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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §140;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der mj. J in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Mai 1991, Zl. MA 62-III/239/91, betreffend Familienunterhalt nach dem Heeresgebührengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Mai 1991 wurde aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 15. März 1991 dem G gemäß § 25 des Heerengebührengesetzes 1985, BGBl. Nr. 87, (HGG) ab Antritt des Präsenzdienstes Familienunterhalt für seine außereheliche Tochter (die Beschwerdeführerin) zuerkannt und dessen Höhe gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 HGG mit S 2.000,-- monatlich festgesetzt; der Familienunterhalt ist dem Amt für Jugend und Familie-11. Bezirk zu überweisen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind davon ausgegangen, daß im vorliegenden Fall der Familienunterhalt im Sinne des § 25 HGG gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. zu bemessen sei. Dem ist die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde entgegengetreten. Was die allein strittige Frage der Höhe des Familienunterhaltes anlangt, war nach der Begründung des angefochtenen Bescheides für die belangte Behörde maßgebend, daß sich G. im Rahmen einer Unterhaltsvereinbarung verpflichtet habe, für die Beschwerdeführerin monatlich den Betrag von S 2.000,-- zu leisten. Der Begriff "zu leistender Unterhalt" in § 29 Abs. 1 Z. 3 HGG meine den vom Wehrpflichtigen vor Antritt des Präsenzdienstes geleisteten Unterhalt. Durch die Gewährung des Familienunterhaltes solle der Wehrpflichtige bzw. die unterhaltsberechtigte Person so wie vor Antritt des Präsenzdienstes gestellt werden.
Die Beschwerdeführerin steht auf dem Standpunkt, unter dem Begriff "zu leistender Unterhalt" sei der gesetzliche, also aufgrund der bürgerlichrechtlichen Bestimmungen sowie der hiezu ergangenen Rechtsprechung zu bemessende Unterhalt zu verstehen. Dieser betrage im vorliegenden Fall mindestens S 2.350,--. Die Beschwerdeführerin beruft sich für ihre Auffassung insbesondere auf den Gesetzeswortlaut, der nicht auf eine bestehende Unterhaltsvereinbarung oder -verpflichtung abstelle.
Gemäß § 29 Abs. 1 HGG sind bei der Berechnung des Familienunterhaltes nach § 25 zu veranschlagen 1. für die Ehegattin, wenn sie nicht dauernd vom Wehrpflichtigen getrennt lebt, 50 vH der Bemessungsgrundlage; 2. für jede andere unterhaltsberechtigte Person, die zum Haushalt des Wehrpflichtigen gehört oder in seinem Haushalt lebt, je 10 vH der Bemessungsgrundlage; der insgesamt für solche Personen veranschlagte Familienunterhalt erhöht sich um 30 vH der Bemessungsgrundlage, wenn ein Unterhalt nach Z. 1 nicht anfällt; 3. für unterhaltsberechtigte Personen, die nicht unter Z. 1 oder 2 fallen, der vom Wehrpflichtigen zu leistende Unterhalt, jedoch nicht mehr als 20 vH der Bemessungsgrundlage. Anders als die Z. 1 und 2 enthält die Z. 3 dieses Paragraphen, von der Normierung einer Obergrenze abgesehen, keine eigenen Regelungen über die Bemessung des Familienunterhaltes. Vielmehr wird durch die Wendung "der vom Wehrpflichtigen zu leistende Unterhalt" auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über den vom Wehrpflichtigen zu leistenden Unterhalt verwiesen. Zu leisten ist nun im Falle des Bestehens eines rechtswirksamen Unterhaltstitels grundsätzlich der sich daraus ergebende Betrag. Hiebei ist allerdings zu beachten, daß jede individuelle Unterhaltsregelung der Umstandsklausel unterliegt (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1977, Zl. 1286/76; Pichler in Rummel, 2. Auflage, Rz 10a zu § 94 und Rz 15b zu § 140 ABGB). Daraus folgt, daß sich die Behörde bei der Festsetzung des Familienunterhaltes nicht ohne weiteres auf einen bestehenden Unterhaltstitel stützen kann, sondern daß sie diesen im Falle einer dahingehenden Behauptung des Antragstellers auch auf eine allfällige Veränderung der maßgebenden Verhältnisse hin zu prüfen und gegebenenfalls den vom Wehrpflichtigen zu leistenden Unterhalt abweichend vom bestehenden Titel neu auszumitteln hat. In dieser Höhe ist sodann der Familienunterhalt nach dem Heeresgebührengesetz zuzuerkennen, sofern der errechnete Betrag 20 % der Bemessungsgrundlage nicht übersteigt. Die noch in der Berufung vertretene Meinung der Beschwerdeführerin, der Familienunterhalt sei mit 20 % der Bemessungsgrundlage festzusetzen, verkennt die auf die Normierung einer Obergrenze beschränkte Funktion dieses Prozentsatzes. Desgleichen kann die von der belangten Behörde in der Gegenschrift geäußerte Meinung, es komme auf den vom Wehrpflichtigen vor Antritt des Präsenzdienstes "tatsächlich geleisteten" Unterhalt an, im Hinblick auf den insoweit klaren Wortlaut des Gesetzes ("zu leistende") nicht geteilt werden.
Im Lichte der dargestellten Rechtslage erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin hat in der Berufung im Hinblick auf die von der Erstbehörde mit S 14.671,05 ermittelte Bemessungsgrundlage bemängelt, die Behörde habe den Familienunterhalt "nicht in der den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Höhe, sondern in der niedrigeren Titelhöhe" festgesetzt. Sie hat weiters ausgeführt, auf dem Boden der Ansicht der Erstbehörde würde "Änderungen der Unterhaltsbemessungsgrundlage entgegen den Vorschriften des § 29 HGG nicht Rechnung getragen". Damit hat die Beschwerdeführerin erkennbar geänderte Verhältnisse geltend gemacht. Die belangte Behörde hätte daher prüfen müssen, ob der Unterhaltstitel nicht aus diesem Grunde bereits überholt ist. Gegebenenfalls wäre der von G. der Beschwerdeführerin zu leistende Unterhalt unter Berücksichtigung seines nunmehrigen höheren Einkommens auszumitteln gewesen. Dadurch, daß im vorliegenden Fall dahingehende Ermittlungen unterblieben sind, ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Da dies, wie aufgezeigt, auf einer unzutreffenden Rechtsansicht beruht, ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Ersatz für Stempelgebühren wurde insoweit zuerkannt, als sie auf die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Schriftsätze und Beilagen entfallen (drei Ausfertigungen der Beschwerde, eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, Nachweis der Vertretungsmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes). Der Schriftsatz vom 31. Oktober 1991 enthält mit Ausnahme des Hinweises auf eine Entscheidung des OGH nichts, was nicht schon in der Beschwerde hätte vorgebracht werden können.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991110098.X00Im RIS seit
11.07.2001