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70 SchulenNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrages auf Aufhebung des §16 Abs1 des Minderheiten-SchulG f Krnt; unvollständige Anfechtung; Eingriff in die vom Antragsteller relevierten Rechte auch durch die dieses Gesetz konkretisierende und nicht angefochtene LehrplanverordnungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1.1. Der am 28. Februar 1979 geborene M N begehrte in seiner Eingabe vom 8. November 1988 gemäß Art140 (Abs1) B-VG iVm §62 Abs1 VerfGG 1953 die Aufhebung des §16 Abs1 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. 101/1959, idF BGBl. 326/1988 als verfassungswidrig, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß er (als Angehöriger der slowenischen Minderheit im Bundesland Kärnten) die 4. Klasse der Volksschule in Heiligengrab besuche und, obwohl vorschriftsmäßig zum Unterricht in slowenischer Sprache angemeldet, auf Grund des ua. gegen Art7 Z2 des Staatsvertrags von Wien, BGBl. 152/1955, verstoßenden §16 Abs1 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. 101/1959, idF BGBl. 326/1988 grundsätzlich nur in deutscher Sprache unterrichtet werde und lediglich vier Wochenstunden Slowenischunterricht erhalte.
1.1.2. Die Bundesregierung trat in einer schriftlichen Stellungnahme für die Zurückweisung, hilfsweise für die Abweisung des (Individual-)Antrags ein.
1.2. §16 Abs1 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. 101/1959, idF BGBl. 326/1988 hat folgenden Wortlaut:
"An den zweisprachigen Volksschulen (Volksschulklassen, Volksschulabteilungen) ist der gesamte Unterricht auf der Vorschulstufe sowie auf den ersten drei Schulstufen in annähernd gleichem Ausmaß in deutscher und slowenischer Sprache zu erteilen; von der vierten Schulstufe an ist der Unterricht - unbeschadet des Abs2 - in deutscher Sprache zu erteilen, doch ist die slowenische Sprache mit vier Wochenstunden als Pflichtgegenstand zu führen. In Volksschulklassen mit deutschsprachigen und zweisprachigen Abteilungen ist der deutschsprachige Unterricht soweit wie möglich für alle Schüler der betreffenden Schulstufen gemeinsam zu erteilen."
2. Über den Antrag wurde erwogen:
2.1. Die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG setzt zunächst voraus, daß die bekämpfte generelle Norm für den Antragsteller nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Darüber hinaus wird verlangt, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des anfechtenden Normadressaten unmittelbar eingreift: Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - und seither in ständiger Rechtsprechung - darlegte, muß ein solcher unmittelbarer und (deswegen) die Antragslegitimation begründender Eingriff notwendig durch die strittige generelle Rechtsnorm selbst nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmt sein und die (rechtlich geschützten) Interessen des Anfechtungswerbers aktuell - nicht bloß potentiell - beeinträchtigen (vgl. zB VfSlg. 8212/1977, 10.359/1985).
Da das Ziel eines (Individual-)Antrags in der Behebung der geltend gemachten Rechtsverletzung zu erblicken ist, führt eine sinnorientierte Auslegung des Art140 B-VG (s. VfSlg. 9096/1981) schließlich aber auch zum Ergebnis, daß die Antragslegitimation nur dann bejaht werden kann, wenn die Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmung die Rechtsposition des Antragstellers (tatsächlich) verändert (VfSlg. 9096/1981, 10.593/1985; s. überdies: VfSlg. 10.492/1985). Andernfalls wäre der Individualantrag unzulässig. Das gleiche gilt, wenn sich der vom Anfechtungswerber als rechtswidrig eingestufte Zustand durch Aufhebung der bekämpften Bestimmung allein nicht beseitigen läßt, der behauptete Eingriff in die Rechtssphäre also nicht unmittelbar auf Grund der allein zur Aufhebung begehrten Gesetzesstelle eintritt, vielmehr - wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 27. September 1988, G105,106/88, aussprach - etwa erst durch eine unangefochten gebliebene Verordnung aktualisiert wird ("unvollständige" Anfechtung (vgl. VfSlg. 8829/1980, 8978/1980; VfGH 30.9.1987 B357-360/87, G104-107/87, V41-44/87)).
2.2. Daraus folgt hier, daß der einleitend bezeichnete (Individual-)Antrag als unzulässig zurückzuweisen war: Denn in die vom Antragsteller relevierten Rechte, so auch in das Recht auf Elementarunterricht in slowenischer Sprache (Art7 Z2 des Staatsvertrags von Wien, BGBl. 152/1955), greift - nach Meinung des Antragstellers: verfassungswidrig - nicht bloß (ausschließlich) der angefochtene §16 Abs1 Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, BGBl. 101/1959, idF BGBl. 326/1988 ein, sondern jedenfalls auch die diese Norm konkretisierende "Lehrplan-Verordnung 1966", BGBl. 118/1966, idF der 4. Novelle BGBl. 511/1988, welche die gesetzlichen Anordnungen (über Slowenischunterricht als Pflichtgegenstand ab der vierten Schulstufe im Ausmaß von vier Wochenstunden) wiederholt und präzisiert (vgl. zB Z4, 8 und 13 der Novelle BGBl. 511/1988), sodaß der Antrag aus dieser Überlegung mangels Legitimation des Antragstellers iSd hg. Beschlusses vom 27. September 1988, G105,106/88, zurückgewiesen werden mußte.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Schulen, MinderheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:G19.1989Dokumentnummer
JFT_10109075_89G00019_00