TE Vwgh Beschluss 1992/3/25 91/13/0051

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1297;
ABGB §1298;
ABGB §1299;
AVG §71 Abs1 impl;
B-VG Art7 Abs1;
StGG Art2;
VwGG §45 Abs1 Z2;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/13/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Anträge der S-GmbH in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, 1) auf Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/13/0284, abgeschlossenen Verfahrens, 2) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 11.10.1990, GZ. GA 7-1173/90, betreffend Haftung gemäß § 14 BAO, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Den Anträgen wird zu 1) gemäß § 45 VwGG, zu 2) gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.

Begründung

Die Antragstellerin erhob mit einem am 5. Dezember 1990 zur Post gegebenen Schriftsatz Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Oktober 1990, GZ. GA 7-1173/90, betreffend Haftung gemäß § 14 BAO. Nach den Ausführungen der Antragstellerin war der angefochtene Bescheid am 23. Oktober 1990 zugestellt worden. Mit Beschluß vom 19. Dezember 1990, 90/13/0284, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Begründet wurde der Beschluß damit, daß - ausgehend vom Zustelldatum 23. Oktober 1990 - die mit sechs Wochen bemessene Frist zur Erhebung der Beschwerde bereits am 4. Dezember 1990 geendet hatte.

Mit Schriftsatz vom 5. März 1991 wurde die Wiederaufnahme des mit dem bezeichneten Beschluß abgeschlossenen Verfahrens sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wurde ausgeführt, daß in der am 5. Dezember 1990 zur Post gegebenen Beschwerdeschrift das Zustelldatum irrtümlich mit 23.10.1990 angegeben worden sei. Auf dem Original des Zustellkuverts befinde sich der Vermerk "angekündigt für 23.10.1990, hinterlegt am 23.10.1990". Die Zustellung sei "frühestmöglich" mit dem 24.10.1990 bewirkt worden, weil dies der erste Tag sei, an dem die Sendung am Abgabepostamt 1218 Wien zur Abholung bereitgehalten worden sei. Zugekommen sei die Sendung dem Empfänger am 25. Oktober 1990, dem Tag der Abholung.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 1991 wurde vom zuständigen Abgabepostamt 1210 Wien die Auskunft erteilt, daß die Hinterlegung der in Rede stehenden Sendung am 23. Oktober 1990 erfolgt sei und die Abholfrist am 24. Oktober 1990 begonnen habe.

Daraus ergibt sich in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß der in Beschwerde gezogene Bescheid am 24. Oktober 1990 zugestellt worden ist (vgl. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz).

Damit ist aber für die Antragstellerin nichts gewonnen:

Nach der bei der Sachlage (allein) in Betracht kommenden Vorschrift des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht. Das Übersehen der Angabe des unrichtigen Datums stellt jedoch ein Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG dar. Anders als nach § 46 Abs. 1 VwGG schließt ein minderer Grad des Versehens ein Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG nicht aus, wobei das Verschulden des Parteienvertreters dem der Partei gleichkommt (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1991, 91/14/0235, 0236, und die dort zitierte weitere Rechtsprechung).

Wenn wie im Antragsfall ein Rechtsanwalt die Beschwerde mit einer unrichtigen Angabe über den Zustelltag des angefochtenen Bescheides abgesendet oder ihre Absendung veranlaßt hat, dann hat er die besondere Sorgfaltspflicht verletzt, die ihm kraft seines Berufes obliegt und für deren Versäumung er nach den §§ 1297 und 1299 ABGB einzustehen hat. Daß er in dem vorliegenden Fall ohne sein Verschulden zur Anwendung der besonderen ihm als Rechtsanwalt obliegenden Sorgfalt außerstande gewesen sei, hätte er gemäß § 1298 ABGB zu beweisen gehabt (vgl. Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 638, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Da im gegenständlichen, hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens in keiner Weise begründeten Antrag nicht dargetan wurde, daß den anwaltlichen Vertreter ein Verschulden an der unrichtigen Bezeichnung des Zustelltages nicht getroffen hat, konnte dem Antrag nicht entsprochen werden.

Voraussetzung der weiters von der Antragstellerin begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist es gemäß § 46 Abs. 1 VwGG, daß eine Frist versäumt worden ist. Es kommt dabei auf eine TATSÄCHLICHE Fristversäumnis an (vgl. neuerlich den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1991, 91/14/0235, 0236). Wie sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt, ist eine Frist gar nicht versäumt worden, sodaß kein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991130051.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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