TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/24 88/07/0091

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Veröffentlicht am 24.03.1992
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §66 Abs4;
FlVfGG §10 Abs4;
FlVfGG §4;
FlVfLG NÖ 1975 §11 Abs7 lite;
FlVfLG NÖ 1975 §21;
FlVfLG NÖ 1975 §24 Abs1 idF 6650-2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des J und der S in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. April 1988, Zl. VI/3-AO-232/61, betreffend Entschädigungsanspruch in einem Zusammenlegungsverfahren (mitbeteiligte Partei:

Zusammenlegungsgemeinschaft G, vertreten durch den Obmann Dipl.-Ing. J, G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zusammenlegungsverfahren G brachten die Beschwerdeführer bei einer Amtshandlung der NÖ Agrarbezirksbehörde (ABB) am 14. Jänner 1988 folgendes vor:

"Auf der Liegenschaft 1200/1 (alt) KG G befand sich der Brunnen 12032, der sich in unserem Eigentum befand. Bei der Veräußerung dieser Liegenschaft an die XY-Planungsgesellschaft wurde der Brunnen mit 50 m2 zumindest in der Nutzung, wenn nicht auch im Eigentum, für uns zurückbehalten.

Der Kaufvertrag ist der Agrarbehörde bekannt.

Wir haben in diesem Gebiet keine Interessen am Rückerwerb von Flächen und sind ausnahmsweise mit der Abgeltung dieser Fläche von besonderem Wert bzw. des Nutzungsrechtes mit dem Zeitwert des Brunnens in Geld einverstanden. Der Brunnen ist voll funktionsfähig. Wert S 50.000,--.

Für den verlorenen Brunnen, sofern er nicht wieder zugeteilt werden sollte, wird eine Entschädigung von S 50.000,-- begehrt und um bescheidmäßige Erledigung gebeten."

Diesen Antrag wies die ABB mit Bescheid vom 9. Februar 1988 gemäß § 24 Abs. 6 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. 6650-3, (FLG) als verspätet eingebracht mit der Begründung zurück, der Brunnen sei ein Grundstücksbestandteil im Sinn des § 11 Abs. 7 lit. e FLG, wofür ein Anspruch auf eine Geldentschädigung bestehe, wenn ein Antrag auf Zuerkennung einer solchen innerhalb von vier Wochen ab dem angeordneten Zeitpunkt der Übernahme der Grundabfindungen gestellt werde, was seitens der Beschwerdeführer nicht geschehen sei.

Über die Berufung der Beschwerdeführer entschied sodann der Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung mit Erkenntnis vom 5. April 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) sowie § 6 lit. a FLG dahin, daß der Berufung nicht Folge gegeben und der Bescheid der ABB mit der Maßgabe bestätigt wurde, daß der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werde. Begründend wurde ausgeführt:

Auf Grund der Aktenlage sei folgender Sachverhalt festgestellt worden: Das im Zusammenlegungsgebiet G gelegene alte Grundstück 1200/1, auf dem sich der berufungsgegenständliche Brunnen befinde, sei im Eigentum der Beschwerdeführer gestanden. Mit Kaufvertrag vom 16. Dezember 1985 hätten die Beschwerdeführer unter anderem das Grundstück 1200/1 an die (Rechtsvorgängerin der) Errichtungsgesellschaft XY verkauft. Die Vertragsurkunde, die von den Beschwerdeführern dem Landesagrarsenat zur Einsichtsnahme vorgelegt worden sei, enthalte keine Bestimmung über den auf dem verkauften Grundstück befindlichen Brunnen. Der Kaufvertrag sei mit Beschluß des Bezirksgerichtes vom 26. Mai 1986 verbüchert worden. Die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen im Zusammenlegungsverfahren G sei mit Wirkung vom 24. November 1986 angeordnet worden. Weder das gesamte Grundstück 1200/1 noch Teilstücke davon seien als Grundstücke mit besonderem Wert im Sinne des § 18 FLG anerkannt. Der Zusammenlegungsplan sei bislang noch nicht erlassen worden.

Gemäß § 11 Abs. 7 lit. e FLG seien Bestandteile von Grundstücken, insbesondere landwirtschaftliche Vorrichtungen (wie Heustadl, Zäune), bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen. Habe der Eigentümer eines alten Grundstückes auf diesem befindliche derartige Gegenstände nicht innerhalb der in den Überleitungsbestimmungen festgelegten Frist entfernt, so stehe ihm gemäß § 24 Abs. 1 FLG ein Anspruch auf angemessene Geldentschädigung zu. Nun seien Feldbrunnen, die der Wasserentnahme für Bewässerungszwecke dienten, mit dem Grundstück, auf dem sie sich befänden, erd- und mauerfest verbunden. Eine Entfernung und Transferierung derartiger Brunnen sei schlechthin unmöglich. Daher könnten Feldbrunnen nicht zu den Grundstücksbestandteilen im Sinne des § 11 Abs. 7 lit. e FLG gezählt werden, denn es könne sich bei letztgenannten Grundstücksbestandteilen nur um entfernbare Bestandteile handeln. § 24 Abs. 1 FLG sehe nämlich einen Entschädigungsanspruch für derartige Grundstücksbestandteile nur dann vor, wenn sie der alte Eigentümer nicht entfernt habe. Es sei also die Entfernbarkeit Voraussetzung für das Entstehen des Entschädigungsanspruches.

Im vorliegenden Fall bestehe aber aus folgenden Gründen kein Entschädigungsanspruch der Beschwerdeführer:

Der mit dem alten Grundstück 1200/1 erd- und mauerfest verbundene Feldbrunnen sei wesentlicher Bestandteil dieses Grundstückes (§ 297 ABGB). Beim Abverkauf des Grundstückes 1200/1 sei auch das Eigentumsrecht am Brunnen an die Errichtungsgesellschaft XY mitübertragen worden. Ein Nutzungsrecht am Brunnen hätten sich die Beschwerdeführer nicht ausbedungen. Da der Kaufvertrag über das Grundstück 1200/1 bereits vor der vorläufigen Übernahme verbüchert worden sei, sei auch schon vor der vorläufigen Übernahme das Eigentumsrecht am Grundstück 1200/1 mitsamt dem Brunnen von den Beschwerdeführern auf die Errichtungsgesellschaft XY übergegangen. Daraus folge aber, daß die Beschwerdeführer ab dem Zeitpunkt der Verbücherung des Kaufvertrages in Ansehung des Grundstückes 1200/1 mitsamt dem Brunnen nicht mehr als Parteien des Zusammenlegungsverfahrens gemäß § 6 lit. a FLG anzusehen seien und ihnen im Zusammenlegungsverfahren keine Antragslegitimation in Ansehung dieses Grundstückes zukomme. Dies wäre auch dann der Fall, wenn das Grundstück - oder die Teilfläche dieses Grundstückes mit dem Brunnen - als Grundstück mit besonderem Wert anerkannt worden wäre. Die Beschwerdeführer hätten (allerdings erst im Verfahren vor der Berufungsinstanz) ins Treffen geführt, daß ihnen angeblich Wasserrechte in Ansehung des ihnen vormals gehörigen und von ihnen abverkauften Brunnens zustünden, die aber nicht mehr ausgenützt werden könnten, weil die den Beschwerdeführern zugeteilten Abfindungsgrundstücke so weit entfernt seien, daß sie sich vom Brunnen nicht mehr bewässern ließen. Dieser Fragenkomplex werde vom Landesagrarsenat erst zu behandeln sein, wenn in einem Berufungsverfahren gegen den noch zu erlassenden Zusammenlegungsplan die Gesetzmäßigkeit der Abfindung der Beschwerdeführer überprüft werden müsse.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Sachentscheidung verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und

die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des § 97 FLG, wonach während eines Zusammenlegungsverfahrens sich die Zuständigkeit der Agrarbehörden, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse erstreckt, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung in das Verfahren einbezogen werden müssen, woraus folge, daß auch der von den Beschwerdeführern an die Agrarbehörde herangetragene Fragenkomplex zu behandeln gewesen wäre, wobei die belangte Behörde zugleich mit der Pflicht zur meritorischen Entscheidung auch eine Reihe verfahrensrechtlicher Bestimmungen durch Unterlassung der Prüfung des geltend gemachten Anspruches verletzt habe.

Wie sich aus § 100 Abs. 1 FLG ergibt, sind Parteien im Zusammenlegungsverfahren nur die im § 6 FLG genannten Personen. Sachverhaltsbezogen ist im gegebenen Zusammenhang nur § 6 lit. a FLG von Bedeutung, wonach Parteien die Eigentümer der Grundstücke sind, die der Zusammenlegung unterzogen wurden (§ 2 Abs. 2 lit. a). Die Parteistellung der Beschwerdeführer im Zusammenlegungsverfahren G überhaupt ist von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen worden, jedoch hat diese aus § 6 lit. a FLG abgeleitet, daß die Beschwerdeführer nicht legitimiert sind, einen das inzwischen verkaufte Altgrundstück 1200/1 betreffenden Antrag zu einem Zeitpunkt zu stellen, in dem ihnen dieses nicht mehr gehörte, da sie das Eigentum daran schon vor der vorläufigen Übernahme verloren hatten. Da gemäß § 2 Abs. 2 lit. a, worauf § 6 lit. a LFG verweist, die der Zusammenlegung unterzogenen Grundstücke jene sind, deren Eigentümern ein Abfindungsanspruch erwächst (§ 17), im Fall eines Eigentumswechsels aber gemäß § 101 Abs. 2 FLG der Erwerber des Grundstücks in das anhängige Verfahren in der Lage eintritt, in der sich dieses befindet (womit der Erwerber insoweit die Stellung seines Rechtsvorgängers, die dieser verliert, einnimmt) und auch § 97 FLG den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht ändert - abgesehen davon, daß die Entscheidung einer Frage des Wasserrechts (§ 97 Abs. 3 FLG) mit dem Antrag der Beschwerdeführer gar nicht begehrt worden war -, steht die im angefochtenen Erkenntnis vertretene Rechtsanschauung mit dem Gesetz in Einklang. Indem die belangte Behörde ferner unverändert vom Antrag der Beschwerdeführer vom 14. Jänner 1988 ausgegangen ist - allein über diesen, nicht über irgendwelche, behauptetermaßen irgendwann früher angemeldete allgemeine Entschädigungsansprüche war zu entscheiden - und, wenn auch mit einer abweichenden Begründung, wie die Erstinstanz zu dessen Zurückweisung als unzulässig gelangte - eine Verspätung stellt nur eine andere Art der Unzulässigkeit dar -, hat sie auch die Grenzen ihrer Zuständigkeit gewahrt. Die Beschwerdeführer unterliegen schließlich einem Mißverständnis, wenn sie meinen, die belangte Behörde wolle sie zu einer Anfechtung des Zusammenlegungsplanes ungeachtet von dessen Gesetzmäßigkeit verhalten, damit sie auf diesem Umweg zu dem von ihnen angestrebten Ziel gelangten; vielmehr ist damit zum Ausdruck gekommen, daß nur dann, wenn die im Antrag angeschnittene Frage (Fehlen eines Brunnens zur Bewässerung) für ihre (gesamte) Abfindung als von rechtserheblicher Bedeutung angesehen würde, hierüber (auch noch) im Rahmen einer Berufung der Beschwerdeführer gegen den Zusammenlegungsplan zu entscheiden wäre.

Die sonach unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1988070091.X00

Im RIS seit

24.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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