TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/24 89/07/0128

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Veröffentlicht am 24.03.1992
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Index

L44004 Feuerwehr Oberösterreich;
L44104 Feuerpolizei Kehrordnung Oberösterreich;
L66504 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Oberösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §473;
ABGB §478;
ABGB §479;
FlVfGG §34 Abs4;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §102 Abs2 lita;
FPolO OÖ 1951 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des JG in R,

vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in D, und der CB in R,

vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Jänner 1989, Zl. Bod-4156/4-1988, betreffend Dienstbarkeitsstreit (mitbeteiligte Partei:

Freiwillige Feuerwehr NN, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.480,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Verordnung der Agrarbezirksbehörde Linz (ABB) vom 13. Mai 1975 war das Zusammenlegungsverfahren R eingeleitet und mit Bescheid derselben Behörde vom 13. Februar 1985 die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen in diesem Zusammenlegungsverfahren angeordnet worden.

Mit Bescheid vom 10. Juni 1988 wies die ABB den Antrag der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei auf Übertragung der Baufläche des Zeughauses in der Ortschaft S und der Zufahrt zu diesem Zeughaus in das öffentliche Gut ab, stellte zugleich fest, daß zugunsten der Mitbeteiligten die Dienstbarkeit des Bestandes und der Benützung des auf den Grundstücken 979 und 978/1 KG E (Abfindungskomplex JA 1) errichteten Feuerwehrzeughauses S für Feuerwehrzwecke sowie das zugehörige Geh- und Fahrtrecht bestehe, und verpflichtete die Beschwerdeführer als die aufgrund der Anordnung der vorläufigen Übernahme der Abfindungsgrundstücke bestimmten Eigentümer, diese im Bereich des Abfindungskomplexes JA 1 bestehende Dienstbarkeit zu dulden; die Entscheidung wurde auf die §§ 480 ff, 484 und 523 ABGB in Verbindung mit § 102 Abs. 2 des

O.ö. Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (O.ö. FlG 1979), LGBl. Nr. 73, sowie § 56 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) gestützt.

Die Berufung der Beschwerdeführer, welche die Feststellung der Dienstbarkeit bekämpften, wies der Landesagrarsenat beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit Erkenntnis vom 17. Jänner 1989 gemäß § 1 AgrVG 1950, § 66 Abs. 4 AVG 1950, den §§ 24 Abs. 1 und 2 sowie 102 Abs. 1 und 2 O.ö. FLG 1979 in Verbinung mit den §§ 480, 484 und 523 ABGB ab. Begründend wurde ausgeführt:

Unbestritten sei, daß im Jahr 1949 unter der Federführung der Mitbeteiligten in der Ortschaft S (auf den Grundstücken 979 und 978/1 je KG E) ein Feuerwehrzeughaus errichtet und in den Folgejahren auch für Feuerwehrzwecke benützt worden sei. Die Eigentümer der angeführten Grundstücke hätten die Gebäudeerrichtung, den Bestand und die Benützung des Zeughauses (einschließlich einer Geh- und Fahrtrechtsausübung) länger als 30 Jahre hindurch geduldet. Mangels Vorliegens eines schriftlichen Vertrages seien Zweck und Bestand der Dienstbarkeit nunmehr strittig geworden.

Zufolge § 484 ABGB könne der Dienstbarkeitsberechtigte sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben; doch dürften Dienstbarkeiten nicht erweitert, sie müßten vielmehr, insoweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestatte, eingeschränkt werden.

Die Beschwerdeführer verträten die Ansicht, daß der Zweck der Dienstbarkeitsbestellung mit der vor etwa fünf oder sechs Jahren erfolgten Auflösung des Feuerwehrlöschzuges in der Ortschaft S weggefallen und die Dienstbarkeit damit erloschen sei. Demgegenüber seien die Mitbeteiligte, die Gemeinde R und die ABB der Auffassung, daß der Rechtsumfang der Dienstbarkeit nicht auf den Bestand des Löschzuges S und auf die Einstellung funktionierender Löschwagen und Spritzen eingeschränkt gewesen sei, sondern für Feuerwehrzwecke allgemein bestanden habe.

Die Mitbeteiligte sei bis ungefähr zum Jahr 1983 in Form von Löschzügen organisiert gewesen und sei seither zentralisiert. Der Landesagrarsenat teile zwar im Ergebnis den Rechtsstandpunkt der Erstbehörde, vertrete jedoch die Ansicht, daß es aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes schwer verständlich wäre, wenn nach der Schaffung eines zentralen Zeughauses (für den gesamten Sprengel der Mitbeteiligten) die alten Zeughäuser in den einzelnen Ortschaften der Gemeinde R aufgelassen würden, das Zeughaus in S jedoch bestehenbleibe. Andererseits sei zu berücksichtigen, daß die Umstrukturierung der Mitbeteiligten einen gewissen Zeitraum erfordere und noch nicht abgeschlossen sei. In der Übergangsphase sei es nach Ansicht des Landesagrarsenates weiterhin erforderlich, das Zeughaus in S für die Einstellung von Feuerwehrgeräten, somit für Feuerwehrzwecke zu verwenden. Somit erscheine der Zweck der Dienstbarkeitsbestellung derzeit noch nicht zur Gänze weggefallen; erst wenn die noch in Gang befindliche Umstrukturierung der Mitbeteiligten abgeschlossen sein werde, sodaß das Zeughaus S für Feuerwehrzwecke nicht mehr benötigt werde, könne von einem Wegfall des Dienstbarkeitszweckes gesprochen werden. In diesem Zusammenhang sei auf die Möglichkeit zu verweisen, daß in den nächsten Jahren ein neues zentrales Zeughaus errichtet werden könnte.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten, wobei sich die Beschwerdeführer nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht darauf verletzt erachten, die bezeichnete Dienstbarkeit nicht dulden zu müssen.

Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Agrarbehörden haben ihre Entscheidung über eine zivilrechtliche Frage im Beschwerdefall auf die während des Zusammenlegungsverfahrens bestehende universelle Zuständigkeit (§ 102 Abs. 1 O.ö. FLG 1979), insbesondere bei Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken (§ 102 Abs. 2 lit. a leg. cit.), gestützt. Dazu gehört auch die im Beschwerdefall streitig gewordene Frage des Bestandes einer persönlichen Dienstbarkeit.

Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, daß die 1949 konkludent begründete Dienstbarkeit nur auf die Dauer des Bestandes der damaligen Löschzüge, darunter jenes der Ortschaft S, ausgerichtet gewesen sei; mit der Zentralisierung der Mitbeteiligten und Auflösung dieser Löschzüge, also auch jenes von S, sei die Ausübung der Dienstbarkeit unmöglich bzw. völlig zwecklos geworden und deswegen (im Sinne der Judikatur) erloschen. Die Beschwerdeführer meinen ferner, die Nutzung sei seinerzeit rechtsgeschäftlich auf solche Geräte beschränkt gewesen, die der Löschzug S im Fall eines Einsatzes bei Ausbruch eines Brandes benötigt habe, also Feuerwehrwagen und dazugehörige Feuerlöschgeräte in einsatzbereitem Zustand, während nunmehr das Zeughaus in S nur noch museales Feuerwehrgerät enthalte, so daß die derzeitige Benützungsart mit dem ursprünglichen Errichtungszweck nicht mehr übereinstimme.

Ein Nachweis für ein nur auf ganz bestimmte Feuerwehrgeräte beschränktes Nutzungsrecht ist jedoch nicht erbracht worden; dazu kommt, daß der Feuerwehrkommandant als Vertreter der Mitbeteiligten in der Verhandlung vor der belangten Behörde erklärt hat, im Feuerwehrzeughaus S befänden sich durchaus auch Schläuche in gebrauchsfähigem, jedereit einsatzfähigem Zustand. Auch der bei derselben Gelegenheit anwesende Bürgermeister der Gemeinde R hat angegeben, vor kurzem habe eine Übung mit den Geräten aus dem Zeughaus S stattgefunden. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang bemängeln, es seien die Grundeigentümer der drei anderen - inzwischen aufgegebenen - Zeughäuser der Mitbeteiligten entgegen ihrem Antrag nicht einvernommen worden, sind sie daran zu erinnern, daß sie deren Vernehmung nicht zum zeitlichen Umfang des Benützungsrechtes hinsichtlich der Art der Geräte, sondern der Organisation der Mitbeteiligten beantragt hatten. Insofern war aber eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich. Im übrigen hat bereits die ABB darauf verwiesen, daß ungeachtet der vormals andersartigen Organisation der Mitbeteiligten nur diese selbst - nicht einzelne Löschzüge - gemäß § 20 Abs. 1 der

O.ö. Feuerpolizeiordnung, LGBl. Nr. 8/1953, Person im Rechtssinn (juristische Person) war bzw. ist (vgl. auch § 49 der Feuerpolizeiverordnung, LGBl. Nr. 8/1938).

Wenn die belangte Behörde demnach aufgrund des Ermittlungsverfahrens zu dem Ergebnis gelangte, der Nutzungszweck sei derzeit noch nicht zur Gänze weggefallen, und daher die in Rede stehende Dienstbarkeit noch aufrecht, weil das Zeughaus in S noch für Feuerwehrzwecke benötigt werde, zumal ein neues zentrales Zeughaus (für die Aufnahme aller Geräte der Mitbeteiligten) noch nicht errichtet sei, kann dies der Verwaltungsgerichtshof nicht für rechtswidrig befinden.

Die somit unbegründete Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens der Mitbeteiligten betrifft den den gesetzlich pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag sowie die Stempelgebühr für eine zur Rechtsverfolgung nicht erforderliche Gleichschrift.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989070128.X00

Im RIS seit

24.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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