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63/02 Gehaltsgesetz;Norm
GehG 1956 §73b Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des F in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 21. Jänner 1991, Zl. 51 3900/14-III/8/90, betreffend Dienstzulage nach § 73b des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Zollwachabteilung XY. Dieser Zollwachabteilung sind insgesamt sechs Beamte zur Dienstleistung zugewiesen. Sie wird zusammen mit dem Zollamt XY geführt. Der Beschwerdeführer ist Stellvertreter des Amtsleiters der Zollwacheabteilung und des Vorstandes des Zollamtes. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer mit Wirkung vom 21. Mai 1988 die Funktion eines Einsatzleiters für die Seeuferüberwachung übertragen.
Der Beschwerdeführer stellte wegen der mit der Ausübung dieser Funktion als Einsatzleiter für Organisation und praktische Durchführung des See-Überwachungsdienstes mit Schwerpunktüberwachungen in den besonders gefährdeten Bereichen in Eigenverantwortung übertragenen Funktion den Antrag auf Zuerkennung der Dienstzulage nach § 73b des Gehaltsgesetzes 1956.
Mit Bescheid vom 18. Jänner 1990 wies die Finanzlandesdirektion für Vorarlberg diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, dem Beschwerdeführer sei wohl eine diesbezügliche Eigenverantwortung übertragen, doch liege das Kontrollrecht und somit die Haupt- und übergeordnete Verantwortung nach wie vor beim Abteilungsleiter. Die Verwendung des Beamten als "Einsatzleiter" entspreche keiner der in § 73b Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 angeführten Richtverwendungen noch sei sie einer solchen gleichzuhalten, da die Verantwortung für die Organisation des Seeüberwachungsdienstes weiterhin dem Leiter der Zollwachabteilung XY obliege.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht statt und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend wird im wesentlichen nach Wiedergabe des Gesetzestextes ausgeführt, bei der Aufzählung der Richtverwendungen im Zollwachdienst werde erkennbar auf die Aufgabenstelle der Zollwache (§ 23 Abs. 1, 2 und 3 des Zollgesetzes 1988) Bedacht genommen. Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1128 der Beilagen XV GP) betreffend die 39. Gehaltsgesetznovelle sei zu entnehmen, daß exekutivdiensttauglichen Wachebeamten der Verwendungsgruppe W2 mit voller Ausbildung für dienstführende Wachebeamte, die außerdem besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten ausüben, als Abgeltung für die gegenüber den anderen Wachebeamten erhöhte Mehrbelastung eine Dienstzulage zuerkannt werden soll. Die Verwendung des Beschwerdeführers als Stellvertreter des Leiters der Zollwachabteilung XY (Personalstand von sechs Beamten) und Einsatzleiter des Seeüberwachungsdienstes sowie als Vertreter des Leiters des Zollamtes XY entspreche keiner Richtverwendung. Strittig sei ob der Beschwerdeführer eine Verwendung ausübe, der zumindest gleiche dienstliche Bedeutung wie einer Richtverwendung im Zollwachdienst zukomme und bei der die mit der Ausübung verbundene Verantwortung zumindest jenes Maß an Verantwortung erreiche, das für die Ausübung einer Richtverwendung erforderlich sei. Der Beschwerdeführer werde hauptsächlich bei der Zollwachabteilung XY im See- und Uferüberwachungsdienst sowie als Stellvertreter des Abteilungsleiters verwendet. Die Aufgaben des Vertreters des Leiters des Zollamtes XY würden von ihm lediglich in zeitlich untergeordnetem Ausmaß, das heißt bei Abwesenheit des Leiters wahrgenommen. Es sei zu prüfen, ob die Verwendung des Beschwerdeführers bei der Zollwachabteilung XY hinsichtlich dienstlicher Bedeutung und Verantwortung das Ausmaß einer Richtverwendung bei einer Zollwachabteilung erreiche. In diesem Fall komme als Richtverwendung "Stellvertreter des Leiters einer Zollwachabteilung mit einem Personalstand von mindestens sieben Beamten" in Betracht. Der Aufgabenbereich des Leiters einer Zollwachabteilung, welche sowohl Personal für ein Zollamt als auch für die Überwachung der Zollgrenze zu stellen habe, umfasse sämtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Einteilung von Beamten zum zollamtlichen Abfertigungsdienst beim Zollamt einerseits sowie der Einteilung von Beamten zur Überwachung des zugewiesenen Grenzabschnittes andererseits. Zu den dienstlichen Obliegenheiten des Leiters einer Zollwachabteilung zähle zweifelsfrei auch die Anordnung, welche Grenzabschnitte häufiger und welche seltener überwacht würden, sowie die Koordinierung des Grenzüberwachungsdienstes mit den Nachbardienststellen. Selbst eine tatsächliche Übertragung dieser Tätigkeit an einen anderen Beamten derselben Zollwachabteilung könne zu keiner rechtswirksamen Verlagerung der Verantwortung für diesen Aufgabenbereich, der untrennbar mit dem Arbeitsplatz des Dienststellenleiters verbunden sei, führen. Davon sei auch bei der Festsetzung der Wertigkeit für Arbeitsplätze von Zollwachabteilungsleitern ausgegangen worden. Das bedeute, daß erst auf Grund der nicht übertragbaren Eigenverantwortlichkeit für den vorangeführten Tätigkeitsbereich dem Arbeitsplatz des Leiters der Zollwachabteilung XY eine Wertigkeit zuerkannt worden sei, welche die Beförderung in die Dienststufe 2 der Verwendungsgruppe W2 in kürzest möglicher Zeit zulasse. Daß anläßlich der Durchführung des Grenzüberwachungsdienstes (See- und Uferüberwachung), der im Bereich der Zollwache üblicherweise in Form eines Rayonsdienstes (freie Wegwahl des eingeteilten Beamten im zu überwachenden Abschnitt) angeordnet werde, der dienstverrichtende Beamte sein Augenmerk auf erfahrungsgemäß besonders gefährdete Bereiche richte, vermöge keine Änderung des Verantwortungsausmaßes zu bewirken. Dies deshalb, weil es zu den Dienstpflichten eines Beamten zähle, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung, treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und die vorgeschriebene Gewichtung der Überwachungstätigkeit innerhalb des angeordneten Rayons selbst von Zollwachebeamten der Verwendungsgruppe W3 erwartet werde. Die Verwendung eines Zollwachebeamten als Einsatzleiter für Organisation und praktische Durchführung des See- und Uferüberwachungsdienstes oder eine ähnliche Verwendung sei bei den der Zollwachabteilung XY vergleichbaren Schiffszollwachabteilungen A (auf Überwachungsbereich 29 km) und M (Überwachungsbereich 20 km) nicht vorgesehen, ohne daß hiedurch eine Beeinträchtigung der Effizienz des Grenzüberwachungsdienstes festzustellen wäre.
Die Übertragung der Agenden "Einsatzleiter für Organisation und praktische Durchführung des See- und Uferüberwachungsdienstes" vermöge daher die Verwendung "Stellvertreter des Leiters einer Zollwachabteilung mit einem Personalstand von sechs Beamten" nicht in einem derartigen Ausmaß aufzuwerten, daß die mit dieser Verwendung verbundene Verantwortung zumindest das Maß der Richtverwendung "Stellvertreter des Leiters einer Zollwachabteilung mit einem Personalstand von mindestens sieben Beamten" erreiche und ihr dieselbe dienstliche Bedeutung zukomme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 73b Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 gebührt dem exekutivdiensttauglichen Wachebeamten der Verwendungsgruppe W2, der eine in der Anlage 1 Z. 12.3 zum BDG 1979 angeführte Grundausbildung erfolgreich absolviert hat und ständig mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer in Abs. 2 angeführten Richtverwendung oder einer gemäß Abs. 3 gleichzuhaltenden Verwendung betraut ist, für die Dauer der Betrauung mit dieser Verwendung eine ruhegenußfähige Dienstzulage. Die Zuerkennung dieser Zulage bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen. Gemäß Abs. 2 Z. 5 der genannten Bestimmung ist im Zollwachdienst eine Richtverwendung im Sinn des Abs. 1 der Stellvertreter des Leiters einer Zollwachabteilung mit einem Personalstand von mindestens sieben Beamten. Nach Abs. 3 der Bestimmung sind jene Verwendungen der Verwendungsgruppe W2 den im Abs. 2 angeführten Richtverwendungen gleichzuhalten, denen zumindest gleiche dienstliche Bedeutung zukommt und bei denen die mit der Ausübung verbundene Verantwortung zumindest jenes Maß an Verantwortung erreicht, das für die Ausübung einer in Abs. 2 angeführten Richtverwendung erforderlich ist.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer keine der im Gesetz angeführten Richtverwendungen ausübt. Strittig ist nur, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers der Richtverwendung eines Stellvertreters des Leiters einer Zollwachabteilung mit einem Personalstand von mindestens sieben Beamten gleichzuhalten ist. Nach dem Gesetz sind für die erwähnte Prüfung nur zwei Merkmale heranzuziehen, nämlich die dienstliche Bedeutung der Verwendung und die mit der Tätigkeit verbundene Verantwortung. Eine Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit der konkreten Verwendung des Beamten mit einer der im Gesetz angeführten Richtverwendungen ist hingegen nicht gefordert. Die belangte Behörde hätte daher zunächst zumindest in groben Umrissen den Aufgabenbereich festzustellen gehabt, der typischerweise mit den im Gesetz angeführten Richtverwendungen als Stellvertreter des Leiters einer Zollwachabteilung verbunden ist. Sodann wäre zu prüfen gewesen, ob die Verwendung des Beschwerdeführers in ihrer dienstlichen Bedeutung und hinsichtlich der mit der Dienstverrichtung verbundenen Verantwortung dieser Richtverwendung gleichzuhalten ist oder nicht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. April 1985, Zl. 84/12/0184).
Insbesondere wäre im Beschwerdefall auf das tatsächliche Ausmaß der Verantwortung, die dem Beschwerdeführer durch die Übertragung der Agenden "Einsatzleiter des Seeüberwachungsdienstes im Bereich der Schiffs-Zollwachabteilung XY" zukommt und deren dienstliche Bedeutung einzugehen.
Die Auffassung der belangten Behörde, eine tatsächliche Übertragung der dienstlichen Obliegenheiten des Leiters einer Zollwachabteilung, insbesondere der Anordnungen über die Kontrolle der Grenzabschnitte sowie der Koordinierung des Grenzüberwachungsdienstes mit den Nachbardienststellen könne zu keiner rechtswirksamen Verlagerung der Verantwortung für diesen Aufgabenbereich führen, ist nicht nachvollziehbar. Auf Grund dieser offenbar unrichtigen Rechtsauffassung hat aber die belangte Behörde nicht festgestellt, welche Verantwortung dem Beschwerdeführer aus der Übertragung der Agenden "Einsatzleiter des Seeüberwachungsdienstes im Bereich der Schiffs-Zollwachabteilung XY" in Verbindung mit seinen sonstigen Aufgaben zugekommen ist und welche dienstliche Bedeutung dieser Tätigkeitsbereich hat. Daß in anderen vergleichbaren Zollwachabteilungen für die praktische Durchführung der See- und Uferüberwachungsdienste keine Einsatzleiter bestellt wurden, ohne daß hiedurch eine Beeinträchtigung der Effizienz des Grenzüberwachungsdienstes festgestellt worden wäre, kann die Auffassung der belangten Behörde nicht rechtfertigen.
Der angefochtenen Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991120054.X00Im RIS seit
16.11.2000