TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/25 91/03/0044

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Veröffentlicht am 25.03.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §16 Abs1 lita;
StVO 1960 §97 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs4 liti;
VStG §44a lita;
VStG §44a litc;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/03/0045

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in U, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen die in einer gemeinsamen Ausfertigung ergangenen Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung und des Landeshauptmannes von Steiermark vom 23. Jänner 1991, Zl. 11-75 Schu 5-90, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wird hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen des § 97 Abs. 5 StVO (Punkte 1 und 4), des § 52 lit. c Z. 24 StVO (Punkt 3) und des § 16 Abs. 1 lit. a StVO (Punkt 9) einschließlich der damit verbundenen Kostenaussprüche wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und hinsichtlich der dem Beschwerdeführer unter Punkt 2 zur Last gelegten Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO einschließlich der damit verbundenen Kostenaussprüche wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Ebenso wird die Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.475,-- und der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.782,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den in einer gemeinsamen Ausfertigung im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich der Übertretungen der StVO von der Steiermärkischen Landesregierung und hinsichtlich der Übertretung des KFG vom Landeshauptmann von Steiermark schuldig erkannt, er habe am 9. November 1989 um 22.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Gemeindestraße "Grazerstraße" durch das Ortsgebiet von Gratkorn in südliche Richtung gelenkt und 1) in Höhe der Kreuzung Grazerstraße-St. Stefanerstraße das von einem Straßenaufsichtsorgan deutlich sichtbar gegebene Zeichen zum Anhalten mißachtet, 2) auf der Landesstraße 388, im Ortsgebiet von Gratkorn, von der Kreuzung Grazerstraße-Stefanerstraße bis zur Kreuzung Dr. Karl Rennerstraße-Grazerstraße, auf einer Strecke von ca. 2,1 km, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 50 km/h überschritten, 3) auf der Landesstraße 388, von der obgenannten Kreuzung bis zur Kreuzung Dr. Karl Rennerstraße-Grazerstraße das Vorschriftszeichen "Halt" durch Nichtanhalten seines Fahrzeuges vor der Kreuzung mißachtet, 4) auf Höhe des Gendarmeriepostens Gratkorn das von einem Straßenaufsichtsorgan deutlich gegebene Zeichen zum Anhalten mißachtet,

5) anschließend bis zur Einmündung der Grazerstraße in die Bundesstraße 67 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 70 km/h überschritten,

6) auf der Bundesstraße 67 von Str.Km 43,2 bis Str.Km 44,3 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h überschritten, 7) auf der Bundesstraße 67 ab Str.Km 44,3 die durch Straßenverkehrszeichen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 70 km/h überschritten,

8) auf der Bundesstraße 67 von Str.Km 45,1 bis Str.Km 48,3 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 50 km/h überschritten, 9) auf der Bundesstraße 67 bei Str.Km 46,8 trotz Gegenverkehr einen vor ihm fahrenden Pkw überholt, 10) auf der Bundesstraße 67 bei Str.Km 48,4 die im Stadtgebiet von Graz zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h um 70 km/h überschritten, 11) bei der Kreuzung der Bundesstraße 67 mit der Wiener Straße das Rotlichtzeichen "Halt" mißachtet und sein Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten,

12) anschließend die Gemeindestraße "Weinzödl" bis zur Einmündung in die Bundesstraße 67 befahren und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 50 km/h überschritten, 13) anschließend die Bundesstraße 67 in Richtung Norden befahren und die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten,

14) auf der Bundesstraße 67 von Str.Km 45,1 bis Str.Km 44,3 die durch Straßenverkehrszeichen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 70 km/h überschritten, 15) auf der Bundesstraße 67 von Str.Km 44,3 bis zur sogenannten Peterhofkreuzung die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 50 km/h überschritten,

16) anschließend die Harterstraße im Ortsgebiet von Gratkorn in Richtung Norden bis zur Kreuzung mit der Dultstraße gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 40 km/h überschritten, 17) ab der Kreuzung Harterstraße-Dultstraße bei Dunkelheit nicht die entsprechenden Leuchten eingeschaltet und 18) sich nach Aufforderung um

22.45 Uhr in der Hackerkaserne in Gratkorn eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach zu 1) und 4) § 97 Abs. 5 StVO, zu 2), 5), 6), 8), 10), 12), 13), 15) und 16) § 20 Abs. 2 StVO, zu

3) § 52 lit. c Z. 24 StVO, zu 7) und 14) § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 lit. a Z. 10a StVO, zu 9) § 16 Abs. 1 lit. a StVO, zu 11) § 38 Abs. 5 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 lit. a StVO, zu 17) § 99 Abs. 1 KFG und zu 18) § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn zu 1) bis 16) gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO und zu 17) gemäß § 134 Abs. 1 KFG Geldstrafen von je S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je zwölf Stunden) und zu 18) gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe acht Tage) verhängt wurden.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangten Behörden legten die Verwaltungsstrafakten vor und beantragten in der von ihnen in einer gemeinsamen Ausfertigung erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet ein, daß keiner der aufgelisteten Verwaltungsübertretungen eine konkrete Tatzeitangabe entnommen werden könne. Es sei unmöglich, daß alle diese Delikte tatsächlich um 22.00 Uhr erfolgt sein können.

Gemäß § 44a lit. a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, das heißt, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Dieser Bestimmung ist also dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit. a VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur).

Es ist zwar richtig, daß die Tatzeit hinsichtlich aller dem Beschwerdeführer unter den Punkten 1) bis 17) angelasteten Übertretungen mit 22.00 Uhr angegeben wurde. Diesem Umstand kommt jedoch unter dem Gesichtspunkte des Konkretisierungsgebotes des § 44a lit. a VStG im Beschwerdefall keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zu. Es darf nämlich nicht außer Betracht bleiben, daß alle diese dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretungen unbestritten im Zuge einer einzigen Fahrt begangen wurden, was im Spruch auch darin zum Ausdruck kommt, daß wiederholt - wenn auch nicht nach jeder Übertretung - das Wort "anschließend" eingefügt wurde und im übrigen die nicht von der Aufhebung betroffenen Übertretungen durch Anführung der diesbezüglichen Tabestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschriften konkretisiert sind. Solcherart aber ist der Beschwerdeführer rechtlich davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden, worauf es nach dem Vorgesagten ankam (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1989, Zl. 89/18/0083). Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer unter Punkt 18) angelasteten Übertretung entbehrt der Vorwurf, es mangle auch diesbezüglich an einer konkreten Tatzeitangabe, der Grundlage.

Zum weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers zu Punkt 18), daß im Zusammenhang mit dem Lenken des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Straferkenntnis kein Zeitpunkt angeführt werde und daß die Voraussetzungen für eine Bestrafung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO in zweifacher Weise nicht erfüllt seien, weil er einerseits damals weder ein Fahrzeug gelenkt, noch in Betrieb genommen, noch zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versucht habe, und ihm andererseits nicht vorgeworfen werde, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zum Zeitpunkte der Aufforderung befunden hätte, sondern dies lediglich hinsichtlich eines unbestimmt in der Vergangenheit liegenden Lenkens unterstellt werde, ist folgendes zu bemerken:

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. ist strafbar, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemlauft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Für das Entstehen der Verpflichtung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, ist daher einerseits das Lenken, die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges oder ein derartiger Versuch Voraussetzung und andererseits die Vermutung, daß das umschriebene Verhalten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand erfolgt ist. Für die Berechtigung der im § 5 Abs. 2 StVO angeführten Organe, die Atemluft zu untersuchen, reicht es hin, daß vermutet werden kann, daß die Tatsache des Lenkens eines Fahrzeuges und die Beeinträchtigung des Zustandes des Lenkers durch Alkohol zusammenfallen. Nicht erforderlich ist es jedoch, daß das relevante Verhalten im Zeitpunkt des Einschreitens der Straßenaufsichtsorgane stattgefunden haben müsse. Eine Untersuchung der Atemluft kann auch noch später, und zwar so lange verlangt werden, als praktisch verwertbare Ergebnisse der Atemluftprobe erwartet werden. Für die in Rede stehende Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, ist ferner nicht entscheidend, ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt ist, sondern nur der Umstand, ob die Straßenaufsichtsorgane vermuten können, daß sich der Lenker bei der Beanstandung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

Angesichts dieser Rechtslage war die an den Beschwerdeführer ergangene Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe zulässig, weil er einerseits - wie sich auch aus dem angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung ergibt - kurz vorher ein Fahrzeug lenkte und andererseits die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung in Hinsicht auf die beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkte der Aufforderung festgestellten Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch aus dem Mund, schwankender Gang), die schon in der Anzeige festgehalten sind und von den einschreitenden Gendarmeriebeamten zeugenschaftliche bestätigt wurden, gerechtfertigt war. Zudem wurde vom Beschwerdeführer den Gendarmeriebeamten gegenüber, wie der von ihnen mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift zu entnehmen ist, zugegeben, vor Antritt der Fahrt Alkohol konsumiert zu haben.

Wenn der Beschwerdeführer meint, es stehe nicht eindeutig fest, ob an ihn eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Aufforderung ergangen sei und ob er den Alkotest verweigert habe, und in diesem Zusammenhang rügt, daß die von ihm beantragte ergänzende Einvernahme der Meldungsleger nicht durchgeführt wurde, so kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde gründete die Annahme, daß der Beschwerdeführer zur Durchführung der Atemluftprobe aufgefordert wurde, diese aber vom Beschwerdeführer mit der Begründung verweigert wurde, daß ein Alkotest ohnedies sinnlos sei, weil er zuviel getrunken habe, auf die Anzeige und die damit übereinstimmenden Zeugenaussagen der beiden Meldungsleger. Sie legte ferner in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise - dies gilt auch für die übrigen, dem Beschwerdeführer zur Last gelegten und von der vorstehenden Aufhebung nicht betroffenen Übertretungen - dar, warum sie den Angaben der Meldungsleger mehr Glauben schenkte als der Verantwortung des Beschwerdeführers. Wird zudem bedacht, daß der Beschwerdeführer in der oben erwähnten und von ihm unterfertigten Niederschrift die in der Anzeige festgehaltenen Übertretungen einschließlich der von ihm verweigerten Atemluftprobe zugab und die noch unter dem Eindruck des unmittelbaren Geschehens gemachten Angaben eher glaubwürdig sind als eine spätere Rechtfertigung, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die nicht von der Aufhebung betroffenen Übertretungen als erwiesen annahm.

ZU DEN ÜBERTRETUNGEN DES § 97 ABS. 5 StVO (PUNKTE 1 UND 4):

Gemäß § 97 Abs. 5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es bei der Spruchfassung nicht, die im Gesetz enthaltenen Worte "durch deutlich sichtbare Zeichen ... zum Anhalten aufzufordern" zu verwenden, vielmehr ist in den Spruch aufzunehmen, welches bestimmte Zeichen des Straßenaufsichtsorganes vom Lenker nicht befolgt wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1988, Zl. 88/18/0075, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur). Eine derartige Konkretisierung fehlt hinsichtlich dieser beiden Übertretungen, was ihre Rechtswidrigkeit bewirkt. Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit ist darin gelegen, daß der verletzten Verwaltungsvorschrift des § 97 Abs. 5 StVO die Strafsanktion des § 99 Abs. 4 lit. i und nicht die des § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. entspricht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. November 1984, Zl. 84/02B/0133).

ZU DER UNTER PUNKT 2) ANGEFÜHRTEN ÜBERTRETUNG DES § 20 ABS. 2 StVO:

Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei die Begründung des angefochtenen Bescheides, daß die Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Nachfahren im gleichbleibenden Abstand vom Dienstkraftwagen abgelesen worden seien, hinsichtlich dieser Übertretung logisch nicht nachvollziehbar, weil die Beamten dann selbst schon im Bereich der angeführten Kreuzung eine Geschwindigkeit von mindestens 100 km/h aufweisen hätten müssen. Demgegenüber ergebe sich aber aus der Anzeige, daß die Beamten an der angeführten Kreuzung Lenker- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt haben.

Dieser Einwand ist berechtigt. In diesem Punkte wäre daher der Sachverhalt, wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt, näher zu klären gewesen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Für das fortgesetzte Verfahren wird in diesem Zusammenhang bemerkt, daß die Erstbehörde nach der Begründung ihres Straferkenntnisses im Gegensatz zur belangten Behörde davon ausging, daß diese Geschwindigkeitsüberschreitung von den Meldungslegern im Wege der Schätzung festgestellt worden sei. Für eine solche Annahme bilden jedoch die Verwaltungsstrafakten keine Anhaltspunkte.

ZUR ÜBERTRETUNG DES § 52 LIT. c Z. 24 StVO (PUNKT 3):

Der unter Punkt 3) dem Beschwerdeführer gemachte Vorwurf, er habe auf der Landesstraße 388, von der obgenannten Kreuzung bis zur Kreuzung Dr. Karl Rennerstraße-Grazerstraße das Vorschriftszeichen "Halt" durch Nichtanhalten seines Fahrzeuges vor der Kreuzung mißachtet, ergibt keinen Sinn und läßt zudem offen, wo das Vorschriftszeichen "Halt" tatsächlich angebracht war. Dieser Tatvorwurf widerspricht sohin dem § 44a lit. a VStG.

ZUR ÜBERTRETUNG DES § 16 ABS. 1 LIT. a StVO (PUNKT 9):

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 20. November 1985, Zl. 84/03/0274, ausgesprochen hat, stellt die Verwaltungsvorschrift des § 16 Abs. 1 lit. a StVO in Ansehung des Tatbestandsmerkmales "anderer Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommender" nicht schlechterdings auf deren Vorhandensein, sondern darauf ab, daß diese "gefährdet oder behindert werden könnten". Zur Umschreibung der Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG bedarf es sohin der Anführung, ob der Gegenverkehr durch das Überholen gefährdet oder behindert wurde oder hätte werden können. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe trotz Gegenverkehr einen vor ihm fahrenden Pkw überholt, läßt dieses Tatbestandsmerkmal vermissen.

Der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung war daher hinsichtlich der dem Beschwerdeführer in den Punkten 1), 3), 4) und 9) angelasteten Übertretungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und hinsichtlich der dem Beschwerdeführer unter Punkt 2) zur Last gelegten Übertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, wobei dem Beschwerdeführer nur die Hälfte des beantragten Schriftsatzaufwandes (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1979, Slg. Nr. 9901/A) und dem Landeshauptmann nur die Hälfte des Vorlageaufwandes zuzusprechen war.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991030044.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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