Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des J B in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Oktober 1991, Zl. VI/4-J-161, betreffend Verlängerung eines bestehenden Jagdpachtverhältnisses (mitbeteiligte Parteien:
1. Jagdgenossenschaft N, vertreten durch den Obmann des Jagdausschusses, J S in N, dieser vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in X, 2. Jagdgesellschaft N, vertreten durch den Jagdleiter S Z, N), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 10. Mai 1991 genehmigte die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (BH) gemäß § 40 Abs. 1 und 2 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (JG) den Beschluß des Jagdausschusses N über die Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses des Jagdgebietes N an die (aus vier namentlich angeführten Mitgliedern bestehende) Jagdgesellschaft
N für die Zeit vom 1. Jänner 1993 bis 31. Dezember 2001 um den neu vereinbarten Pachtschilling in Höhe von S 10.000,-- jährlich.
2. Der dagegen vom nunmehrigen Beschwerdeführer - einem Eigentümer von im Gebiet der Genossenschaftsjagd N gelegenen Grundstücken - erhobenen Berufung gab die Niederösterreichische Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 14. Oktober 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 40 JG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die erstmitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift eingebracht, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zunächst vermag der Gerichtshof die in der Gegenschrift der Erstmitbeteiligten vertretene Ansicht, im Beschwerdefall fehle es an der Möglichkeit einer Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers, nicht zu teilen, wird doch der Beschwerdeführer in seiner unbestrittenen Eigenschaft als Eigentümer von Grundstücken im Genossenschaftsjagdgebiet und damit Mitglied der Jagdgenossenschaft - aus dieser Stellung heraus erachtet er sich in seinem Recht auf eine optimale Jagdverwertung verletzt - durch die (Verlängerung der) Verpachtung dieses Jagdgebietes in seinen subjektiven Rechten berührt (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 3. November 1972, Zl. 457/72).
2.1. Das weitwendige, unter dem Titel der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung und Gesetzesverletzung" erstattete Beschwerdevorbringen, läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Jagdausschuß das wesentlich höhere Pachtangebot des Beschwerdeführers (S 38.000,-- jährlich) zu beachten gehabt hätte und durch die Nichtbeachtung desselben die Interessen der Jagdgenossenschafter, darunter auch die des Beschwerdeführers, "vorsätzlich und ganz grob verletzt (hat)". Diese Behauptung führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.
2.2. Entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers ist der Begriff "Interesse der Land- und Forstwirtschaft" im Sinne des § 40 Abs. 1 JG nicht dahin auszulegen, daß er sich auf vorhandene oder (möglicherweise) zu erwartende Pachtangebote anderer Pachtwerber beziehen würde und daß er auf ein hinsichtlich des gebotenen Pachtschillings höchstes Angebot ausgerichtet wäre. Die Höhe des Jagdpachtschillings war sohin bei der Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses nicht von ausschlaggebender Bedeutung; diese wäre nur dann zu beanstanden, wenn derselbe in einem (krassen) Mißverhältnis zum Wert der Jagd stünde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. März 1992, Zl. 19/19/0349, und die dort zitierte Vorjudikatur). Daß aber im Beschwerdefall ein derartiges Mißverhältnis vorläge, hat die belangte Behörde auf der Grundlage des von ihr eingeholten - vom Beschwerdeführer fachlich unwiderlegt gebliebenen und nicht als unschlüssig zu erkennenden - Amtssachverständigengutachtens zu Recht verneint.
3.1. Im Rahmen der Verfahrensrüge bringt die Beschwerde vor, es hätten an der die Verlängerung der Verpachtung betreffenden Beratung und Beschlußfassung des Jagdausschusses Personen teilgenommen, die nach dem JG von der Teilnahme ausgeschlossen gewesen seien, und zwar das Mitglied des Jagdausschusses, F M. jun., und die Mitglieder der Zweitmitbeteiligten. Weiters sei der BH nicht das Originalprotokoll der Sitzung, sondern ein "im nachhinein produziertes zweites Protokoll" vorgelegt worden. Die vom Beschwerdeführer dazu in seiner Berufung beantragten Beweise (zeugenschaftliche Einvernahme sämtlicher Mitglieder des Jagdausschusses) seien nicht aufgenommen worden. Schließlich sei auch seinem Antrag zum Beweis dafür, daß die "bisherigen Jäger bezüglich Abschußerfüllung säumig und unzuverlässig sind, den Wildschadensakt beizuschaffen", nicht entsprochen worden.
3.2.1. Was den zuletzt genannten Einwand betrifft, so sollte dieser Akt, folgt man dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, zum Beweis dafür eingeholt werden, daß sich die Jägerschaft geweigert habe, dem Beschwerdeführer den ihm behauptetermaßen zugefügten Wildschaden "in vernünftiger Weise zu vergüten"; diesbezüglich sei "heute noch ein Berufungsverfahren anhängig". Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, inwiefern der "Wildschadensakt" die vom Beschwerdeführer behauptete "Unzuverlässigkeit" der Jagdpächter bei der Jagdausübung darzutun geeignet gewesen wäre.
3.2.2. Für die ersten beiden unter 3.1. wiedergegebenen Behauptungen hat der Beschwerdeführer insoweit, als es sich um die Geltendmachung der Mitwirkung des "wegen Befangenheit ausgeschlossenen" Mitgliedes des Jagdausschusses, F M. jun., an der Beratung und Beschlußfassung betreffend die Verlängerung des Jagdpachtverhältnisses handelt - daß "auch die anderen Jagdgesellschafter" unzulässigerweise daran mitgewirkt hätten, wird erstmals in der Beschwerde vorgebracht und erweist sich daher als unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) -, als auch in bezug auf die von ihm relevierte nachträglich "berichtigte" Anfertigung eines zweiten (im Ergebnis falschen) Sitzungsprotokolls im Verwaltungsverfahren (vgl. die Berufung vom 3. Juni 1991) konkrete Angaben gemacht und dazu einen konkreten Beweisantrag gstellt.
Das das rechtlich einwandfreie Zustandekommen des Verpachtungs-Beschlusses des Jagdausschusses wie auch der darüber aufgenommenen, der Behörde vorgelegten Niederschrift in Zweifel ziehende Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung ist aus dem Blickwinkel der Genehmigungsbedürftigkeit der verfahrensgegenständlichen Verlängerung des Jagdpachtverhältnisses rechtserheblich, würde doch die Teilnahme eines befangenen Jagdausschußmitgliedes an der Beratung und Beschlußfassung über die Pachtverlängerung zur Ungültigkeit des Beschlusses (§ 22 Abs. 2 JG) und in der Folge zur Versagung der behördlichen Genehmigung der Verlängerung des Pachtverhältnisses (§ 40 Abs. 2 iVm § 39 Abs. 3 und 4 JG) führen. Damit ist auch die Wesentlichkeit des vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG dargetan: Hätte die belangte Behörde dem zu einem hinreichend konkret umschriebenen Beweisthema gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Vernehmung bestimmt bezeichneter Personen als Zeugen Rechnung getragen - daß dieses Beweismittel von vornherein ungeeignet wäre, den angestrebten Beweis zu liefern, ist nicht zu erkennen -, hätte sie zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Ergebnis gelangen können.
Abschließend wird bemerkt, daß der in der Gegenschrift der belangten Behörde enthaltene Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1975, Zl. 815/73, demzufolge der - mit § 22 Abs. 1 JG im wesentlichen übereinstimmende - § 22 Abs. 1 des NÖ Jagdgesetzes 1969 lediglich eine Ordnungsvorschrift sei, deren Nichtbeachtung noch nicht die Ungültigkeit des bei einer Sitzung des Jagdausschusses gefaßten Beschlusses zur Folge habe, deshalb verfehlt ist, weil im vorliegenden Beschwerdefall nicht die Anwesenheit in dieser Bestimmung genannter Personen, sondern die (behauptete) Anwesenheit eines Mitgliedes des Jagdausschusses hinsichtlich ihrer rechtlichen Folgen zu beurteilten ist.
4. Da nach dem Gesagten der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben ist, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG).
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 540,-- zu entrichten waren.
Schlagworte
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ECLI:AT:VWGH:1992:1991190359.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
06.08.2010