1. Juni 1991 eine (berufsbedingte) Auslandsreise in die Vereinigten Staaten von Amerika mit der Absicht, gegen Ende November 1991 (und demnach erst nach fast sechs Monaten, also einem Zeitraum, in dem der Grundwehrdienst zu leisten ist) zurückzukehren, angetreten hat. Es muß daher - entgegen seiner Ansicht - angenommen werden, daß der Beschwerdeführer, ohne daß damit eine Existenzgefährdung für ihn verbunden wäre, in seinem Betrieb ersetzt werden kann. Das trifft nach dem bisher Gesagten sowohl auf die Tätigkeit des Verkaufes als auch auf jene des Einkaufes im Inland zu. Hinsichtlich der Notwendigkeit des Einkaufes im Ausland hat der Beschwerdeführer nicht dargetan, daß ein solcher auf Grund entsprechender Vorkehrungen nicht für sechs Monate unterbrochen werden könnte und in diesem Falle eine Existenzgefährdung (und allenfalls nicht nur eine ihm zumutbare wirtschaftliche Einbuße) eintreten würde. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine (gänzliche oder auch nur befristete) Befreiung des Beschwerdeführers von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes liegen daher nicht vor. Es stellt sohin auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, daß die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugenvernehmung seiner Mutter zu dem hier maßgeblichen Beweisthema über die seiner Behauptung nach bisher vergeblichen Bemühungen, "einen geeigneten Vertreter oder Mitarbeiter" für die Zeit seiner Abwesenheit zu finden, unterblieben ist. Richtig ist, daß es in der Stellungnahme der Wiener Handelskammer vom 13. November 1990 heißt, daß der Beschwerdeführer für den Fall, daß er seinen Grundwehrdienst demnächst anzutreten hätte, seinen Betrieb schließen müßte, dies gleichbedeutend mit dem Verlust seiner Existenz wäre und deshalb mit einer Einberufung des Beschwerdeführers zumindest drei Jahre zugewartet werden möge. Dieser Stellungnahme liegen aber insoweit nicht die oben dargelegten tatsächlichen Gegebenheiten zugrunde, abgesehen davon, daß darin auch zum Ausdruck gebracht wurde, daß "darüber, ob der Mitarbeiter des Wehrpflichtigen in der Lage ist", in dessen Abwesenheit "das Geschäft zu führen, unsererseits keine Erklärung abgegeben werden kann".
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110066.X00Im RIS seit
17.03.1992