TE Vfgh Erkenntnis 1989/9/25 B355/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.1989
beobachten
merken

Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2 / Ablehnung der Sachentscheidung
AVG 1950 §71 Abs2

Leitsatz

Gesetzmäßige Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrages; keine Entziehung des gesetzlichen Richters

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Die Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDK) wies - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 16. September 1987 - mit Bescheid vom selben Tag einen auf §2 Abs1 Zivildienstgesetz bezogenen Antrag des E S auf Befreiung von der Wehrpflicht in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §2 Abs1 iVm §6 Abs1 leg.cit. ab.

Dem Bescheid war u.a. folgende Begründung beigefügt:

"Nach einem Aufruf um 11,50 Uhr des Verhandlungstages wurde festgestellt, daß Sie der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben sind. Die Zivildienstkommission war daher gezwungen, in Ihrer Abwesenheit über Ihren Antrag zu entscheiden. Ihre Entschuldigung vom 14.9.1987 war am Verhandlungstag noch nicht bekannt, sie ist erst am 17.9.1987 eingelangt und konnte bei dieser Entscheidung nicht berücksichtigt werden."

Der Bescheid wurde E S am 2. November 1987 zugestellt.

b) Gleichzeitig mit der Berufung gegen den Bescheid der ZDK vom 16. September 1987 brachte E S am 14. November 1987 (Postaufgabe 15. November 1987) einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Verhandlung vom 16. September 1987 ein.

c) Der unter Pkt. I.1.b angeführten Berufung gegen den Bescheid der ZDK vom 16. September 1987 gab die Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDOK), mit Bescheid vom 1. Juni 1988 gemäß §66 Abs4 AVG 1950 nicht Folge.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der mündlichen Verhandlung wurde von der ZDK mit Bescheid vom 27. Jänner 1988 gemäß §71 AVG 1950 als verspätet zurückgewiesen.

Der dagegen vom Antragsteller erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der ZDOK vom 17. Oktober 1988 gemäß §66 Abs4 AVG keine Folge gegeben.

Dieser Berufungsbescheid wird im wesentlichen damit begründet, daß der Wiedereinsetzungsantrag verspätet eingebracht worden sei.

2. Gegen den zuletzt zitierten Bescheid der ZDOK richtet sich die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde des E S an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung nicht näher bezeichneter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die ZDOK als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten beider Rechtsstufen vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Wenngleich das Verwaltungsgeschehen nicht nur in der Beschwerde, sondern auch im angefochtenen Bescheid nicht ganz zutreffend geschildert wird (nämlich nicht so, wie es sich aus den vorgelegten Akten der ZDK, Zl. 135.013-ZDK6/87, und der ZDOK, Zl. 135.013-ZDOK4/88, ergibt und dementsprechend oben zu I.1. dargestellt wurde), hat die belangte Behörde im Ergebnis richtig entschieden:

2.a) Gemäß §71 Abs1 lita AVG 1950 ist u.a. gegen die Versäumung einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, zur Verhandlung zu erscheinen.

Dem §71 Abs2 AVG 1950 muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Woche nach Aufhören des Hindernisses gestellt werden.

b) Hier hörte das Hindernis, spätestens mit der am 2. November 1987 erfolgten Zustellung des Bescheides der ZDK vom 16. September 1987 auf, in dem auf das (unentschuldigte) Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung Bezug genommen wird. Die einwöchige Frist iS des §71 Abs2 AVG 1950 endete sohin spätestens mit Ablauf des 9. November 1987. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde aber erst am 15. November 1987 zur Post gegeben, also verspätet eingebracht.

c) Die ZDOK hat mit dem im Instanzenzug ergangenen, nun beim Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid den Wiedereinsetzungsantrag sohin zu Recht zurückgewiesen, also den Beschwerdeführer weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, noch in einem sonstigen verfassungsgesetzlich garantierten Recht verletzt.

Da der Verfassungsgerichtshof auch gegen die angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, wurde der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B355.1989

Dokumentnummer

JFT_10109075_89B00355_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten