TE Vfgh Erkenntnis 1989/9/25 B29/89

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Veröffentlicht am 25.09.1989
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür keine
B-VG Art83 Abs2 / Zuständigkeit
StGG Art5 / Verwaltungsakt / Verletzung keine
Tir GVG 1983 §4 Abs1
Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc

Leitsatz

Versagung der Zustimmung zum Eigentumserwerb an einer Wiesenfläche; keine Nutzung im Rahmen eines lebensfähigen landwirtschaftlichen Betriebes; keine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung; keine Entziehung des gesetzlichen Richters

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 23./26. Jänner 1987 erwarb G A von der Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) die Gp. 1523 im Ausmaß von 2253 m2 in EZ 612 KG Völs um einen Kaufpreis von

S 337.950,--.

2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Völs vom 25. März 1987 wurde diesem Rechtserwerb gemäß §4 Abs1 sowie §6 Abs1 litc des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. Nr. 69/1983 (künftig: GVG), die nach §3 Abs1 lita leg.cit. erforderliche Zustimmung versagt.

2.2. Die dagegen erhobene Berufung des G A wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 27. September 1988, Z LGv-334/5-87, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:

"Gegen (den Bescheid erster Instanz) richtet sich die vorliegende Berufung, in welcher der Rechtsmittelwerber im wesentlichen darauf verweist, daß er bereits 1979 landwirtschaftlichen Grund im Ausmaß von 4.000 m2 samt Wald geerbt hätte. Zudem habe er in der KG Sautens eine 26 a große land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzfläche gepachtet. Der Rechtsmittelwerber habe daher die gleiche Eigenschaft als Neben- oder Zuerwerbsbauer wie so viele Bauern in Tirol.

...

Unbestritten ist, daß sich das in Frage stehende Rechtsgeschäft auf ein land- bzw. forstwirtschaftliches Grundstück im Sinne des §1 Abs1 Z.1 GVG 1983 bezieht und der darin von den Vertragsteilen vereinbarte Eigentumserwerb zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf (vergl. §16 Abs1 GVG 1983).

...

Die Vorschrift des §6 Abs1 GVG 1983 führt einzelne Tatbestände an, bei deren Vorliegen einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 insbesondere nicht zuzustimmen ist und konkretisiert derart den nur allgemein formulierten Inhalt des §4 Abs1 GVG. Als spezieller Versagungstatbestand ist im §6 Abs1 litc genannt, daß einem Grunderwerb insbesondere dann nicht zuzustimmen ist, wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird.

...

Wenn auch letzterer Begriff im Tiroler GVG nicht näher umschrieben ist, so kann darunter wohl nur ein bäuerlicher Voll- oder Nebenerwerbsbetrieb verstanden werden, der seinem Eigentümer und der bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt gewähren kann oder zumindest zum Lebensunterhalt der bäuerlichen Familie in relevanter Weise beizutragen imstande ist. ... (vergl. hiezu etwa das Erkenntnis des VfGH. vom 27.6.1975, B344/74-22).

Die Größenstrukturen, die hiebei erforderlich sind, können nicht nach starren Regeln beurteilt werden, können also nach Maßgabe des jeweiligen Falles (insbesondere auch unter Berücksichtigung der Produktionsbedingungen) unterschiedlich sein. Im Lichte der zum land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrsrecht ergangenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erscheint aber klargestellt, daß von einem leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb weder bei Grundbesitz im Ausmaß von 1,1 ha (Erkenntnis vom 28.2.1986, B570/85) noch im Ausmaß von 1,5 ha (Erkenntnis des VfGH. vom 11.6.1988, B827/87-12) die Rede sein kann, sodaß auch der Beantwortung der Frage, ob die dem Gesuchsteller in der Gemeinde Ötz bzw. in der Gemeinde Sautens gehörigen Grundstücke in der Größenordnung von 9.000 m2 einen landwirtschaftlichen Grundbesitz in der Gemeinde Völs im Ausmaß von 662 m2 überhaupt zugeordnet werden kann, untergeordnete Bedeutung zukommt. Muß doch selbst im Falle der Bejahung in dieser Frage davon ausgegangen werden, daß der Grundstückskäufer selbst unter Hinzurechnung der vom strittigen Rechtsgeschäft umfaßten Grundfläche im Ausmaß von 2253 m2 nicht über Grundbesitz in einer solchen Größenordnung verfügt, der als Grundlage für einen selbständig lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb angesehen werden könnte ...

...

Von diesen Erwägungen ausgehend vertritt die erkennende Behörde in Übereinstimmung mit der Erstinstanz die Auffassung, daß der hier beabsichtigte Eigentumserwerb den öffentlichen Interessen des §4 Abs1 GVG ... zuwiderläuft."

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, der Sache nach auch des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

4.1.1. Der Beschwerdeführer bringt - und damit befaßt sich der Verfassungsgerichtshof zunächst - ua. vor, daß die in Rede stehende Liegenschaft zwischen Bahn und Bundesstraße gelegen sei. Im östlichen Auslauf werde diese Liegenschaft immer steiler; sie ende in jenem Bereich, in welchem die Bundesstraße mit einer Brücke über den Bahndamm fortgesetzt werde. Anschließend an die Bundesstraße befinde sich die Autobahn. Längs der Liegenschaft im südlichen Bereich befinde sich die Bundesbahn, nördlich der Liegenschaft die Umfahrungsstraße Völs. Bei dem Grundstück handle es sich um eine Restparzelle aus dem Bau der Umfahrungsstraße Völs und des Autobahnbaues. Es handle sich dabei um eine Wiese, die praktisch unverwendbar sei. Bislang sei die Fläche in keiner Weise einer landwirtschaftlichen Bestimmung zugeführt worden. Tatsächlich habe die Republik Österreich die Liegenschaft erworben, weil sie für den Straßen- und Autobahnbau benötigt worden sei. Da die Liegenschaft gar keine land- bzw. forstwirtschaftliche Fläche bilde, wäre für sie die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gar nicht notwendig; die Behörde hätte vielmehr eine Negativbestätigung ausstellen müssen.

4.1.2. Träfe die Behauptung des Beschwerdeführers zu, daß dem Grundstück, das er zu erwerben beabsichtigt, die Qualifikation eines landwirtschaftlichen Grundstückes nicht zukommt, dann hätte die belangte Behörde bei der Versagung der Genehmigung eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zugekommen wäre. Dadurch wäre der Beschwerdeführer im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 9063/1981, 10447/1985) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Dies trifft jedoch nicht zu. Nach der vom Verfassungsgerichtshof vertretenen grundsätzlichen Auffassung (VfSlg. 7898/1976, 8415/1978, 8718/1979, 9005/1981, 9063/1981, 10921/1986) ist bei verfassungskonformer Auslegung des §1 Abs1 Z1 GVG davon auszugehen, daß der Landesgesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Grundverkehrs (soweit es sich um einen Rechtserwerb durch Inländer handelt) nur den Verkehr mit solchen Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen darf, die gegenwärtig einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind; das sind solche, auf denen eine Land- und Forstwirtschaft betrieben wird (VfSlg. 8257/1978), wobei, um Umgehungshandlungen hintanzuhalten, aber auch Grundstücke, die gegenwärtig diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in die Grundverkehrsregelung einbezogen werden dürfen; der Entfall der Widmung darf daher nur solange zurückliegen, als dies aus diesem Zweck erklärbar ist (VfSlg. 7838/1976). Wie der Erhebungsbericht des über Ersuchen der belangten Behörde vom Amt der Tiroler Landesregierung beauftragten Amtsorganes vom 13. April 1988 darlegt, handelt es sich bei dem in Rede stehenden Grundstück um eine ebene, nach Osten spitz auslaufende Wiesenfläche, welche vom Käufer gemäht und genutzt wird. Der Beschwerdeführer, dem gemäß §45 Abs3 AVG 1950 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, trat diesen Feststellungen nicht entgegen; er führte vielmehr aus, daß die im Bericht dargelegten Fakten im wesentlichen richtig seien. Er äußerte weiters, er benötige "das kaufgegenständliche Grundstück dringend als Weidefläche für mein Vieh, zumal die Hofstelle in Völs im dicht verbauten Ortsgebiet liegt und überdies viel zu klein ist".

Der Verfassungsgerichtshof hegt aufgrund dieses Sachverhaltes keine Zweifel, daß es sich beim Kaufgrundstück um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche handelt, sodaß der beabsichtigte Rechtserwerb der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unterliegt. Durch die bekämpfte Sachentscheidung wurde der Beschwerdeführer daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.

4.2.1. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, der angefochtene Bescheid sei "verfassungsrechtlich unrichtig und rechtswidrig". Er habe vor ca. eineinhalb Jahren die Liegenschaft EZ 1213 II KG Völs samt dazugehörigem Hofraum erworben. Auf der Liegenschaft befinde sich ein von ihm inzwischen renoviertes Hofgebäude, in welchem er derzeit sechs Ponies, vier Ziegen, acht Pferde und zehn Schafe halte. Desweiteren sei er Eigentümer der Liegenschaft EZ 349 II KG Ötz und EZ 551 II KG Sautens. Beide Liegenschaften seien landwirtschaftliche Flächen; in Sautens betreibe er Obstbau, zudem mähe er beide Liegenschaften selbst und bringe das als Futtergrundlage für seine Tiere dienende Heu mit seinem Pferdetransporter von Ötz nach Völs. Da die Flächen für den Bedarf nicht ausreichen, habe er zusätzlich die EZ 453 II KG Sautens in einem Ausmaß von 24 a gepachtet. Außerdem habe er in Völs eine Teilfläche der Gp. 1482/2 im Ausmaß von ca. 340 m2 samt Heustadl ebenfalls gepachtet. Schließlich sei er in Ötz Eigentümer von drei Eigenwaldungen, mit denen zwei Agrarwaldteile verbunden seien.

Richtig sei wohl, daß er in Völs als Pächter ein kleines Cafe betreibe; der Pachtvertrag laufe aber mit Volljährigkeit der Tochter der Verpächterin aus, sodaß er den Cafebetrieb in etwa sechs Jahren werde aufgeben müssen. Unrichtig sei hingegen, daß er in Völs hauptberuflich einen Fliesenhandel betreibe. Diesen habe er bereits vor sechs Jahren aufgegeben; warum und wieso der Erhebungsbericht anderer Ansicht sei, bleibe unerfindlich. Hätte die belangte Behörde ordentliche Erhebungen durchgeführt, dann wäre sie zum selben Ergebnis gekommen. "Dieses Mißverhältnis" habe bereits das Verfahren I. Instanz belastet. Ein Mitglied der Kommission habe ihm erklärt, "daß er bei der Verhandlung vor der Grundverkehrsbehörde ... gar nichts wußte, um welche Parzelle es sich handelt, als er ablehnte". Der Beschwerdeführer sei der Meinung, daß ein Mitglied der Grundverkehrsbehörde sich schon vor Abgabe seiner Stimme im klaren sein müsse, welches Grundstück Gegenstand eines Verfahrens sei.

Nachdem die Republik Österreich seit nunmehr 11 Jahren vergeblich versucht habe, einen tauglichen Käufer zu finden - die Gemeinde Völs sei an einem Kauf wohl interessiert gewesen, habe aber nur einen uninteressanten Betrag geboten -, sei während des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens ein Interessent aufgetreten, der aber seine Landwirtschaft schon seit längerem nicht mehr betrieben habe. Möglicherweise hätte er für das Kaufobjekt als Fläche für seine Maschinenwerkstätte oder als Lagerplatz Interesse gehabt. Dieser Interessent sei "dem gleichen politischen Lager zuzuordnen" wie das vorerwähnte Mitglied der Grundverkehrsbehörde. Der Beschwerdeführer könne daher nicht ausschließen, daß es sich beim angefochtenen Bescheid weniger um eine rechtliche als um eine politische Entscheidung handle. Zudem hätte die Behörde erkennen müssen, daß ihm als "kleinem Landwirt" durch den Erwerb der Kaufliegenschaft landwirtschaftlich geholfen werde und "damit auch eine Erhaltung und Stärkung des leistungsfähigen Bauernstandes" bewirkt werde. Wieso dem Erwerb durch ihn öffentliche Interessen entgegenstünden, sei unerfindlich. Das Wort "öffentliches Interesse" sei zudem verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Es sei nämlich völlig gleich und ohne Einfluß für die Förderung eines gesunden Bauernstandes, was mit der in Rede stehenden Parzelle passiere. Da nunmehr aber der Beschwerdeführer Nebenerwerbsbauer sei und selbst Tiere halte und den Kauf lediglich beabsichtige, um seine Tiere auf dieser Liegenschaft weiden zu lassen, sei es unverständlich, warum die belangte Behörde der Meinung sei, daß dieses Grundstück nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet würde. Bedenklich seien insbesondere die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, mit denen die Zustimmung zu einem Erwerb von einem bereits bestehenden leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb abhängig gemacht werde. Tatsächlich spiele im wirtschaftlichen Bereich nämlich gar keine Rolle, wie groß ein Betrieb flächenmäßig sei; wichtig sei vielmehr, ob das landwirtschaftliche Management richtig ist und ob der Landwirt entsprechende land- und forstwirtschaftliche Produkte erzeugt, mit denen er einen angemessenen Gewinn machen kann. Beispielsweise für eine Schweine- oder Hühnerzucht sei es gar nicht notwendig, eine riesengroße Fläche zur Verfügung zu haben, da Schweine und Hühner in Stallungen gezüchtet würden. Der Standpunkt der belangten Behörde bedeute jedoch, daß ein großer und reicher Bauer eher in die Lage komme, eine land- und forstwirtschaftliche Parzelle zu erwerben als ein kleiner Bauer. Die Genehmigung von der Größe des bisherigen Besitzes abhängig zu machen, widerspreche wohl eindeutig dem Gleichheitsgebot. Verfassungsrechtlich ebenso bedenklich sei, daß "der Landesgesetzgeber eine Bewirtschaftung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nur auf Betriebsbasis im Einklang mit den grundverkehrsrechtlichen Schutzinteressen für gegeben" erachte. Daraus ergebe sich nämlich, daß die Grundverkehrsbehörde in gleichheitswidriger Weise darüber entscheiden könne, ob und welcher Voll- oder Nebenerwerbsbauer eine Liegenschaft bekomme. Aus dem Gesagten ergebe sich aber auch, daß die Behörde das Gesetz willkürlich angewendet habe.

4.2.2. Mit diesen Vorwürfen behauptet der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe ihn durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte.

Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §§4 Abs1 und 6 Abs1 litc GVG. Der Beschwerdeführer meint, daß diese Bestimmungen verfassungswidrig seien; der Verfassungsgerichtshof hat jedoch bereits in einer Vielzahl von Entscheidungen (vgl. zB VfSlg. 7198/1973, 7546/1975, 9009/1981 und die dort zitierte Vorjudikatur) ausgesagt, daß er ob der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmungen keine Bedenken hegt; solche sind auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen könnte eine Verletzung der in Rede stehenden Grundrechte somit nur vorliegen, wenn die Behörde das Gesetz willkürlich oder denkunmöglich angewendet hätte.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985).

Ein denkunmögliches Vorgehen läge nur dann vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

All dies liegt offenkundig nicht vor.

Die belangte Behörde hat dem beabsichtigten Rechtserwerb die Zustimmung versagt, weil sie meint, daß der landwirtschaftliche Besitz des Beschwerdeführers auch unter Einbeziehung der gekauften Fläche zur Führung eines selbständig lebensfähigen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes nicht ausreichen würde. Sie beruft sich hiezu auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der wiederholt ausgesagt hat, er könne einer Entscheidung der Grundverkehrsbehörde nicht entgegentreten, wenn selbst nach dem Zukauf einer Liegenschaft "die Grundlage für den leistungsfähigen und wirtschaftlich gesunden bäuerlichen Betrieb" nicht geschaffen wäre. Einen solchen Fall hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 10764/1986 für gegeben angenommen, in dem er unter Hinweis auf die Vorjudikatur (VfSlg. 8674/1979) aussagte, es sei die Annahme nicht abwegig, daß durch eine Hofstelle von etwa 1,7 ha und 9 ha Alpweidefläche den grundverkehrsgesetzlich geforderten Voraussetzungen nicht entsprochen sei. Auch im Erkenntnis vom 11. Juni 1988 B827/87 sagte der Gerichtshof unter Hinweis auf VfSlg. 7604/1975 und die vorzitierte Rechtsprechung aus, daß dem Ausmaß des Grundbesitzes für die Zustimmung zu einem Rechtserwerb grundsätzliche Bedeutung zukommt; er verwies jedoch zusätzlich darauf, daß die Art des beabsichtigten landwirtschaftlichen Betriebes (zB Forstwirtschaft oder Baumschule, Landwirtschaft in Tallage oder Alpwirtschaft, Bienenzucht oder Pferdehaltung) für die Beurteilung maßgeblich und ein schematischer Vergleich der Grundausstattung daher nicht zielführend ist.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß auch zu berücksichtigen gewesen ist, welche Art eines Betriebes vom Beschwerdeführer ausgeübt wird. Aus seinem eigenen Vorbringen und den Verwaltungsakten ergibt sich nun, daß er - wie in der Beschwerde dargelegt - seit etwa eineinhalb Jahren Eigentümer einer Liegenschaft (EZ 1213 II KG Völs) im Ausmaß von 662 m2 (einschließlich einer Hofstelle) ist und daß ihm in etwa 60 km Entfernung in den Gemeinden Ötz und Sautens Grund im Ausmaß von 9.000 m2 gehört. In Völs hat er eine Fläche von 340 m2 aus einer Nachbarliegenschaft zur Unterbringung von Heu und in Sautens eine weitere Fläche von 24 a, die er als zusätzliche Futteranbaufläche für seine Tiere verwendet, gepachtet. Der Eigengrund des Beschwerdeführers umfaßt daher etwas über 1 ha, wozu

2.253 m2 Kauffläche hinzukämen. Nach der Aktenlage hält der Beschwerdeführer in der Hofstelle in Völs Tiere, und zwar nach seinen eigenen Angaben im Administrativverfahren im Mai 1988 sechs Ponies, ein Haflingerpferd, zwei Schweine, zwölf Schafe, sieben Ziegen und Hühner; laut Beschwerdevorbringen werden nunmehr sechs Ponies, acht Pferde, vier Ziegen und zehn Schafe gehalten. In der Gegenschrift wird hiezu vom Beschwerdeführer unwidersprochen - unter Bezugnahme auf die Pferdehaltung - ausgeführt, daß der Beschwerdeführer das Gewerbe "Verleih von Reitpferden im Standort Völs, Innsbrucker Straße 5" angemeldet habe, woraus auch geschlossen wird, daß er eine Landwirtschaft gar nicht betreibe, da es einer gewerberechtlichen Anmeldung für den Pferdeverleih im Zusammenhang mit einer Landwirtschaft nicht bedurft hätte (§2 Abs1 Z2 GewO 1973). Aus den Akten geht weiters hervor, daß der Beschwerdeführer in Völs ein Cafehaus betreibt, wozu in der Beschwerde darauf verwiesen wird, daß der zugrundeliegende Pachtvertrag in etwa sechs Jahren enden werde. Aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers (in seiner Eingabe vom 25. Mai 1988) geht schließlich hervor, daß er Inhaber eines seit Jahren verpachteten Fliesenhandels ist.

Ausgehend von diesen Gegebenheiten hält der Verfassungsgerichtshof die Beurteilung der belangten Behörde weder für willkürlich noch für denkunmöglich. Soweit die Beschwerde auf mögliche politische Hintergründe, die bei der Entscheidung mitgewirkt hätten, anspielt, finden sich hiefür in den Verwaltungsakten nicht die leisesten Anhaltspunkte. Auch sonst deutet nichts darauf hin, daß sich die Behörde von unsachlichen Motiven bei ihrer Entscheidung leiten hätte lassen. Ebensowenig kann der Behörde vorgeworfen werden, daß sie jegliches Beweisverfahren unterlassen oder aktenwidrige Feststellungen getroffen hätte. Aber auch in rechtlicher Hinsicht kann keine Rede von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage sein oder der Behörde angelastet werden, daß sie das Gesetz in einer Weise verfehlt angewendet hätte, daß ihr Vorgehen mit einem gesetzlosen Verhalten gleichzusetzen wäre. Der Beschwerdeführer selbst muß zugeben, daß er Zupachtungen benötigt, um die Futtergrundlage für seinen Viehbestand zu schaffen, woraus die Behörde jedenfalls vertretbarer Weise schloß, daß gemessen an den im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden landwirtschaftlichen Grundstücken ein vom Gesetz vorausgesetzter landwirtschaftlicher Betrieb nicht vorliegt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Hinblick darauf, daß ein Pferdeverleih ausgeübt wird, insoferne eine der Landwirtschaft zuzuzählende Tätigkeit überhaupt vorliegt. Die Verfahrensergebnisse erlauben - schon auf dem Boden des eigenen Vorbringens des Beschwerdeführers - jedenfalls nicht, der belangten Behörde den Vorwurf zu machen, ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt zu haben.

4.3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B29.1989

Dokumentnummer

JFT_10109075_89B00029_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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