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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des A in Z, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. März 1989, Zl. 6235/16-II/4/89, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand seit 1. April 1987 in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er war zuletzt beim Gendarmerieposten A eingesetzt.
Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 11. August 1988 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 bis 4 BDG 1979 wegen grob pflichtwidrigen Verhaltens gekündigt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. März 1989 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers (Kündigung gemäß § 10 Abs. 2 bis 4 BDG 1979 wegen pflichtwidrigen Verhaltens außer Dienst, das zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe durch die Bezirkshauptmannschaft Schwaz - Straferkenntnis vom 4. Juli 1988 - geführt habe) keine Folge, änderte jedoch den Zeitpunkt über den Eintritt der Wirksamkeit der Kündigung ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus:
Am 21. März 1988 habe Sp., Tankstellenpächter in Z., beim Gendarmerieposten Z. die Anzeige erstattet, daß ein auf dem Tankstellenparkplatz abgestellt gewesenes Fahrzeug der Marke Daihatsu Charade, weiß, neu, zum Verkehr noch nicht zugelassen, von einem unbekannten Fahrzeuglenker angefahren und beschädigt worden sei. Von Beamten des Gendarmeriepostens Z. sei in der Folge der Parkplatz in Augenschein genommen worden. Dabei hätten Teile einer Rückleuchte sichergestellt werden können. Nach der Situation sei davon auszugehen gewesen, daß die Teile von jenem Fahrzeug gestammt hätten, mit dem der Schaden verursacht worden sei. Eine nähere Untersuchung der "Glasteile" habe ergeben, daß es sich beim gesuchten Fahrzeug um einen Pkw der Type Talbot Horizon handeln müsse. Eine sofort eingeleitete Fahndung habe vorerst keinen Erfolg gebracht.
Am 1. April 1988 seien die Beamten in Z. auf den Pkw Talbot Horizon (polizeiliches Kennzeichen) gestoßen, dessen Heckleuchte an der rechten Hinterseite beschädigt gewesen sei. Ein Vergleich mit den am Tatort vorgefundenen Glasteilen habe eine einwandfreie Übereinstimmung erbracht. Als Halter dieses Fahrzeuges sei der Beschwerdeführer ermittelt worden.
Um die Beweislage zu sichern, seien am beschädigten Fahrzeug sichergestellte Lackspuren mit Proben vom Lack des Pkw des Beschwerdeführers kriminaltechnisch verglichen worden. Nach der kriminaltechnischen Untersuchung seien die Lackteile am beschädigten Fahrzeug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit denen des Vergleichsfahrzeuges ident. Es sei daher davon auszugehen, daß die Beschädigung nur vom Pkw des Beschwerdeführers stammen könne. In der Niederschrift vom 1. April 1988 habe der Beschwerdeführer, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine kriminaltechnische Untersuchung erfolgt gewesen sei, folgendes ausgeführt: "Es ist mir auch klar, daß nur mein Pkw als Unfallfahrzeug in Frage kommt, da die Beschädigung genau paßt bzw. übereinstimmt."
In seiner Stellungnahme vom 13. Juli 1988 und in seiner Berufung habe der Beschwerdeführer hingegen die Ansicht vertreten, es könne mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden, daß er mit seinem Pkw den am Fahrzeug Daihatsu Charade entstandenen Schaden verursacht habe.
Die am Unfallort vorgefundenen Reste einer Heckleuchte, die exakt zur beschädigten Heckleuchte des Fahrzeuges des Beschwerdeführers paßten und das Ergebnis einer kriminaltechnischen Untersuchung von Lackproben durch die kriminaltechnische Zentralstelle der belangten Behörde hätten eindeutig bewiesen, daß nur der Pkw des Beschwerdeführers als Unfallfahrzeug in Frage komme.
Die theoretischen Betrachtungen in dem vom Beschwerdeführer beigebrachten Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen I. vom 30. Juni 1988 seien keinesfalls geeignet, die unter Anwendung der analytischen Chemie durchgeführten kriminaltechnischen Untersuchungen der Lackabriebspuren und der Lackproben des Fahrzeuges des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen. Bei der kriminaltechnischen Untersuchung werde nämlich untersucht, ob Lackabriebspuren am beschädigten Fahrzeug konkret von dem Fahrzeug stammten, von dem Vergleichslackproben vorgelegt worden seien. Diese Untersuchung gehe also über die Feststellung, daß es sich um die gleiche Farbe handle, hinaus und weise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach, daß die Vergleichsproben ident seien. Außerdem seien am Unfallsort Reste der Heckleuchte gefunden worden, die nicht nur von einem Fahrzeug, das mit dem des Beschwerdeführers in Marke und Type übereinstimme, stammten, sondern sich auch exakt in die Bruchstellen der beschädigten Heckleuchte des Fahrzeuges des Beschwerdeführers einfügen ließen.
Damit stehe für die belangte Behörde eindeutig fest, daß nur das Fahrzeug des Beschwerdeführers mit dem Daihatsu Charade des Sp. zusammengestoßen sein könne.
In einer am 11. Oktober 1988, also etwa sieben Wochen nach Einbringung der Berufung, aufgenommenen Niederschrift habe auch der Beschwerdeführer selbst diese Ansicht vertreten. Er habe wörtlich angegeben: "Aufgrund der vorhandenen belastenden Sachbeweise muß ich annehmen, daß ich der Verursacher des Verkehrsunfalles gewesen bin."
Die vom Geschädigten Sp. angestellten Überlegungen über den Unfallhergang und die von ihm vermutete Beschädigung des beteiligten Fahrzeuges könnten nur als Versuch gewertet werden, einen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes leisten zu wollen. Beweiskraft könne diesem Vorbringen aber nicht zugebilligt werden.
In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß das Vorhandensein von Splittern seines Pkws auf dem Tankstellengelände keineswegs den zwingenden Schluß zulasse, daß sein Pkw den Schaden am Fahrzeug des Sp. verursacht haben müsse. Es sei nach Ansicht des Beschwerdeführers ohne weiteres möglich, daß sein Pkw, während er im Tankstellenbereich geparkt gewesen sei, von einem anderen Fahrzeug angefahren worden sei, wodurch es zu der Beschädigung der rechten hinteren Kombileuchte mit der leichten Eindellung im Blech darunter gekommen sei. Außerdem habe der Beschwerdeführer vermutet, daß Glassplitter seiner Heckleuchte von einer dritten Person auf die Motorhaube des Daihatsu Charade gelegt worden seien. Ob den Schaden am Daihatsu diese dritte Person oder der Fahrzeuglenker, der auch das Fahrzeug des Beschwerdeführers angeblich beschädigt habe, oder etwa eine vierte Person verursacht habe, habe der Beschwerdeführer allerdings nicht näher ausgeführt.
Abgesehen davon, daß diese Annahme unrealistisch und konstruiert erscheine, widerspreche sie dem Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung, die den Kontakt seines Pkws mit dem Fahrzeug des Sp. durch wissenschaftlich gesicherte Methoden nachweise. Im übrigen sei der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit - wie oben dargelegt - selbst zum Ergebnis gelangt, nur er könne der Verursacher gewesen sein, womit er sich nachträglich selbst widerspreche.
Der belangten Behörde erscheine es auch unverständlich und nicht glaubwürdig, wenn der Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 1. April und 4. Mai 1988 angegeben habe, von einem An- bzw. Auffahren nichts bemerkt zu haben.
Auch wenn der Beschwerdeführer - seinen Angaben nach - bei Betrieb seines Pkws nahezu ständig das Radio eingeschaltet habe, hätte er einen Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug, der an diesem zu einem erheblichen Schaden geführt habe, wahrnehmen müssen. Das Entstehen eines relativ geringfügigen Schadens am Fahrzeug des Beschwerdeführers könne nicht als Indiz dafür angesehen werden, er habe den Zusammenstoß nicht wahrnehmen können; dies deute lediglich auf eine unterschiedliche Stabilität der von der Kollision unmittelbar betroffenen Fahrzeugteile hin. Eine Kollision mit derartigen Folgen müsse von einem Fahrzeuglenker bemerkt werden. Die belangte Behörde vertrete daher die Meinung, der Beschwerdeführer habe den Zusammenstoß zwar wahrgenommen, es aber unterlassen, Kontakt mit dem Geschädigten aufzunehmen oder die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.
Der Beschwerdeführer sei wegen dieses Vorfalles auch von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 5 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 4.000,-- bestraft worden; der Beschwerdeführer habe dagegen (allerdings) Berufung eingelegt.
Da der Beschwerdeführer in späteren Aussagen (Angaben nach der niederschriftlichen Einvernahme vom 1. April 1988) die Nacht vom 20. auf 21. März 1988 als Unfallszeit ausschließe, habe nicht mit Sicherheit geklärt werden können, ob der Vorfall in der Nacht vom 19. auf den 20. März 1988 oder vom 20. auf den 21. März 1988 stattgefunden habe, zumal der Geschädigte die Nacht vom 20. auf 21. März 1988 als Unfallszeit angegeben habe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei aber die vom Beschwerdeführer in der Niederschrift vom 5. April 1988 getroffene Aussage zutreffend, wonach sich der Vorfall nur in der Nacht von Samstag auf Sonntag (19. auf 20. März 1988) - und nicht von Sonntag auf Montag (20. auf 21. März 1988) - ereignet haben könnte. Der Geschädigte dürfte hinsichtlich des genauen Unfalldatums offensichtlich einem Irrtum unterlegen sein. Dies bestätigten auch die Aussagen von Auskunftspersonen, wie z.B. der Mutter des Beschwerdeführers, die angegeben habe, daß der Beschwerdeführer zwar am 19. März, nicht aber 20. März 1988 im Lokal "Treff" gewesen sei, oder die sinngemäß gleichlautende Aussage der K., die den Beschwerdeführer am 19. März, nicht aber am 20. März 1988 in dieser Diskothek gesehen hätte. In Anbetracht der Beweislage sei es jedoch von zweitrangiger Bedeutung, ob die Verfehlung einen Tag früher oder später erfolgt sei. Sie könne jedenfalls als erwiesen angenommen werden.
In der Folge wies die belangte Behörde auch auf das Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit einer Anzeigeerstattung am 18. September 1988 als weiteren Hinweis für seine mangelnde Eignung für den Gendarmeriedienst hin. Im übrigen begründete sie unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten eine krasse Dienstpflichtverletzung im Sinn des § 43 Abs. 2 BDG 1979 darstelle und daher ein Kündigungsgrund nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 gegeben sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der (ohne nähere Unterscheidung) Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 10 Abs. 4 BDG 1979 gekündigt zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 2 BDG 1979 kann das provisorische Dienstverhältnis mit Bescheid gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit ist die Kündigung nach § 10 Abs. 3 leg.cit. nur mit Angabe des Grundes möglich. Einen Kündigungsgrund stellt nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 pflichtwidriges Verhalten dar.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG (diese Bestimmung findet nach § 1 Abs. 1 DVG auch im vorliegenden Verfahren Anwendung) hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, der angefochtene Bescheid entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot des § 59 AVG, weil im Spruch lediglich von einem "grob pflichtwidrigen Verhalten" des Beschwerdeführers die Rede sei. Es hätte näher ausgeführt werden müssen, worin dieses grob pflichtwidrige Verhalten des Beschwerdeführers bestanden habe; die Konkretisierung des als erwiesen angenommenen Tatbestandes durch die Angabe der Sachverhaltselemente in der Begründung genüge nicht.
Dem ist entgegenzuhalten, daß "die in Verhandlung stehende Angelegenheit" im Sinne des § 59 Abs. 1 erster Satz AVG im Kündigungsverfahren nach § 10 Abs. 2 BDG 1979 der Ausspruch der Kündigung (Auflösung des provisorischen Dienstverhältnisses durch Willensakt des Dienstgebers) und die Festlegung der Wirksamkeit der Kündigung (unter Beachtung der Kündigungsfrist) mit dem Ablauf eines Kalendermonates ist. Diese Verfügungen sind daher im Spruch zu treffen. Das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist ein Rechtmäßigkeitserfordernis der Kündigung, das in der Begründung näher darzulegen ist. Den vorher genannten Erfordernissen genügt der Spruch des angefochtenen Bescheides. Es erweist sich daher die diesbezügliche Rüge des Beschwerdeführers als verfehlt.
Mit seinem weiteren Beschwerdevorbringen bestreitet der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde davon ausgehen durfte, er habe den Pkw des Sp. beschädigt und Fahrerflucht begangen.
In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe sich zu Unrecht auf die kriminaltechnische Untersuchung von Proben des Lacks des Fahrzeuges des Beschwerdeführers berufen. Der Vergleichstest sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen: Um aussagekräftig zu sein, hätte der Vergleichslack maximal 10 cm von der Beschädigung entfernt entnommen werden müssen. Tatsächlich sei der Lack vom Pkw des Beschwerdeführers unterhalb der Wasserrinne im Bereich des Motorraumes auf der Fahrerseite entnommen worden. Die Kollisionsstelle sei hingegen rechts hinten gewesen. Die Lackierung im Bereich des Motorraums sei zum Unterschied von der Außenlackierung keine Metalliselackierung. Schließlich bestehe dieses Gutachten aus einem Fernschreiben, in dem mangels Unterfertigung nicht festgestellt werden könne, daß es vom angeführten Sachverständigen tatsächlich erstattet worden sei; auch seien die Untersuchungsmethoden nicht angegeben.
Das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung ist dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zur Kenntnis gebracht worden. Hiezu hat sich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren in seiner im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 13. Juli 1988 dahingehend geäußert, daß es sich bei der Lackierung seines Fahrzeuges um eine fabriksmäßige Lackierung handle, die bei tausenden anderen Fahrzeugen in der völlig identen Farbe und materialmäßigen Zusammensetzung auftrete. Die weiteren vom Beschwerdeführer gegen die kriminaltechnische Untersuchung vorgebrachten Bedenken werden von ihm erstmals in der Beschwerde ausgeführt und fallen daher im Hinblick auf § 41 Abs. 1 VwGG unter das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die Behörde stütze ihre Annahme, die an der Unfallstelle gelegenen Reste einer Heckleuchte hätten "exakt" zu der beschädigten Heckleuchte des Fahrzeuges des Beschwerdeführers gepaßt, auf die kritiklose Übernahme der Feststellungen des Gendarmeriepostens Z. Der damals ermittelnde Gendarmeriebeamte habe in der Anzeige die Feststellung getroffen, die "Glassplitter" hätten exakt gepaßt, was in der Beschwerde in Frage gestellt wird.
Er habe seinen Pkw öfter auf dem gegenständlichen Parkplatz abgestellt. Da die Reste der Heckleuchte jedenfalls nicht mehr in der Unfallendlage gewesen seien, sondern auf der Motorhaube des beschädigten Pkws (des Sp.) gelegen seien, wäre es durchaus möglich, daß jemand diese Splitter vom Boden aufgehoben und auf den beschädigten Pkw gelegt habe. Daß jemand seinen Pkw beschädigt und Fahrerflucht begangen habe, ergebe sich daraus, daß dem Beschwerdeführer die Beschädigung an seinem Pkw ursprünglich gar nicht aufgefallen sei.
Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde habe dem von ihm im Verfahren vorgelegten Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen I., wonach die erkennbaren Beschädigungen der beiden Fahrzeuge nicht deckungsgleich seien und sie daher auch nicht durch einen Zusammenstoß derselben herbeigeführt worden sein könnten, zu Unrecht keinen Beweiswert zugebilligt. Keinesfalls handle es sich um "theoretische Überlegungen"; vielmehr habe der Sachverständige auf Grund objektiver Spuren, nämlich der Beschädigungen beider Fahrzeuge, sein Gutachten erstellt. Der Beschwerdeführer bestreitet ferner die Annahme der belangten Behörde, dem Tatzeitpunkt komme keine entscheidende Bedeutung zu. Die Angabe des Sp., die Beschädigung sei erst am 21. März 1988 um 7.00 Uhr festgestellt worden und sein Pkw sei am 20. März 1988 um 21.00 Uhr noch unbeschädigt gewesen, könne nicht als Irrtum abgetan werden. Es sei lebensfremd anzunehmen, einem Tankstellenbesitzer, der den ganzen Tag über auf seiner Tankstelle anwesend sei, würde nicht auffallen, daß eines seiner neuen Fahrzeuge beträchtlich beschädigt sei. Aus der Verantwortung des Beschwerdeführers und den Aussagen von insgesamt fünf Zeugen ergebe sich aber, daß der Beschwerdeführer in der Nacht vom 20. auf den 21. März 1988 nicht im Lokal "Treff" gewesen sei.
Diesem Vorbringen kommt aus folgenden Gründen Berechtigung zu.
Bei der im Beschwerdefall gegebenen Verfahrenslage hätte die belangte Behörde die Verpflichtung getroffen, den Nachweis zu führen, daß der Beschwerdeführer den Pkw des Sp. beschädigt und in Kenntnis dessen die Meldung unterlassen hat, bzw. in weiterer Folge die Pflichtwidrigkeit dieses Verhaltens im Sinne des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 darzulegen. Die der Wertung der Behörde zugrundeliegende Beweisführung ist aber mit Verfahrensmängeln behaftet. So schließt die Aussage des Geschädigten (Sp.) ausdrücklich und nahezu ohne daß bei der gegebenen Sachlage ein Irrtum nach der allgemeinen Lebenserfahrung möglich erscheint, aus, daß der Schaden am 19./20. März eingetreten ist. Trotzdem meint die belangte Behörde, - ohne hiefür eine plausible Begründung zu geben -, der Geschädigte habe sich geirrt, und geht von der vorher genannten zeitlichen Lagerung aus. Der Beschwerdeführer hat zwar eine Reihe von Zeugen dafür, daß er sich am 20./21. März grundsätzlich woanders aufgehalten hat; diese Aussagen decken aber nicht den gesamten in Frage kommenden Zeitraum ab. Letztlich meint die belangte Behörde, dem zeitlichen Gesichtspunkt käme keine wesentliche Bedeutung zu, was aber nur in Verbindung mit mit einer ansonst kein anderes Ergebnis zulassenden Beweisführung richtig wäre.
Die diesbezüglich entscheidende Bedeutung kommt dem Gutachten über den Lackvergleich zu. Dieses sagt aber nur aus, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit MATERIALMÄSSIGE Identität vorliegt, nicht aber - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides annimmt - daß der Lackabrieb vom Fahrzeug des Beschwerdeführers stammt. Ungeachtet des unter das Neuerungsverbot fallenden weiteren Einwandes des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang (verschiedene Lackierung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers), zeigt bereits die vorstehende Überlegung, daß der Lackvergleich alleine nicht ausreicht.
Was die Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der vorgefundenen Teile der beschädigten Heckleuchte betrifft, so folgt - deren Richtigkeit vorausgesetzt - daraus lediglich, daß die Beschädigung des Pkws des Beschwerdeführers mit größter Wahrscheinlichkeit in einer örtlichen Nahebeziehung mit der Beschädigung des Pkws des Sp. eingetreten ist; nicht aber folgt, daß die Beschädigung des Pkws des Beschwerdeführers zwingend mit dem ihm angelasteten Schaden in Verbindung steht. Dies findet auch ausgehend von dem Umfang des in den Akten fotografisch dokumentierten Schadens der angeblich beteiligten Pkw darin keine eindeutige Deckung.
Davon ausgehend, daß die Beweisführung der belangten Behörde weder zwingend ist noch ein anderes Ergebnis ausgeschlossen werden kann, hätte die belangte Behörde das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen, das sich mit der naheliegenden Frage der Deckungsgleichheit der Beschädigungen der Fahrzeuge auseinandersetzt, nicht bloß als theoretische Betrachtung, der von vornherein keine Bedeutung zukommt, abtun dürfen. Im übrigen ist diesbezüglich zu bedenken, daß dem Gutachter der Pkw des Geschädigten, bei dem der Schaden bereits behoben war (Hinweis auf die Reparaturrechnung im Gutachten), nicht zur Verfügung gestanden ist und er daher den Vergleich mit einem typengleichen Pkw bzw. unter Heranziehung der Fotodokumentation anstellen mußte.
Der angefochtene Bescheid war aus den vorher dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989120102.X00Im RIS seit
18.03.1992