TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/25 91/03/0323

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
94/01 Schiffsverkehr;

Norm

GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §39 Abs2;
GmbHG §18 Abs1;
SchiffahrtsG 1990 §118 Abs2 Z1;
SchiffahrtsG 1990 §2 Abs1 Z15;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12. September 1991, Zl. 9/02-70/11/1-1991, betreffend Übertretung des Schiffahrtsgesetzes 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma R Ges.m.b.H. zu verantworten, daß die Firma R Ges.m.b.H. 1. am 31. August 1990 von 14.30 Uhr bis

16.30 und 2. am 1. September 1990 von 14.00 bis 17.00 Uhr jeweils auf dem X-See das zulassungspflichtige Motorschiff "XY" ohne Zulassung durch die Behörde eingesetzt habe. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 118 Abs. 2 Z. 1 Schiffahrtsgesetz 1990 in Verbindung mit § 9 VStG begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in seiner Berufung deponiert, daß der (zweite) Geschäftsführer J.R. für die Anmeldung bzw. Zulassung des Schiffes vor der österreichischen Schiffahrtsbehörde wie überhaupt für alle technischen und schiffahrtsrechtlichen Agenden zuständig gewesen sei. Er sei daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG in dieser Angelegenheit der zur Vertretung nach außen Berufene bzw. von der Gesellschafterversammlung gemäß § 9 Abs. 2 VStG hiefür verantwortlich Beauftragte gewesen. Die belangte Behörde habe diesbezüglich überhaupt keine Erhebungen durchgeführt, also weder in das Handelsregister Einsicht genommen, noch überprüft, wer der gewerberechtliche Geschäftsführer des Unternehmens sei. Der angefochtene Bescheid setze sich nur mit der Frage des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit auseinander und löse auch diese Frage unzutreffend, da ein Vorsatz des Beschwerdeführers niemals bestanden habe. Dies schon deswegen, da er sich darauf habe verlassen können, daß der gewerberechtliche und handelsrechtliche Geschäftsführer J.R. die Zulassung positiv erledigt habe und von ihm ein Probekennzeichen zur Verfügung gestellt worden sei, welches zumindest eine Probefahrt zugelassen habe, sodaß der Beschwerdeführer der Meinung sein konnte, daß das Schiff gefahren werden dürfe. Es könne daher kein Vorsatz vorgelegen sein, ihm aber auch kein fahrlässiges Handeln zur Last gelegt werden, da ihm die Außerachtlassung der möglichen Sorgfalt nicht zur Last gelegt werden könne.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach Abs. 2 des § 9 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Das Schiffahrtsgesetz 1990, BGBl. Nr. 87/1989, enthält keine Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Gewerbeordnung 1973, die im § 370 Abs. 2 eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers statuiert, ist auf den Betrieb von Schiffahrtsunternehmen mit Wasserfahrzeugen nicht anzuwenden (§ 2 Abs. 1 Z. 15 leg. cit.). Für die Einhaltung der Bestimmungen des Schiffahrtsgesetzes 1990 ist bei einer Ges.m.b.H. der handelsrechtliche Geschäftsführer als der zur Vertretung nach außen Berufene (§ 18 Abs. 1 GmbHG) verantwortlich.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren seine Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R. Ges.m.b.H. nicht bestritten, sich jedoch darauf berufen, daß der zweite Geschäftsführer J.R. im Zusammenhang mit der Zulassung des Schiffes erklärt habe, die diesbezüglichen Agenden zu übernehmen. Daraus leitet der Beschwerdeführer offensichtlich ab, daß J.R. verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG gewesen sei.

Eine wesentliche Voraussetzung, um von einem "verantwortlichen Beauftragten" im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG sprechen zu können, ist die nachweisliche Zustimmung des Betreffenden zu seiner Bestellung. Erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum "verantwortlichen Beauftragten" bestellten Person nachgewiesen wird, wirkt diese Bestellung. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Slg. 12.375/A, u. a.).

Ein derartiger Nachweis über die Bestellung des J.R. zum verantwortlichen Beauftragten wurde im Verwaltungsstrafverfahren nicht vorgelegt. Aus der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer ist nicht zu schließen, daß dieser damit gleichzeitig zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1988, Zl. 88/18/0316). J.R. war daher nicht verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG.

Nach § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 118 Abs. 2 Z. 1 Schiffahrtsgesetz 1990 gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Es oblag also dem Beschwerdeführer, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Mit dem bloßen Hinweis, er habe darauf vertrauen dürfen, daß der zweite, für technische Angelegenheiten zuständige Geschäftsführer die Zulassung bewirkt habe, hat der Beschwerdeführer sein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht. Er hätte sich nicht allein darauf verlassen dürfen, daß der im Innenverhältnis dafür zuständige zweite Geschäftsführer die Zulassung erwirkt habe, sondern hätte sich davon überzeugen müssen, ob tatsächlich eine Zulassung vorlag (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1989, Zl. 89/08/0221, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Ein konkretes Vorbringen des Inhalts, daß die inkriminierten Fahrten unter Verwendung des Probekennzeichens durchgeführt worden seien, wurde im Verwaltungsstrafverfahren nicht erstattet, sodaß auch nicht geprüft werden mußte, ob die inkriminierten Fahrten allenfalls dem § 118 Abs. 2 Z. 3 Schiffahrtsgesetz 1990 zu unterstellen gewesen wären.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030323.X00

Im RIS seit

25.03.1992

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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