TE Vfgh Beschluss 1989/9/25 B609/89

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Veröffentlicht am 25.09.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation / Rechtsverletzung
FremdenpolizeiG §3

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde wegen fehlender Legitimation - Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen ein Mitglied der beschwerdeführenden Vereinigungen

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Bundesminister für Inneres verhängte mit dem aufgrund eines Devolutionsantrages ergangenen Berufungsbescheid vom 4. April 1989 gegen den indischen Staatsangehörigen S O gemäß §3 Abs1 und Abs2 Z1 iVm §4 des Fremdenpolizeigesetzes 1954, BGBl. 75 idF der Novelle BGBl. 575/1987 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Dieser Bescheid war ausschließlich an den Genannten gerichtet.

2. Gegen diesen Bescheid erheben die drei beschwerdeführenden Vereinigungen die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde. Sie behaupten, durch den Bescheid in den durch "Art9 und 11 allein und iVm Art14" EMRK (Willkürverbot) verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein.

Ihre Beschwerdelegitimation begründen die beschwerdeführenden Vereinigungen damit, daß S O, "ihr Oberhaupt, ihr religiöser Führer, die Quelle ihrer geistigen Inspiration" sei.

"Würde der S abgeschoben, dann würde damit nicht nur in die Rechte des S eingegriffen, sondern auch in ihre ureigensten Rechte als Verein, denn ohne den S würde der Verein sein Zentrum, seinen Kristallisationspunkt, kurz, seine Raison d'etre verlieren.

Wo in vitale Interessen einer religiösen, weltanschaulichen oder politischen Gemeinschaft eingegriffen wird, haben diese Eingriffe nach den Grundsätzen der Art9 und 11 EMRK in fairer Güterabwägung und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen.

Damit stellt sich die Frage, inwieweit die höchstpersönliche Anwesenheit des S in Österreich für die Beschwerdeführer von vitaler Bedeutung ist oder nicht.

Über die Bedeutung des S als Persönlichkeit, als Weiser, als Mystiker, haben sich bereits in der Schweiz Kompetentere als der Einschreiter geäußert.

Daß der Verlust einer Persönlichkeit dieses Formats die Beschwerdeführer in ihrer Kernsubstanz treffen, (wie sie selbst es sehen, vernichten) würde, ist offenkundig.

Man stelle sich die philosophische Schule des Sokrates ohne diesen selbst vor. Seine persönliche Anwesenheit war erforderlich, um jene bohrende Fragen zu stellen, die Sokrates letztlich so unbeliebt gemacht haben, daß er zum Tode verurteilt wurde. Selbstredend konnte es die Schule des Sokrates ohne ihn selbst nicht geben.

Auch bei den Beschwerdeführern wäre niemand in der Lage, jene Position auszufüllen, die der S innehat. Es gehört daher zu den vitalsten Interessen der Beschwerdeführer, daß das Aufenthaltsverbot gegen den S aufgehoben wird. Vor diesem Hintergrund ist ihr rechtlich begründetes Interesse und damit die Parteistellung der Beschwerdeführer zu sehen."

2. Entgegen dieser Meinung greift der angefochtene Bescheid ausschließlich in die Rechtssphäre von S O ein, nicht aber auch in jene der beschwerdeführenden Vereinigungen. Nur ihm kam - verfassungsrechtlich unbedenklich - im Administrativverfahren Parteistellung zu. Wenngleich das gegen den Genannten verhängte Aufenthaltsverbot faktische Auswirkungen auf die beschwerdeführenden Vereinigungen haben mag, ist es doch ausgeschlossen, daß damit ihre Rechtstellung berührt wird (vgl. zB VfSlg. 9002/1980, 9423/1982; VfGH 27.11.1987 B601/87).

Die von ihnen erhobene Beschwerde war daher schon mangels Legitimation zurückzuweisen, ohne daß auf die Frage einzugehen war, ob überhaupt alle beschwerdeführenden Vereinigungen prozeßfähig sind.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Fremdenpolizei, Aufenthaltsverbot, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B609.1989

Dokumentnummer

JFT_10109075_89B00609_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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