TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/23 91/19/0264

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Veröffentlicht am 23.03.1992
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65002 Jagd Wild Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
JagdG Krnt 1978 §3 Abs2;
JagdG Krnt 1978 §5 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §7 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §7 Abs2;
JagdG Krnt 1978 §7 Abs3;
JagdG Krnt 1978 §9 Abs1;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des 1. GT und des 2. JT, beide in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Juli 1991, Zl. 10R-225/3/1991, betreffend Feststellung eines Eigenjagdgebietes (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde X, 2. Stadtgemeinde Y), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung und Anerkennung des im gemeinsamen Eigentum stehenden Gutes "Z", bestehend aus näher bezeichneten Grundstücken im Gesamtausmaß von 127,0809 ha, als Eigenjagdgebiet gemäß § 9 Abs. 5 lit. a des Kärntner Jagdgesetzes 1978, LGBl. Nr. 76, (JG) abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die beantragte Eigenjagd aus einem südlichen, (rund) 23 ha großen und einem nördlichen, (rund) 101 ha großen Teil bestehe, welche durch einen Bach und dessen Randuferparzellen auf eine Länge von ca. 150 m verbunden würden. In diesem Bereich verenge sich das beantragte Jagdgebiet auf eine Breite von nur wenigen Metern. Die beiden entlang des Bachbettes gelegenen Randuferparzellen wiesen eine maximale Breite von 5 m auf. Sie seien so schmal und umgrenzt vom Siedlungsgebiet, daß sie nach Umfang bzw. Gestalt für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb nicht zuließen. Sie hätten weder Einstandscharakter noch böten sie Äsung für eine Schalenwildart. Sie seien daher als "ähnliche Grundflächen" im Sinne des § 7 Abs. 2 JG anzusehen und stellten durch ihre Länge den Zusammenhang zwischen den getrennt liegenden Grundflächen der beantragten Eigenjagd nicht her. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 JG sei der Antrag der Beschwerdeführer daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 JG werden die Jagdgebiete durch die Bezirksverwaltungsbehörde auf die Dauer der Pachtzeit der Gemeindejagd (§ 17 Abs. 1) festgestellt. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat gemäß § 9 Abs. 5 nach Ablauf der in den Abs. 2 und 3 festgelegten Fristen festzustellen,

a) welche Grundstücke als Eigenjagdgebiete anerkannt werden, welches Flächenausmaß die einzelnen Gebiete aufweisen und wem die Befugnis zur Eigenjagd darauf zusteht (Eigenjagdberechtigter), b) daß die verbleibenden Grundstücke mit ihrer ziffernmäßig anzugebenden Gesamtfläche unter den Voraussetzungen des § 6 ein Gemeindejagdgebiet oder mehrere Gemeindejagdgebiete bilden.

Ein Eigenjagdgebiet ist gemäß § 5 Abs. 1 JG eine demselben Eigentümer gehörende, zusammenhängende, jagdlich nutzbare Grundfläche von mindestens 115 ha.

Als zusammenhängend im Sinne der §§ 5 und 6 JG gelten gemäß § 7 Abs. 1 JG Grundflächen, wenn man von einem Grundstück zum anderen gelangen kann, ohne fremden Grund zu betreten. Der Zusammenhang von Grundstücken ist auch dann gegeben, wenn sie nur in einem Punkt zusammenstoßen. Inseln gelten als mit den Ufergrundstücken zusammenhängend.

Wege, Eisenbahngrundstücke, fließende und stehende Gewässer und ähnliche Grundflächen, die nach Umfang oder Gestalt für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb nicht gestatten, bilden gemäß § 7 Abs. 2 erster Satz kein selbständiges Jagdgebiet; sie unterbrechen einerseits durch ihre Breite den Zusammenhang eines Jagdgebietes nicht, stellen aber andererseits durch ihre Länge den Zusammenhang (Abs. 1) zwischen getrennt liegenden Grundstücken auch nicht her.

Ein geordneter Jagdbetrieb ist gemäß § 3 Abs. 2 JG gegeben, wenn durch die Jagdausübung einschließlich der Hege ein der Größe und Beschaffenheit des Jagdgebietes unter Berücksichtigung eines ausgeglichenen Naturhaushaltes und der Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft angepaßter artenreicher und gesunder Wildstand erzielt und erhalten wird; er umfaßt weiters eine ordnungsgemäße Ausübung des Jagdschutzes.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführer geltend, daß der Bezirksjägermeister Ing. P. im erstinstanzlichen Verfahren als "Privatsachverständiger" tätig geworden sei, obwohl er schon "vor dem erstinstanzlichen Verfahren" in einer Sitzung des Bezirksjagdbeirates ein für die Beschwerdeführer negatives Gutachten abgegeben habe. Der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige habe das "Privatgutachten" des Ing. P. vollinhaltlich übernommen. Dieses Vorbringen ist aktenwidrig: Abgesehen davon, daß Ing. P. im erstinstanzlichen Verfahren nicht als "Privatsachverständiger" eingeschritten ist, sondern gemäß § 52 Abs. 2 AVG zum Sachverständigen bestellt und als solcher beeidet wurde, erstattete er sein Gutachten in der Verhandlung vor der erstinstanzlichen Behörde vom 5. Juni 1990, während die Sitzung des Bezirksjagdbeirates, bei der auch der gegenständliche Antrag der Beschwerdeführer behandelt wurde, erst am 19. September 1990 stattfand. Es kann auch keine Rede davon sein, daß der von der belangten Behörde bestellte Amtssachverständige das Gutachten des Ing. P. "übernommen" habe, beruht doch das vom Amtssachverständigen abgegebene Gutachten auf dessen eigener Befundaufnahme.

Soweit die Beschwerdeführer als weiteren Verfahrensmangel geltend machen, daß ihnen keine Möglichkeit geboten worden sei, an der Besichtigung der strittigen Grundflächen mit dem Amtssachverständigen teilzunehmen, ist darauf zu verweisen, daß keine gesetzliche Verpflichtung besteht, die Parteien zum Augenschein eines Amtssachverständigen beizuziehen, welcher der Beweisaufnahme vor Abgabe des Gutachtens dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 91/19/0121).

Wenn die Beschwerdeführer das Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen "als für die Entscheidungsfindung nicht verwertbar" bezeichnen, weil es für die Feststellung des Eigenjagdgebietes entgegen der Auffassung des Amtssachverständigen nicht darauf ankomme, ob einzelne Grundstücke (die Randuferparzellen) für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb gestatteten, so zeigen sie damit keinen Verfahrensmangel auf, sondern schneiden eine Rechtsfrage an.

Im Mittelpunkt der die Rechtsrüge betreffenden Ausführungen der Beschwerdeführer steht die These, daß für die Feststellung eines Eigenjagdgebietes nur entscheidend sei, daß die demselben Eigentümer gehörende, zusammenhängende Grundfläche von mindestens 115 ha im gesamten jagdlich nutzbar sei, ohne daß es erforderlich sei, daß auch jedes der diese Grundfläche bildenden Grundstücke für sich allein jagdlich nutzbar sei oder einen geordneten Jagdbetrieb gestatte. Dabei übersehen die Beschwerdeführer jedoch, daß es für die Frage, ob Grundflächen als zusammenhängend gelten, trotz Erfüllung der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 JG von Bedeutung sein kann, daß der Zusammenhang zwischen getrennt liegenden Grundstücken im Grunde des § 7 Abs. 2 erster Satz JG durch die Länge von Wegen, Eisenbahngrundstücken, fließenden und stehenden Gewässern und ähnlichen Grundflächen, die nach Umfang oder Gestalt für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb nicht gestatten, nicht hergestellt wird. Grundflächen, die nach dem ersten Halbsatz des ersten Satzes des § 7 Abs. 2 JG rechtens kein selbständiges Jagdgebiet zu bilden vermögen, können nur in Verbindung mit bereits anderweitig zusammenhängenden Grundstücken, die zusammen eine Grundfläche von mindestens 115 ha aufweisen, Teil des aus diesen zusammenhängenden Grundstücken bestehenden Jagdgebietes sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1983, Zlen. 83/03/0173, 0174).

Im Beschwerdefall kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie - gestützt auf das nicht als unschlüssig zu erkennende Gutachten des Amtssachverständigen - zum Ergebnis gelangte, daß die entlang des Bachbettes gelegenen Randuferparzellen als "ähnliche Grundflächen" im Sinne des § 7 Abs. 2 erster Satz, erster Halbsatz JG anzusehen sind, welche für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb nicht gestatten und nach dem zweiten Halbsatz des ersten Satzes des § 7 Abs. 2 JG somit durch ihre Länge den Zusammenhang zwischen den getrennt liegenden südlichen und nördlichen Teilen des Jagdgebietes nicht herstellen. Wenn die Beschwerdeführer dem entgegenhalten, daß dem Rehwild auf den Böschungsflächen genügend Äsungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, sodaß die jagdliche Nutzbarkeit der Uferparzellen gegeben sei, so verkennen sie, daß es für die Anwendung des § 7 Abs. 2 erster Satz JG nicht auf die jagdliche Nutzbarkeit der betreffenden Grundflächen im Sinne des § 7 Abs. 3 erster Satz JG, sondern darauf ankommt, ob diese für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 2 JG gestatten. Da der nördliche und südliche Teil des zur Anerkennung beantragten Eigenjagdgebietes jeweils nicht eine Mindestgröße von 115 ha aufweist und diese beiden Teile - ohne Berücksichtigung der umstrittenen Randuferparzellen - auch nicht anderweitig zusammenhängen, ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die in § 5 Abs. 1 JG für ein Eigenjagdgebiet normierte Voraussetzung des Vorliegens einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha nicht als erfüllt ansah.

Daran vermag auch nichts zu ändern, daß die zur Feststellung als Eigenjagdgebiet beantragten Grundstücke in der Vergangenheit als Eigenjagdgebiet anerkannt waren, ist die Feststellung der Jagdgebiete gemäß § 9 Abs. 1 JG doch nur für die jeweilige Dauer der Pachtzeit der Gemeindejagd rechtswirksam. Ob die den "Korridor" bildenden Grundstücke schon seit Jahrzehnten im Eigentum der Beschwerdeführer stehen und von diesen nicht erst vor der Jagdgebietsfeststellung zugekauft worden sind, ist gleichfalls nicht von Bedeutung. Gegenteiliges läßt sich auch dem von den Beschwerdeführern zitierten hg. Erkenntnis vom 23. März 1973, Zl. 1633/72, nicht entnehmen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Gutachten Parteiengehör Teilnahme an Beweisaufnahme FragerechtJagdrecht und Jagdrechtsausübung Bildung von Jagdgebieten Feststellung EigenjagdJagdrecht und Jagdrechtsausübung Eigenjagd Ausübung und Nutzung VerpachtungBeweismittel SachverständigenbeweisParteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an BeweisaufnahmenSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991190264.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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