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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2 / ZuständigkeitLeitsatz
Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu einem Rechtserwerb von Todes wegen durch Ausländer; Zuständigkeit der belangten Behörde infolge der durch Erk. VfSlg. 11777/1989 unangreifbar gewordenen Bestimmung des §3 Abs2 lita zweiter Halbsatz Tir. GVG 1983 idF LGBl. 69/1983 gegeben; keine Entziehung des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche GesetzesanwendungSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Döbling vom 28. Juli 1986, Z1 A156/86-13, wurde der Nachlaß der am 25. Feber 1986 verstorbenen E M dem erbl. Neffen H B und dessen Ehegattin S B je zur Hälfte eingeantwortet und ob den erbl. 68/498stel Anteilen an der Liegenschaft EZ 287 II KG Ladis, verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung Top II, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für H B und S B je zur Hälfte, sohin zu je 34/498stel Anteilen dieser Liegenschaft sowie gemäß §12 Wohnungseigentumsgesetz 1975 die Verbindung dieser Anteile iS des §9 WEG zu zusammen 68/498stel Anteilen an der genannten Wohnung angeordnet.
H und S B sind Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland.
2.1. Mit Eingabe vom 4. August 1986 suchten H und S B zunächst um Ausstellung einer Bestätigung an, daß der Rechtserwerb einer grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nicht bedürfe, da er aufgrund letztwilliger Erbfolge iS des §3 Abs2 lita Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983, LGBl. Nr. 69/1983 (GVG), eintrete. Nachdem die Grundverkehrsbehörde Ladis sie auf eine Genehmigungspflicht verwiesen hatte, stellten sie mit Eingaben vom 19. November 1986 und vom 1. Dezember 1986 den Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wobei sie darauf verwiesen, daß im Falle der Verweigerung der Zustimmung die Eigentumswohnung der alleinstehenden 75-jährigen Tochter G M im Erbwege zufallen würde, für die eine grundverkehrsbehördliche Genehmigungspflicht nicht in Frage käme.
Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Ladis vom 16. Feber 1987 wurde sodann dem Rechtserwerb durch H und S B an der in Rede stehenden Eigentumswohnung gemäß §4 Abs2 GVG die Zustimmung versagt, weil sich bereits ein erheblicher Teil von Grund und Boden in der Gemeinde Ladis in ausländischer Hand befinde, sodaß im Hinblick auf die Anzahl der ausländischen Grundbesitzer eine Überfremdung einzutreten drohe, und weil die gegenständlichen Grundstücksanteile samt Eigentumswohnung für die heimische soziale Wohn- und Siedlungstätigkeit geeignet seien. Von den Erwerbern sei aber nicht zu erwarten, daß sie diese Wohnung als Dauerwohnsitz benützen würden.
2.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 27. September 1988, Z LGv-308/6-87, als unbegründet abgewiesen.
Zunächst wird der Auffassung der Genehmigungswerber entgegengetreten, der in Rede stehende Rechtserwerb sei grundverkehrsbehördlich nicht genehmigungspflichtig, weil §3 Abs2 lita GVG eine Genehmigung für Rechtsnachfolger, die dem Personenkreis nach §1 Abs1 Z2 GVG angehören, dann nicht verfüge, "wenn die Rechtsnachfolge zwischen Ehegatten oder Blutsverwandten oder Verschwägerten in gerader Linie" stattfinde; die im Gesetz enthaltene Einschränkung "in gerader Linie" finde nur bei Verschwägerten, nicht aber bei Blutsverwandten Anwendung. Begründend führt die belangte Behörde aus, es erschiene "weder einsichtig noch sachlich zu rechtfertigen, wenn der Gesetzgeber zwar bei verschwägerten Personen eine derartige Einschränkung für erforderlich erachtet hätte, nicht aber auch bei Blutsverwandten", obwohl die klare Absicht des Gesetzgebers, eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht auch bei Blutsverwandten nur in gerader Linie vorzusehen, aus der Entstehungsgeschichte der vergleichbaren Regelung des §3 Abs2 litc GVG deutlich erkennbar sei. In den Erläuternden Bemerkungen zu §3 Abs2 litc GVG 1970 heiße es ausdrücklich, daß es Zweck dieser Bestimmung sei, "die Übergabe landwirtschaftlicher Betriebe von Eltern an Kind auf einfache Weise und mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand zu ermöglichen". Wenn aber §3 Abs2 litc GVG dieser Sinn beizumessen sei, könne "der in dieser Hinsicht völlig gleichlautenden Regelung des §3 Abs2 lita GVG" kein anderer Inhalt zukommen. Demnach bleibe lediglich in der Sache selbst zu untersuchen, ob der Rechtserwerb §4 Abs2 GVG widerspreche. Hiezu wird im wesentlichen ausgeführt:
"... Im Sinne des §4 Abs2 lita GVG bleibt daher
sachverhaltsbezogen zu prüfen, ob der Gemeinde Ladis der Eintritt
einer Überfremdung droht. Der Verfassungsgerichtshof hat im
Erkenntnis Slg. 7274/1974 bei einem im damaligen Fall gegebenen
Anteil der Ausländer an den Grundbesitzern von etwa 5 % und im
Erkenntnis vom 30.11.1978, B233/76-8, bei einem Ausländeranteil
von rund 3 %, ausgesprochen, daß die Annahme der
Grundverkehrsbehörde, die jeweilige Gemeinde sei von Überfremdung
bedroht, als nicht denkunmöglich erachtet werden könne. Ähnliche
Überlegungen sind nach Meinung der erkennenden Behörde auch im
vorliegenden Grundverkehrsfall anzustellen. Weist doch die Gemeinde
Ladis bei insgesamt 160 Grundbesitzern 12 ausländische
Grundeigentümer auf und finden sich in bezug auf die
Ausländerverhältnisse in der Gemeinde Ladis sohin noch günstige,
jedenfalls auch vergleichbare Verhältnisse (aufgerundet 8 %) wie in
den zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen. Wenn man weiters
berücksichtigt, daß nach der Lage der Verwaltungsakten das Ausmaß
des ausländischen Grundbesitzes in der Gemeinde Ladis 3,3 ha
beträgt und es sich hiebei überwiegend um Bauflächen handelt, so
stellt dieser (ausländische) Grundbesitz eine Größenordnung dar,
die sich bereits in der Struktur der Kleingemeinde Ladis (insgesamt
nur 710 ha) erheblich bemerkbar macht ... Nicht vergessen darf auch
werden, daß gemäß der Bestimmung des §4 Abs2 GVG die Zustimmung
nicht erst dann zu versagen ist, wenn die Überfremdung einer
Gemeinde bereits vorliegt ... Im Lichte des Erkenntnisses des
Verfassungsgerichtshofes vom 24.9.1987, B1248/86-7, kann sich die
erkennende Behörde schließlich auch nicht der Argumentation der
Erstinstanz verschließen, daß nämlich der vorliegende Grunderwerb
auch im Widerspruch zur Vorschrift des §4 Abs2 litb GVG steht.
Nach dem Ausweis der Verwaltungsakten befindet sich das strittige
Objekt nämlich in einem als Wohngebiet im Sinne des §12 TROG 1984
ausgewiesenen Bereich, der für die heimische soziale Wohn- und
Siedlungstätigkeit geradezu als prädestiniert betrachtet werden
muß. ... Gegenteiliges wird auch von den Berufungswerbern nicht
behauptet, die im übrigen in einer ergänzenden Stellungnahme außer
Streit stellen, daß die in Rede stehende Wohnung als Dauerwohnsitz
geeignet ist ... Bei einer derartigen Widmung müßte aber das
Erwerbsobjekt der Befriedigung eines dauernden Wohnbedarfes der
Rechtserwerber dienen ..., um überhaupt eine Genehmigung durch die
Grundverkehrsbehörde erwirken zu können. ... Mit dem in der
Berufung enthaltenen Hinweis, daß sich die Berufungswerber mit dem
Gedanken tragen würden, ihren Ruhestand in der gegenständlichen
Wohnung zu verbringen, kann ... diesem gesetzlichen Erfordernis
nicht entsprochen sein. ... Dem in der Berufung enthaltenen Vorwurf
der Befangenheit der Grundverkehrsbehörde I. Instanz ist schließlich noch entgegenzuhalten, daß eine Kollegialbehörde nicht dadurch unzuständig wird, daß ein - allenfalls - befangenes Mitglied bei ihrer Tätigkeit mitwirkt (vergl. hiezu auch das Erk. des VfGH. vom 27.9.1965, VfGH-Slg. 5450). Im übrigen wird die Mitwirkung eines befangenen Organes bei der Entscheidung der ersten Instanz durch eine unbefangene Berufungsentscheidung gegenstandslos (vergl. hiezu auch das Erk. des VwGH. vom 7.2.1969, Zl. 1307/68)..."
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1.1. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums wird wegen denkunmöglicher Gesetzesanwendung geltend gemacht. Die Ausdrücke "Blutsverwandte" sowie "Verschwägerte in gerader Linie" seien im GVG nicht näher geregelt, sodaß für deren Begriffsinhalt das ABGB maßgeblich sei. Verwandte eines Erblassers seien nach §40 ABGB alle Personen, die mit ihm durch gemeinsame Stammeltern oder durch einen Stammelternteil verbunden seien; Schwägerschaft bestehe zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten. Die Urgroßmutter des Beschwerdeführers H B sei die Schwester des Großvaters der Erblasserin E M gewesen. Wenn sich daher die gemeinsamen Stammeltern der Erblasserin und des Beschwerdeführers, für letzteren bei den Ur-Ur-Großeltern, für E M bei den Urgroßeltern finden, bestehe zwischen den beiden eine Verwandtschaft im Sinne des §40 ABGB. Dem gleichen Gedankengang folgend, sei S B mit der Erblasserin verschwägert und zwar aus deren Blickwinkel in gerader Linie. Der Grunderwerb hätte daher einer Genehmigung nicht bedurft, sodaß die belangte Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet habe.
Aber auch wenn man davon ausgehe, daß S B nicht in gerader Linie mit der Erblasserin verschwägert gewesen sei, komme man zu dem Ergebnis, daß sie mit einer Person verheiratet ist, deren Rechtserwerb nicht an die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gebunden ist, was - da Ehegatten-Wohnungseigentum begründet werden soll - dazu führe, daß der Versagungstatbestand des §4 Abs2 lita und b GVG denkunmöglich angewendet worden sei.
4.1.2. Mit dem Vorbringen, daß der Rechtserwerb nicht genehmigungspflichtig sei, wird der Sache nach geltend gemacht, daß sich die belangte Behörde eine ihr nicht zustehende Zuständigkeit angemaßt habe, was - zutreffendenfalls - die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt hätte. Das ist jedoch offenkundig nicht der Fall. Mit Recht geht die belangte Behörde davon aus, daß sich die Worte "in gerader Linie" im zweiten Halbsatz des §3 Abs2 GVG sowohl auf (Bluts-)Verwandte als auch auf Verschwägerte bezieht. Zutreffend verweist die belangte Behörde hiezu auf die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Novellierung des §3 Abs2 litc GVG 1970 und den Umstand, daß der im zweiten Halbsatz des §3 Abs2 lita GVG verwendeten gleichen Wortfolge kein anderer Inhalt beigemessen werden könne. Dieses Verständnis entspricht der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers und liegt auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1988 G241/87 ua. zugrunde, mit dem §3 Abs2 lita zweiter Halbsatz GVG als verfassungswidrig aufgehoben wurde (die Aufhebung wurde mit Ablauf des 30. Juni 1989 verfügt - bis dahin war die Regelung verfassungsrechtlich unangreifbar).
Auf dem Boden der bis 30. Juni 1989 (vgl. das eben zitierte Erkenntnis des VfGH) somit unangreifbaren Bestimmung des §3 Abs2 lita zweiter Halbsatz GVG war die belangte Behörde zuständig, den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Eine denkunmögliche Anwendung des §4 Abs2 lita und b GVG wird in der Beschwerde im übrigen nicht geltend gemacht. Auch der Verfassungsgerichtshof erachtet die Begründung der belangten Behörde, weshalb die Untersagungstatbestände im vorliegenden Fall zutreffen, für vertretbar, wozu es genügt, auf die bereits im angefochtenen Bescheid zitierte Vorjudikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.
4.2.1. Die Beschwerdeführer behaupten schließlich, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter deshalb verletzt zu sein, weil an der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde erster Instanz - obwohl ein Vertretungsfall nicht vorlag - ein Ersatzmitglied teilgenommen habe, weshalb die Grundverkehrsbehörde erster Instanz nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt gewesen sei.
4.2.2. Mit diesem Vorbringen hat sich bereits die belangte Behörde eingehend auseinandergesetzt und aufgrund der zeugenschaftlichen Einvernahme des vom Gemeinderat (ursprünglich) bestellten Mitgliedes für die Grundverkehrssitzung festgestellt, daß ein Verhinderungsfall vorlag, sodaß deshalb das Ersatzmitglied zu Recht an der Entscheidung erster Instanz mitgewirkt hat. Die Beschwerdeführer haben diesen - aktenmäßig gedeckten - Feststellungen des angefochtenen Bescheides nichts entgegengesetzt. Für die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter fehlt es somit auch insoferne an einem Substrat.
4.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in sonstigen von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Ausländergrunderwerb, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B284.1989Dokumentnummer
JFT_10109075_89B00284_00